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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand
Autoren: Andrea Schacht
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Rigmundis hin und wieder, was geschehen wird. Wir messen dem wenig Bedeutung bei, denn oft sind es Kleinigkeiten. Etwa, dass Teufelchen ein Huhn jagt oder dass ein böses Gewitter kommt.«
    »Oder ein F... Falke entfliegt?«
    »Zum Beispiel.«
    Die Kleine kämpfte verzweifelt mit den Worten. Aber ihre störrische Zunge wollte sie nicht formen. Almut strich ihr über die Zöpfe und tröstete sie sanft mit den Worten: »Ich glaube, Catrin, eines wird dir ganz gewiss geschehen. Die Minne wird einst dein Herz umfangen. Denn du bist ein hübsches Mädchen, und die Männer werden versuchen, deine Gunst zu gewinnen.« Geradezu andächtig schaute Catrin zu ihr auf, und sie ergänzte: »Was die Totgeglaubten und die Gefangenen anbelangt, Kind, das kann ich dir auch nicht sagen. Aber für mich hört es sich so an, als ob du eine ganz besonders liebe Freundin finden wirst, die ein aufregendes Leben führt und dich brauchen wird. Grüble aber nicht zu viel nach. Was kommen soll, wird kommen. Wenn Teufelchen das nächste Mal Junge hat, dann wird dir Magda Bescheid geben. Dann suchst du dir eines aus.«
    Dieses Angebot lenkte Catrin so gründlich von Rigmundis’ Vision ab, dass sie über das ganze Gesicht zu strahlen begann. Als schließlich von draußen der fragende Ruf nach dem Mädchen erklang, verabschiedete sie sich auf anmutige Weise und hüpfte hinaus.
    »Sie wird ihre Zunge noch ein wenig zähmen müssen, aber was für ein einfühlsames Kind«, sagte Almut und pflückte einen kleinen Vorwitz von ihrer Schulter.
    »Sie werden ihr beide vertrauen. Alyss und Marian, die bald bei dir sein werden.«
    »Was?«
    Rigmundis erhob sich von dem Bett und grinste Almut an.
    »Ach, du weißt doch, manchmal kann ich in die Zukunft sehen.«
    Damit rauschte auch sie aus der Kammer. Almut aber lehnte sich an die Wand und faltete die Hände über ihrem Bauch.
    Ja, manchmal konnte Rigmundis die Zukunft sehen.
    Und Maria neigte ihr Ohr wohlwollend dem tief empfundenen Dankgebet, das sich von den Lippen ihrer Tochter löste.

50. Kapitel
    Ein kleiner, schmutziger Gassenjunge wieselte in den Hof des Adlers und sah sich mit listigen Augen um. Er hatte eine goldene Münze zu verdienen und wollte seine Botschaft an die rechte Stelle bringen. Diese Stelle war die Wirtin, und die fand er in der Braustube, wo sie Malz schrotete und dabei trotz des trüben Wetters ein fröhliches Liedchen sang.
    »Wohledle Dame!«
    »Huch, hast du mich erschreckt!«
    »Wohledle Dame, ich habe eine Botschaft.«
    »Für mich, Junge?«
    »Nein, für einen jungen Edelherrn. Er soll eine Frau Almut abholen. Weil es mit dem Herrn vom Spiegel zu Ende geht.«
    »Heilige Sankte Martha!«
    Franziska ließ das Malz Malz sein und stürzte aus der Kammer, ohne den Jungen weiter zu beachten.
    »Herr Fredegar!«, rief sie noch im Laufen zu dem Fenster hoch, hinter dem der Knappe sein Zimmer hatte. »Herr Fredegar, kommt schnell!«
    Fredegar war damit beschäftigt, seine Kleider auszubürsten und seine Stiefel zu säubern. Sein feuchter Umhang lag über der Stuhllehne. Er war vor geraumer Zeit von einem Ausritt im strömenden Regen zurückgekommen. Als er die Stimme hörte, trat er ans Fenster und fragte in gewohnt höflicher Manier: »Womit kann ich Euch dienen, Frau Wirtin?«
    »Der Bote hier... hoppla, wo ist er denn? Also, ein Junge brachte eben die Botschaft, Ihr mögt Frau Almut abholen und zu dem Herrn vom Spiegel bringen. Er liegt im Sterben.«
    »Großer Gott, nein!« Fredegar war ganz blass geworden und schwankte. »Was ist mit Herrn Ivo passiert?«
    »Weiß ich nicht. Eilt Euch, Herr Fredegar.«
    Das tat der Knappe auch und sprach zunächst im Konvent vor. Hier aber beschied man ihm, dass die Begine in ihrem Elternhaus am Mühlenbach weilte, und im Laufschritt eilte Fredegar quer durch die Stadt. Dabei achtete er weder auf den Regen, der noch immer wie in Schnüren vom Himmel fiel, noch auf den Reiter, der ihm in angemessenem Abstand folgte.
    Die Magd tat ihm auf, als er an der Tür des Baumeisters klopfte, und überbrachte seine Meldung. Ungeduldig wartete Fredegar, bis endlich die Begine in der Halle erschien. Sie hatte ein großes Tuch um ihren unbedeckten Kopf und die Schulter geschlagen.
    »Herr Gauwin oder Herr Ivo?«
    »Ich weiß nicht. Kommt, Frau Almut, ich begleite Euch.«
    Sie hatten noch keine zwanzig Schritt auf der menschenleeren Gasse getan, als ein Reiter von hinten heransprengte, Almut mit hartem Griff packte und auf das Pferd zerrte. Sie wehrte sich kaum,
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