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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus
Autoren: Greg Bear
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wenn sie uns finden, stecken sie Stella in ein Lager!
    Und wer weiß, was Augustine mit uns und mit all den anderen Eltern vorhat. Mach’ schnell, Mitch!«
    Schweigend setzte Mitch den Wagen aus der Parklücke.
    »Tut mir Leid«, sagte Kaye mit versagender Stimme. »Es tut mir wirklich Leid, Mitch, aber ich habe solche Angst. Wir müssen nachdenken, wir brauchen einen Plan.«
    Die Wolken verfolgten sie – grauer Himmel und Nieselregen ohne Pause. Spät abends überquerten sie die Grenze nach Kalifornien, und dann bogen sie in einen einsamen Feldweg ein. Sie schliefen im Auto, während der Regen auf das Dach trommelte.
    Am nächsten Morgen trug Kaye bei Mitch das Makeup auf.
    Auch er bestrich ihr Gesicht unbeholfen mit der Grundierung, und anschließend schminkte sie sich vor dem Rückspiegel.
    »Heute nehmen wir uns ein Zimmer in einem Motel«, sagte Mitch.
    »Warum sollen wir das Risiko eingehen?«
    »Ich finde, wir sehen ganz gut aus«, sagte er mit einem aufmunternden Lächeln. »Stella muss baden, und wir auch. Wir sind keine Tiere, und ich lehne es ab, mich wie ein Tier zu benehmen.«
    Kaye dachte darüber nach, während sie Stella stillte. »Na gut«, sagte sie.
    »Wir fahren nach Arizona, und wenn es nötig ist, auch nach Mexiko oder noch weiter nach Süden. Irgendwo werden wir einen Ort finden, wo wir bleiben können, bis sich alles eingespielt hat.«
    »Wann wird das sein?«, fragte Kaye leise.
    Darauf wusste auch Mitch keine Antwort. Er fuhr den verlassenen Feldweg zurück zur Landstraße. Die Wolken rissen auf, und die Morgensonne tauchte Wälder und Wiesen neben der Straße in gleißendes Licht.
    »Sonne!«, sagte Stella und schwenkte vergnügt die Fäuste.
Epilog
    Tucson, Arizona
Drei Jahre später
    Ein pummeliges kleines Mädchen mit kurzen braunen Haaren, brauner Haut und Streifen aus Schweiß und Puder im Gesicht stand auf der kleinen Straße und spähte zwischen den schmutziggrauen Garagen hindurch. Sie pfiff leise vor sich hin und verwob dabei zwei Variationen aus einem Klaviertrio von Mozart. Wenn man nicht genau hinsah, hätte man sie für eines der vielen spanischstämmigen Kinder halten können, die hier spielten und durch die Straßen tobten.
    Ihre Eltern hatten Stella noch nie erlaubt, sich so weit von dem kleinen Haus zu entfernen, das sie ein paar hundert Meter weiter gemietet hatten. Die Straße war eine neue Welt. Sie sog leicht die Luft ein – das tat sie immer, aber nie fand sie, wonach sie suchte.
    Plötzlich hörte sie die aufgeregten Stimmen spielender Kinder, und das war Verlockung genug. Über rote Betonplatten ging sie zu der verputzten Seitenwand einer kleinen Garage, stieß eine Gittertür auf und sah drei Kinder, die sich in einem winzigen Garten einen nur halb aufgepumpten Basketball zuwarfen. Die Kinder hörten auf zu spielen und starrten sie an.
    »Wer bist denn du?«, fragte ein dunkelhaariges Mädchen von sieben oder acht Jahren.
    »Stella«, erwiderte sie laut und deutlich. »Und wer seid ihr?«
    »Wir spielen hier.«
    »Darf ich mitspielen?«
    »Dein Gesicht ist aber dreckig.«
    »Das geht ab, guck mal.« Sie wischte sich den Puder mit dem Ärmel ab, sodass der Stoff fleischfarbene Flecken bekam. »Heiß heute, was?«
    Ein etwa zehnjähriger Junge betrachtete sie prüfend. »Du hast ja Punkte«, sagte er.
    »Das sind Sommersprossen«, erwiderte Stella. Ihre Mutter hatte ihr eingeschärft, dies zu sagen, falls sie gefragt würde.
    »Klar kannst du mitspielen«, sagte ein zweites Mädchen, ebenfalls etwa zehn Jahre alt. Sie war groß und hatte lange, staksige Beine. »Wie alt bist’n du?«
    »Drei.«
    »Du siehst aber nicht aus wie drei.«
    »Ich kann auch lesen und pfeifen. Hör mal zu.« Sie pfiff die beiden Melodien gleichzeitig und wartete gespannt auf die Reaktionen.
    »Du lieber Gott«, sagte der Junge.
    Stella war stolz, dass sie ihn verblüfft hatte. Das große, dünne Mädchen warf ihr den Ball zu. Stella fing ihn energisch auf und lächelte. »Das macht Spaß«, sagte sie, und über ihr Gesicht ging eine Welle von reizendem Beige und Gold. Der Junge starrte sie mit offenem Mund an, setzte sich hin und sah zu, wie die Mädchen zusammen auf der sommerlich trockenen Wiese spielten.
    Wohin Stella auch lief, immer war sie von einem süßen Moschusduft umgeben.

    Zwei Mal durchsuchte Kaye hektisch alle Zimmer und Schränke, wobei sie ständig den Namen ihrer Tochter rief. Sie hatte Stella zum Mittagsschlaf ins Bett gelegt und sich dann in einen Zeitschriftenartikel
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