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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Kollegen noch weitere Auskünfte benötigen.«
    Womit eine weitere Befragung nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich wäre, wenn sie überhaupt zustande käme. Sanela sah, wie Sven sich mit den Tierpflegern unterhielt und die Kollegen des zweiten Streifenwagens die Menge hinter die Absperrung zurückdrängte.
    Weit und breit keine Spur von Kripo oder Spurensicherung. Sie stand auf.
    »Ich möchte Sie bitten, sich zur Überprüfung der Personalien in Bereitschaft zu halten. Niemand verlässt das Gelände. Wir werden jetzt einen Sammelplatz einrichten, wo Sie, die Kinder und alle weiteren Zeugen warten werden.«
    »Das geht nicht.«
    Sanela atmete tief durch. Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken, eine Autorität auszuspielen, die sie nicht hatte.
    »Oh doch, das geht.«

3
    P o lizeimeisterin Sanela Beara begrüßte kurz die beiden Kollegen vom zweiten Streifenwagen, die gerade einen glimpflichen Verkehrsunfall in der Nähe bearbeitet hatten, und verständigte sich mit ihnen, den hinteren Teil der Cafeteria für die Zeugenbefragung zu reservieren. Alle, die der Meinung waren, etwas gesehen zu haben – und das waren viele –, sollten dort hingebracht werden.
    Als Erstes separierte sie die beiden Mädchen von den anderen. Dann wollte sie zwei Schlumpfeis aus der Tiefkühltruhe neben der Kasse beschlagnahmen und wurde belehrt, dass das a) nicht ging und b) Schlumpfeis ausverkauft war. Aber Vampirzähne wären noch da. Vanille- und Himbeereis, sehr lecker. Sanela bezahlte und trug die beiden Eis am Stiel zu den Mädchen. Katharina Spengler stand daneben und beobachtete den Verzehr argwöhnisch wie Cäsars Vorkoster.
    »Setzen wir uns doch.«
    Sanela deutete auf einen der Tische im hinteren Teil der Cafeteria. Widerwillig ging die Kindergärtnerin vor und nahm Platz. Die Mädchen rutschten auf den Stuhlkanten hin und her. Sie waren wichtig. Sie standen im Mittelpunkt. Sie waren unruhig. Sanela nahm die Mütze ab, zückte ihren Notizblock und einen Kugelschreiber und legte beides vor sich hin. Sie fragte alle drei nach ihren vollständigen Namen, die ihr auch mehr oder weniger entgegenkommend genannt wurden.
    »Luise, was genau hast du gesehen?«
    »Das große Schwein«, flüsterte das Kind. »Es hat die Hand gefressen.«
    »Nein«, widersprach Dilshad. »Es hat drauf rumgekaut und sie wieder ausgespuckt.« Roter Saft tropfte auf ihre Finger. Es war drückend heiß. »Und die anderen haben mit einer Kugel gespielt.«
    »Das war ein Kopf.« Luise leckte sich Himbeersoße von den Lippen.
    »Das ist ja ekelhaft!« Die Erzieherin fuhr dazwischen. »Meinen Sie nicht, das reicht?«
    Die Mädchen schleckten ungerührt weiter. Sie waren fünf und sechs Jahre alt. Da hörten sie Märchen, in denen abgehackte Pferdeköpfe sprachen und böse Stiefmütter in glühenden Eisenschuhen tanzen mussten, bis sie tot umfielen.
    »Gleich.« Sanela wandte sich an Luise. »Du hast gesagt, du wüsstest, was passiert ist. Du hättest es gesehen. Was hast du gesehen?«
    Das Mädchen riss die Augen auf. »Einen Clown.«
    »Wo war der?«
    »Unten an der Kreuzung«, meldete sich die Kindergärtnerin wieder. Sanela hätte sie am liebsten raus zum Spielen geschickt. »Er verkauft Süßkram und Luftballons. Aber er war zu weit weg vom Gehege.«
    »Was hat der Clown gemacht?«, fragte Sanela.
    »Er hat mich angefahren. Hier.« Luise rollte ihren Kniestrumpf herunter und zeigte auf eine kleine Rötung am Schienbein. »Das hat wehgetan! Er sah gar nicht lustig aus. Ganz zerlaufen im Gesicht, und er hat böse geguckt. Aber er hat mir einen Luftballon geschenkt. Und dann ist er weg.«
    »Das war der andere.«
    »Nein! Das war der Böse. Er hat mir wehgetan.«
    Die Erzieherin holte ein Papiertaschentuch hervor und wischte Luises Mund herrisch ab.
    »Das hast du vom Spielplatz.«
    »Nein! Es … war … hier!«, wehrte sich das Mädchen. Fast sah es so aus, als ob die Frau ihm das Papier gleich in den Mund stopfen wollte.
    »Du bist hingefallen. Weißt du das nicht mehr?«
    Sanela ließ sich zurücksinken. Kinder. Dilshad hob den Zeigefinger, als ob sie in der Schule wären.
    »Ja. Das stimmt, was Frau Spengler sagt. Aber dann waren wir bei den Schweinen, und die quiekten ganz laut und schrien und haben sich weggeschubst und gefressen.«
    »Und dann kam eins nach vorne gerannt«, fiel ihr Luise ins Wort. »Das hatte die Hand im Maul, und ein anderes kam hinterher und wollte sie ihm wegnehmen.«
    »Sind Sie jetzt zufrieden?« Die Erzieherin steckte das
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