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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus
Autoren: Greg Bear
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Vorwurf machen?«
    Der Regen hörte auf. Kaye starrte in das nebelige Dunkel vor ihnen. Durch das Winseln des Motors hörte sie Grillen und Vogelgezwitscher.
    »Da runter, nach links« sagte der Soldat, stolz auf sein Englisch, zu Lado. Er schenkte Kaye ein Lächeln und winkte sie weiter zu einem anderen Soldaten, der wie ein Zaunpfahl in der grauen Düsternis neben dem Loch stand. Lado kuppelte ein, und das kleine Auto zockelte um die Grube herum an dem dritten Friedensschützer vorbei in die Seitenstraße.
    Lado kurbelte das Fenster ganz herunter. Kühle, feuchte Abendluft wehte durch den Wagen und ließ die kurzen Haare über Kayes Nacken in die Höhe wirbeln. An den Straßenrändern standen die Birken dicht bei dicht. Für kurze Zeit roch die Luft faulig.
    Hier waren Menschen in der Nähe. Dann kam Kaye der Gedanke, es seien vielleicht nicht die Abwässer der Stadt, die so stanken. Sie rümpfte die Nase, und ihr Magen drehte sich um. Aber das war unwahrscheinlich. Ihr Ziel lag etwa eineinhalb Kilometer außerhalb der Stadt, und bis nach Gordi waren es auf der Landstraße noch mindestens drei.
    Sie kamen an einen kleinen Bach; langsam durchquerte Lado das schnell fließende, seichte Wasser. Die Räder versanken bis zu den Radkappen, aber der Wagen kam unbeschadet wieder heraus und fuhr noch hundert Meter weiter. Zwischen den rasch dahingleitenden Wolken blinzelten Sterne. Die Berge standen wie eine zerklüftete schwarze Leere vor dem Himmel. Der Wald rückte heran, zog sich wieder zurück, und dann sahen sie Gordi: Gebäude aus Stein, einige neuere, klobige Holzhäuser mit zwei Stockwerken und winzigen Fenstern, ein einzelner, schmuckloser Betonwürfel als Rathaus, Straßen mit löchrigem Asphalt und altem Kopfsteinpflaster. Kein Licht, schwarze, blinde Fenster. Der Strom war wieder einmal ausgefallen.
    »Ich kenne diese Stadt nicht«, murmelte Lado. Er trat heftig auf die Bremse und holte Kaye mit einem Ruck aus ihren Träumen.
    Der Leerlauf des Wagens dröhnte auf dem kleinen, von zweistöckigen Gebäuden umgebenden Hauptplatz des Ortes. Über einem Gasthofnamens »Rustaveli-Tiger« konnte Kaye ein verblichenes Intourist-Schild ausmachen.
    Lado schaltete die winzige Leselampe ein und zog das Fax mit dem Lageplan hervor. Angewidert warf er das Papier von sich und stieß die Tür des Fiat auf. Die Scharniere gaben ein lautes, metallisches Knarren von sich. Er beugte sich hinaus und rief auf Georgisch: »Wo ist das Grab?«
    Die Dunkelheit sprach für sich selbst.
    »Na toll«, sagte Lado. Er musste die Tür zweimal zuknallen, damit das Schloss einschnappte. Während der Wagen vorwärts schlich, presste Kaye die Lippen zusammen. Mit quietschender Kupplung fuhren sie durch eine kleine Straße, deren dunkle Geschäfte mit rostigen Stahlrollos verschlossen waren. Als sie das Dorf am anderen Ende verließen, kamen sie an zwei verlassenen Baracken, Kieshaufen und verstreuten Strohballen vorüber.
    Nach wenigen Minuten sahen sie Lichter – Taschenlampen und ein einziges kleines Lagerfeuer; kurz darauf hörten sie das Knattern eines tragbaren Generators und Stimmen, die laut durch die Leere der Nacht hallten.
    Das Grab war näher, als es nach der Karte schien, noch nicht einmal eineinhalb Kilometer von der Stadt entfernt. Kaye fragte sich, ob die Dorfbewohner wohl das Schreien gehört hatten und ob es überhaupt Schreie gegeben hatte.

    Jetzt war Schluss mit lustig.
    Das UN-Team trug Gasmasken mit Filtern für industrielle Aerosole. Die nervösen Soldaten des Sicherheitsdienstes der Republik Georgien mussten sich mit Tüchern begnügen, die sie sich vor das Gesicht gebunden hatten. Sie sahen finster aus, und unter anderen Bedingungen hätten sie komisch gewirkt. Ihre Offiziere trugen chirurgische Gesichtsmasken.
    Der Leiter des örtlichen sakrebulo , des Gemeinderates, ein untersetzter Mann mit großen Fäusten, einem gewaltigen Schopf schwarzer, drahtiger Haare und einer vorspringenden Nase, stand mit mürrischer, unglücklicher Miene neben den Sicherheitsoffizieren.
    Der Kommandeur des UN-Teams, ein Colonel der US-Armee aus South Carolina namens Nicholas Beck, stellte Kaye eilig vor und gab ihr eine UN-Maske. Sie fühlte sich befangen, legte den Schutz aber an. Becks Adjutantin, eine Schwarze namens Hunter im Rang eines Corporal, reichte ihr ein Paar weiße Latex-Chirurgenhandschuhe, die ein vertrautes Klatschen an den Handgelenken von sich gaben, als Kaye sie überstreifte.
    Beck und Hunter führten Kaye und Lado vom
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