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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus
Autoren: Di Morrissey
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herabsank.
    »Was schaust du, Catherine?«
    »Ich habe den Garten betrachtet – ich dachte, wie schön es wäre, wenn dort Kinder spielen würden«, seufzte die junge Frau.
    Robert MacIntyre legte die Zeitung beiseite, trat zu seiner Frau und schlang ihr den Arm um die schlanke Taille. »Liebste, ich verstehe, was du empfindest. Auch ich hätte gerne Kinder. Aber die Zeit wird es weisen.« Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange.
    Sie befühlte den schweren Spitzeneinsatz über ihrem flachen, unfruchtbaren Leib. »Ich habe das Gefühl, dich zu enttäuschen, Robert. Vielleicht sollte ich noch einmal Doktor Hampson aufsuchen.«
    »Dazu besteht kein Anlass, mein Schatz … es sei denn, du fühlst dich nicht wohl?«
    Sie lächelte schwach. »Nein, mir geht es recht gut. Vielleicht ein Tässchen Tee. Ich werde nach Mrs. Butterworth klingeln.« Sie griff nach der samtenen Klingelschnur neben der Tür und zog leicht daran.
    Im Gegensatz zu dem etwas steifen, wenn auch gemütlichen Wohnzimmer im ersten Stock war die Küche im Erdgeschoss ein geräumiger, weiß gestrichener Raum mit hohen Fenstern, die zum Küchengarten und den Dienstbotenquartieren hinausgingen. Der Boden war mit großen schwarz-weißen Fliesen ausgelegt. Und massive gusseiserne Öfen, vor kurzem geschwärzt und gereinigt, standen an der einen Wand neben dem mit Holz beheizten Herd und dem Rauchfang, in dem Fleisch zum Räuchern hing.
    Drei große Holztische wurden als Arbeitsflächen benutzt. In Hängeschränken, deren Türen mit schmalen farbigen Glasscheiben versehen waren, war das Gebrauchsgeschirr untergebracht. Alle Arten von Kochutensilien, von Eisentöpfen und Pfannen bis zum hölzernen Butterfass, hingen an den Wänden oder standen in ordentlichen Reihen auf Borden.
    Eine Schwingtür führte zur Speisekammer, in der die Vorräte aufbewahrt wurden: Kisten mit Gemüse, Tontöpfe mit Eingelegtem, Säcke mit Mehl und Zucker, große, runde Dosen mit importiertem Kaffee und Tee und Reihen von Gläsern mit selbstgemachter Marmelade, Gelees, Chutneys und eingemachtem Obst.
    Als die Klingel ertönte, klappte die emaillierte Nummer vierzehn in einem Holzkasten mit einer Reihe von Zahlen auf, unter denen in sauberer Schrift die Zimmerbezeichnungen vermerkt waren. Unter Nummer vierzehn stand »Kleines Wohnzimmer«.
    Mrs. Butterworth war dabei, Pastetenteig auf einem Marmorbrett auszurollen. »Sie werden ihren Tee haben wollen. Ich mache ihn gleich fertig.«
    Gladys Butterworth, eine stämmige, rundliche Frau, die gerade ihr drittes Lebensjahrzehnt erreicht hatte, wies schon graue Strähnen in den Löckchen auf, die sich aus ihrem Knoten gelöst hatten. Ihre Wangen waren vor Gesundheit und von der Hitze des Ofens gerötet. Mit beiden Händen hob sie den dampfenden Eisenkessel vom Kaminvorsprung, nachdem sie ein dickes Tuch um den heißen Griff gewickelt hatte, um sich nicht zu verbrennen. Rasch band sie ihre Arbeitsschürze ab und griff nach der gestärkten weißen Servierschürze mit der Häkelspitze, die neben der Tür an einem Messinghaken hing. Sie zog die Schürze über den Kopf und steckte die widerspenstigen Löckchen in ihrem Knoten fest.
    Ihr Mann Harold wusch sich im emaillierten Küchenausguss mit Kernseife die Hände, trocknete sie ab und glättete sich das Haar. Er zog sich die gute Jacke über die Weste, während er seiner Frau half, das Teegeschirr vorzubereiten. Harold war ein rotgesichtiger, drahtiger Mann mit dunkelbraunem, kurz gestutztem Haar, dessen Strenge durch einen Wirbel mitten auf dem Kopf gelockert wurde.
    Oben im Wohnzimmer seufzte Robert MacIntyre. Er war ein gut aussehender Mann mit dunklen, scharf geschnittenen Zügen und untersetztem, muskulösem Körperbau. Ein aktiver, erfolgsgewohnter Mann, aber in dieser Angelegenheit fühlte er sich hilflos. Nach drei wundervollen Ehejahren mit seiner liebreizenden Catherine wünschte auch er sich Kinder, und es schmerzte ihn tief, sie so traurig und verzweifelt zu sehen. Es war ihm unerklärlich, genau wie den Ärzten, warum ihre glückliche Ehe nicht mit einem Kind gesegnet war.
    Sie hatten so vieles zu bieten. Sie liebten sich sehr, führten ein glückliches Leben, Robert war ein erfolgreicher, äußerst wohlhabender Kaufmann, ein Selfmademan, der das »grandioseste Haus von Sydney« erbaut hatte, wie der
Sunday Morning Herald
Zanana beschrieben hatte. Wieder seufzte Robert und lehnte sich in dem tiefen Lederclubsessel zurück.
    Diskret und ohne viel Aufhebens betraten Harold und
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