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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen
Autoren: Bernhard Fritz
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Kreuz weit über der Landschaft.
    „Wie die Christusstatue über Rio de Janeiro. Wer das wohl da oben hingestellt hat?“, fragte sich Vera.
    Sie nahm sich vor, als erstes einen Reiseführer zu kaufen, um nicht völlig unbedarft durch die Gegend zu rennen.
    Allmählich wurde die Bebauung dichter, die Stadt kündigte sich durch den weltweit gleich hässlichen Vorstadtgürtel an.
    Je weiter sie Richtung Rhodos-Zentrum kamen, um so dichter wurde der Verkehr wieder. Es herrschte bald ein unglaubliches Gedränge und Geschiebe, dazwischen wieder sich in Schlangenlinien durchmogelnde Motorroller und Mopeds, halsbrecherisch gesteuert von zumeist Jugendlichen, die generell keinen Helm trugen.
    Fußgänger waren offensichtlich Freiwild. Sie rannten und sprangen kreuz und quer, um von einer Straßenseite auf die andere zu kommen, allerdings auch unter konsequenter Missachtung von Fußgängerüberwegen, Zebrastreifen und Ampeln.
    Sie gratulierte sich im Stillen, auf einen Leihwagen verzichtet zu haben.
     
    Eine Zyklopenmauer zeichnete sich auf Veras Seite zwischen Palmen und Zypressen ab. Das musste wieder die Stadtmauer sein, welche die Altstadt von Rhodos umschloss und die sie schon vom Flugzeug aus gesehen hatte.
    Kurz danach bog das Taxi auf einen Platz ein, der offensichtlich ein ‚Taxibahnhof’ war.
    Hier standen die Taxifahrer mit ihren Fahrzeugen mehrreihig und auf Kunden wartend. Rechts die Stadtmauer mit Zinnen und Türmen, links eine etwas heruntergekommen wirkende Gebäudezeile mit kleinen Geschäften und vor ihr erst eine mehrspurige Straße mit dem ihr mittlerweile schon vertrauten Verkehrswahnsinn und dann ganz offensichtlich der Hafen.
    Schaukelnde Masten und die dazu gehörenden Schiffe und Boote, die dicht an dicht aufgereiht waren, soweit sie das überblicken konnte, waren jedenfalls ein starkes Indiz dafür.
    Der Fahrer folgte Veras Blick in Richtung der Schiffe und machte eine zustimmende Geste.
    „Das ist Mandraki-Hafen“, sagte er. „Wir sind da. Zentrum. Wo müssen sie jetzt hin?“
    Sie kramte ihre Reiseunterlagen heraus.
    „Das Hotel heißt ‚Dolphin.’“ sagte sie. „In der Gallias-Straße.“
    „Ah, Dolphin! Odos Gallias! Gleich hier um die Ecke“ sagte der Fahrer. „Zweihundert Meter diese Richtung. Sie sind zu Fuß schneller!“
    Sie stieg aus. Der Fahrer holte ihr Gepäck aus dem Kofferraum und zeigte ihr dann den Weg.
    „Da vor, dann rechts und immer geradeaus an Busstation vorbei. Sie können nicht verfehlen!“
    Sie dankte, zahlte, zog den Handgriff aus dem Koffer und marschierte in die angegebene Richtung.
    Vorbei an der derangiert wirkenden Gehäusezeile mit den kleinen und kleinsten Geschäften und Dienstleistern, dann nach rechts. Sie stellte fest, dass sich die Gehäuse- und Ladenzeile fortsetzte, unterbrochen von Durchgängen, durch die sie in einen geschäftigen Innenhof blicken konnte.
    Ihr Weg führte weiter an einer Busstation vorbei, nach der sie zum Beginn der Gallias-Straße gelangte. Sie war wieder dankbar für die in lateinischer Schrift gehaltenen Straßenschilder. Nach wenigen Metern stand sie vor ihrem Ziel.
    Ein hingeducktes, zweistöckiges Gebäude mit bröckelndem Putz und undefinierbarer, einst wohl hellblauer Farbe an den verbleibenden Flächen dazwischen.
    Abblätternde schwarze Farbe an der doppelten Eingangstür, den Fensterflügeln und -läden, sowie rostige Balkongeländer im ersten Stock kündeten davon, dass dieses Haus schon einmal weit bessere Zeiten gesehen hatte. Sogar das schmiedeeiserne Ziergitter, welches den halbkreisförmigen Bereich zwischen den Türflügeln und dem sich darüber spannenden Torbogen ausfüllte und das einmal sehr elegant ausgesehen haben musste, war ein Trauerspiel. Mit mehreren Schichten billiger Farbe lieblos zugekleistert und mit reichlich Spinnwebenflor behangen, fügte es sich nahtlos in die triste Fassade ein.
     
    Sie sah noch mal in ihre Reiseunterlagen und dann wieder auf den verwitterten Bau vor ihr: kein Zweifel. Straße und Hausnummer stimmten.
    Auf dem linken Türflügel prangte ein vom Zahn der Zeit angenagter vertikaler Schriftzug „HOTEL“ in Messingbuchstaben, die vor sehr langer Zeit wohl einmal blank poliert gewesen waren.
    Über der Tür - links und rechts von einem offensichtlich später lieblos hingeschraubten Delphinrelief aus Stuck flankiert - stand „Dolphin“.
    Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Hoffentlich hielt dieser Kasten innen nicht das, was er von außen versprach!
     
    Er hielt
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