Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
entlarvt, seine Schwester im Kerker der Inquisition, vermutlich nicht nach Köln zurückkehren würde. Die Gefahr, dass ihn das nämliche Schicksal ereilen könnte, würde ihn vorsichtig machen. Daher machte sie sich derzeit wenig Gedanken um einen Verräter. Denn es gab viel zu tun, und jede helfende Hand wurde benötigt, da Abt Theodoricus am nächsten Tag die Kapelle einweihen wollte. Dazu planten die Beginen ein gewaltiges Fest. Gertrud briet und brutzelte, und für einige Stunden ging ihr auch die Adlerwirtin zur Hand. Franziska hatte die schlimmsten Unannehmlichkeiten ihrer Schwangerschaft überstanden und war wieder ihr heiteres Selbst.
    »Ist Eurem Simon dieses schöne Wildschwein zugelaufen?«, fragte Almut, als sie sie das Fleisch in der Beize wenden sah.
    »Ach ja, es war ganz zutraulich. Es bettelte geradezu darum, in den Kessel kriechen zu dürfen.«
    »Es wird sich in unserem Kreise sehr wohlfühlen. Ich hoffe, auch Ihr kommt dazu, wenn es auf unsere Platten und Schüsseln hüpft.«
    »Für eine Weile, Almut. Aber die Wirtschaft muss weitergehen. Ich habe Euch ein schönes Fass Bier gebraut. Mit Hopfen als Würze, wie Eure Trine es so trefflich herzustellen weiß.«
    »Das ist nett von Euch. Nur gebt die Rezeptur nicht unbedacht weiter, Franziska. Der Vergolder, der sich so übermütig in Euren Braukessel gehängt hatte, war ein Spitzel, der sie für den Düsseldorfer Grafen auskundschaften sollte.«
    »Was? Wie entsetzlich. Nein, ich verspreche Euch, von mir wird keiner erfahren, was ich dafür verwende.« Sie grinste übermütig. »Die Reisenden aus Düsseldorf saufen es gerne, aber sie sollen für den Genuss zahlen.«
    Auch Clara hatte sich wieder erholt, wenn sie auch noch manchmal Schmerzen hatte. Aber sie hatte neue Aufgaben gefunden und half weit tätiger bei den täglichen Arbeiten mit. Ja, sie hatte sogar angefangen, der Meisterin bei den Abrechnungen zu helfen, was ihr wider Erwarten Genugtuung verschaffte.
    Meister Bertholf, Almuts Vater, hatte eine schön polierte Platte aus Gossenstein geliefert, die nun mit ihrem matten Schimmer den Altar in dem Kapellchen bildete.
    »Fast zu schade, um eine Altardecke darüberzulegen«, sinnierte Magda, und strich über die feine, gelbliche Maserung des Steins. »Woher stammt dies?«
    »Mein Vater behauptet, es seien Kalkablagerungen, die man in den alten Kanälen findet. Sie führen weit aus der Stadt hinaus, heißt es. Diejenigen, die den Sinter schlagen, behaupten, sie reichen bis weit in die Eifel hinein. Ich frage mich, wer sie gebaut hat. Es müssen begnadete Baumeister gewesen sein.«
    »Nur welchen Nutzen haben sie?«
    »Sie werden die Stadt mit frischem Wasser versorgt haben. Und wenn ich so manchmal das Brunnenwasser hier sehe, dann war das gar keine schlechte Idee.«
    »Es gibt seltsame Dinge zwischen Himmel und Erde«, meinte Magda kopfschüttelnd. Die architektonischen Wunderwerke alter Zeit kümmerten sie wenig. Die alltäglichen Entwicklungen hingegen verfolgte sie gründlich.
    »Wie geht es dem jungen Weinhändler?«
    »Leon hat ein leichtes Wundfieber, aber das hält ihn nicht von seinem Tun ab. Er und der Herr vom Spiegel haben viele Gespräche mit den Schöffen geführt. Ich bin sicher, man wird Ramon fassen, sollte er sich je wieder in die Mauern der Stadt wagen.«
    »Und dem alten Herrn?«
    Almut seufzte.
    »Er ist müde. Sein Sohn hingegen sehr geschäftig.«
    Sie hatte seit dem vergangenen Samstag wenig von Ivo gesehen, aber sie war oft im Hause derer vom Spiegel gewesen und hatte am Krankenlager gesessen. Gauwin vom Spiegel wusste, dass es dem Ende zuging. Er trug es gelassen und mit Würde. Er schlief viel, doch wenn er wach war, hörte er gerne zu, wenn sie ihm von ihren Erlebnissen mit dem bärbeißigen Pater Ivo berichtete. Oft sah sie das Lächeln in seinen Augenwinkeln, das sie so sehr an ihren Geliebten erinnerte.
    Ivo, der nun wieder seine volle Bewegungsfreiheit genoss, war unablässig in Geschäften unterwegs. Er richtete sein zukünftiges Leben, das ahnte sie. Advokaten waren häufig im Haus anzutreffen, Verwalter, Geldwechsler, Ratsherren ebenso. Die Klause war abgerissen worden, Theodoricus hatte dafür gesorgt, dass niemand den Strohmann gesehen hatte, und der Dispens war öffentlich verkündet worden.
    Ihr blieb nur, sich mit Geduld zu wappnen.
    Wie üblich fiel es ihr schwer.
     
    Am kommenden Tag wurde sie allerdings gründlich von allen Grillen abgelenkt. Zusammen mit ihren grauen Schwestern stand sie in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher