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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen
Autoren: Bernhard Fritz
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Mal sanft streichelte und leise mit ihm redete.
    Sie konnte später nicht mehr genau sagen, wie sie von der Tierarztpraxis wieder nach Hause gekommen war. Mit dem sperrigen Transportkorb in der Hand, in dem vor zwei Stunden noch Saphir gelegen hatte. Zwar krank und apathisch, aber am Leben. Jetzt war der Korb bis auf eine Decke leer.
    So leer, wie sie sich selbst fühlte, so leer, wie plötzlich ihre Wohnung war.
    Mechanisch stellte sie den Korb in irgendeinen Winkel und setzte sich dann aufs Bett. Eigentlich hätte jetzt Saphir mit erhobenem Schwanz aus dem Wohnzimmer um die Ecke fegen, sich mit einem eleganten Satz neben sie aufs Bett schwingen und Streicheleinheiten einfordern müssen. Wie so oft in den vergangenen fünf Jahren. Sie warf sich mit dem Gesicht in die Kissen und weinte hemmungslos.
     
    Freunde von ihr hatten sie oft belächelt, sie sogar mehr oder weniger gutmütig verspottet. „Du und dein Ehekater“, war noch einer der respektvollsten Ausdrücke, die sie zu hören bekam. Niemand in ihrem Freundeskreis konnte diese enge Bindung verstehen, die zwischen ihr und Saphir bestanden hatte.
    Schon als Kind hatte sich Vera zu Tieren und vor allem zu Katzen hingezogen gefühlt. Es war anderen Menschen nicht recht begreiflich zu machen, dass Katzen zu ihr „sprachen“. Sie konnte die Körpersprache von Katzen intuitiv auffassen und richtig interpretieren und das merkten diese auch sehr schnell. Jede Katze, und war sie noch so scheu zu anderen Menschen, fühlte sich zu Vera hingezogen, weil sie sich von ihr verstanden fühlte.
    Katzen wurden der Mittelpunkt in ihrem Leben. Sie war darüber beileibe kein Misanthrop und introvertierter Katzensklave geworden, aber „Katzen sind nun mal die besseren Menschen!“ sagte sie oft.
     
    So war es auch nur eine Frage der Zeit, bis Saphir in Veras Leben trat.
    Im Gegensatz zu bisherigen Begegnungen mit Katzen war es bei Saphir irgendwie anders, schon von Anfang an eine Art beiderseitige Liebe auf den ersten Blick gewesen. Saphir war ein Bombay-Katerchen von drei Monaten, den eine Züchterin günstig per Inserat abzugeben hatte. Er besaß aufgrund einer Laune der Natur nicht die für Bombays typischen bernsteinfarbenen Augen, sondern blaue, und war daher für Zuchtzwecke ungeeignet. Ansonsten war er ein Bombay wie aus dem Bilderbuch: ein tiefschwarzer Kurzhaarkater, der trotz seines Kätzchengehabes bereits schon etwas von der würdevollen Eleganz und Geschmeidigkeit seiner Rasse zeigte.
     
    Kurz nachdem Saphir - seinen Namen verdankte er natürlich seinen irritierend blauen Augen, die in so unvergleichlichem Kontrast zu seinem tiefschwarzen Fell standen - bei Vera eingezogen war, wurde er krank.
    Es war eine seltene Unverträglichkeitsreaktion auf eine Impfung und Vera durchlitt zusammen mit ihm drei anstrengende Tage und Nächte, in denen sie kaum von seinem Körbchen wich, ihm mit einer Pipette Spezialnahrung einflößte, zum Katzenklo und wieder zurück trug, ihn saubermachte, Fieber maß und was sonst noch so alles nötig war.
    Schließlich hatte sie ihn mit unendlicher Geduld und Mühe wieder auf die Beine gebracht. Sie selbst war danach urlaubsreif gewesen, aber Saphir dankte ihr auf seine Weise, indem er zuließ, dass sich zwischen ihnen eine Art symbiotische Beziehung entwickelte.
    Ihr Verhältnis erreichte schließlich eine Vertrautheit, die für Außenstehende magische Dimensionen annahm. Es gab zwischen ihr und Saphir eine Art intuitive Kommunikation. Sie wusste fünf Sekunden, bevor Saphir an der Tür kratzte, dass er davor saß und gleich Einlass fordern würde. Sie stand dann einfach auf und ließ ihn herein.
    Oft zur Verwunderung von Besuchern.
    „Woher wusstest Du, dass Dein Kater rein will?“
    „Hab ich gespürt!“
    „Ach komm, Du veralberst mich!“
    „Doch, wirklich!“
     
    Saphir wusste, dass sie soeben in die Tiefgarage eingefahren war und in ein paar Minuten die Wohnungstür aufschließen würde. Egal zu welcher Uhrzeit: Er saß dann immer schon auf dem Teppich im Flur und schenkte ihr zur Begrüßung einen zärtlichen Gurrlaut, bevor er ihr um die Beine strich.
     
    Und dann kam die Geschichte mit Martin.
    Ein wirklich netter junger Mann war das gewesen, der sie damals in der Kneipe angesprochen hatte. Sie hatten sich dann noch ein paar Mal verabredet und irgendwann waren sie schließlich in ihrer Wohnung gelandet.
    Es war ein schöner und dann auch ein leidenschaftlicher Abend geworden und Martin war über Nacht geblieben.
    Saphir als
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