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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron
Autoren: Giovanni Boccacio
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erboten sie sich, ihm eine Gemahlin zu suchen, von solchen Eigenschaften und von solchen Eltern stammend, daß man Gutes von ihr erhoffen könnte, ihrem Gemahl aber durch sie nur Freude erwüchse.
    Doch Gualtieri erwiderte ihnen: »Meine Freunde, ihr nötigt mich, zu tun, was niemals zu tun ich fest entschlossen war, indem ich erwog, wie schwer es sei, ein Weib zu finden, das mit den Gewohnheiten des Gatten wohl übereinkommt, welch ein Überfluß am Gegenteil vorhanden sei und welch trauriges Leben der führe, der auf eine Gattin trifft, die nicht zu ihm paßt. Zu sagen, daß ihr euch getraut, an den Sitten der Väter und Mütter die Töchter zu erkennen, und daraufhin zu glauben, daß ihr mir eine aussuchen könntet, die mir sicher gefallen werde, ist eine Torheit. Ich wenigstens weiß nicht, wie ihr die Väter erkennen und die Geheimnisse der Mütter entdecken wollt, und selbst wenn ihr es vermöchtet, wie oft sind die Töchter den Vätern und Müttern unähnlich! Weil ihr mich aber einmal in diese Ketten schmieden wollt, so will ich es zufrieden sein. Damit ich mich jedoch, wenn es übel ausschlagen sollte, über niemand anders als über mich selbst zu beklagen habe, so will ich selbst der Finder sein. Zugleich aber versichere ich euch, wenn die, welche ich wählen werde, sei sie auch, wer sie wolle, von euch nicht als eure Herrin geehrt wird, dann sollt ihr zu eurem großen Schaden erfahren, wie schwer es mir fällt, mich gegen meinen Wunsch zu vermählen.« Die wackeren Männer erwiderten, daß sie damit zufrieden seien, wenn er sich nur entschließen wolle, eine Gemahlin zu nehmen.
    Schon lange hatte Herr Gualtieri Wohlgefallen an einem armen Mädchen gefunden, das in einem Dorfe nahe bei seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort wohnte, und da er sie auch schön fand, glaubte er, daß er mit ihr ein recht zufriedenes Leben werde führen können. Ohne daher weiter zu suchen, beschloß er, diese zu ehelichen. Er ließ sich den Vater rufen und wurde mit diesem, der ein ganz armer Mann war, einig, sie zur Frau zu nehmen. Alsdann ließ Gualtieri alle seine Freunde aus der Umgegend zusammenrufen und sprach zu ihnen: »Meine Freunde, es hat euch gefallen und ist noch immer euer Wunsch, daß ich mich entschließe, eine Frau zu nehmen. Nun bin ich dazu entschlossen, mehr um euch gefällig zu sein, als weil ich nach einer Frau verlangte. Ihr wißt, was ihr mir versprochen habt, daß ihr nämlich, wen ich auch zur Frau nehmen möchte, zufrieden sein und sie als Herrin ehren wollt. Nun ist die Zeit gekommen, wo ich im Begriff stehe, mein Versprechen zu halten, aber auch verlange, daß ihr das eurige haltet. Ich habe eine Jungfrau nach meinem Herzen nahe von hier gefunden, die ich zur Gattin zu nehmen und daher in wenigen Tagen in mein Haus zu führen gedenke. Tragt daher Sorge, wie das Hochzeitsfest glänzend zu veranstalten und die Braut ehrenvoll zu empfangen sei, damit ich mit eurem Worthalten mich ebenso zufrieden erklären könne, wie ihr Grund haben sollt, mit dem meinigen zufrieden zu sein.«
    Die guten Männer erwiderten voller Freude, das sei ihnen genehm und sie sähen die Erwählte, möchte sie auch sein, wer sie wolle, für ihre Herrin an und ehrten sie in allen Stücken als Herrin. Hierauf rüsteten sie sich alle, das Fest schön, groß und fröhlich zu machen, und dasselbe tat Gualtieri. Er ließ die Hochzeit auf das prächtigste und schönste vorbereiten und viele seiner Freunde und Verwandten und vornehme Edelleute und andere Nachbarn dazu einladen. Ferner ließ er eine Menge schöner und reicher Kleider nach dem Maße eines Mädchens zuschneiden, das ihm von der gleichen Gestalt zu sein schien wie die Jungfrau, die zu heiraten er beschlossen hatte. Auch besorgte er Gürtel und Ringe und einen reichen und schönen Brautkranz samt alledem, was einer Neuvermählten sonst noch gebührt.
    Als nun der Tag gekommen war, den er zur Hochzeit bestimmt hatte, stieg Gualtieri in der zweiten Morgenstunde zu Pferde und mit ihm alle die, welche ihn zu ehren gekommen waren, und nachdem er alles Nötige angeordnet hatte, sprach er: »Ihr Herren, nun ist es Zeit, die Braut zu holen.« Darauf machte er sich mit seiner ganzen Begleitung auf den Weg, und als sie das Vaterhaus des Mädchens erreicht hatten, fanden sie diese in großer Eile mit Wasser vom Brunnen zurückkehren, weil sie dann mit anderen Frauen ausgehen wollte, um die Braut des Herrn Gualtieri kommen zu sehen. Als Gualtieri sie erblickte, rief er sie bei ihrem Namen,
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