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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand
Autoren: Andrea Schacht
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diesen Blick lernt, beherbergt Ihr offenbar auch.«
    Er wies über ihre Schulter, und als sie sich umdrehte, sah sie auf dem Fenstersims des Küchenhauses Teufelchen balancieren. Gertrud hatte die Katzenmutter samt ihren Jungen sicherheitshalber in ihre Kammer über der Küche gesperrt, aber dem gewitzten Tier war es augenscheinlich gelungen, das Fenster aufzustoßen. Das war zwar nicht bedrohlich, der Lärm auf dem belebten Innenhof würde Teufelchen schon so weit schrecken, dass sie nicht hinuntersprang. Eines der schwarzen Kätzchen jedoch kannte diese Bedenken nicht. Es turnte vergnügt zwischen den Pfoten seiner Mutter umher. Unter dem Fenster aber stand ein Mädchen mit langen blonden Zöpfen und schaute ihnen zu.
    »Wir sollten das Fenster besser schließen. Willst du mit nach oben kommen und die Katzen kennenlernen?«, fragte Almut sie.
    Große braune Augen schauten sie begeistert an.
    »D... darf ich?«
    »Komm mit. Wie heißt du?«
    »Catrin von St... Stave.«
    »Mit unserer Meisterin Magda verwandt?«
    Das Mädchen nickte stumm, und Almut verstand. Das Stottern machte sie sichtlich verlegen. Sie gab ihr einen Wink, ihr zu folgen, und öffnete vorsichtig die Tür zu Gertruds Kammer. Teufelchen hüpfte sofort auf den Boden und strich um ihre Röcke. Sie klaubte auch die kleine schwarze vom Fenster und setzte sie auf den Boden. Mirriam versuchte, ihr Gewand zu erklimmen, und Catrin hockte sich mit einem glückseligen Gesichtsausdruck zu den anderen nieder.
    »So klein«, murmelte sie.
    »Ihre Mutter ist sehr zutraulich. Na gut, sie haust bei unserer Köchin, und die hat immer einen Leckerbissen für sie übrig.«
    Die Tür ging noch einmal vorsichtig auf, und Rigmundis trat ein:
    »Oh, ihr habt es auch schon bemerkt. Ich kam, um das Fenster zu schließen.«
    »Catrin hat mich darauf aufmerksam gemacht.«
    Höflich hatte das Mädchen sich erhoben und machte einen anmutigen Knicks.
    »Die Ka... Kapelle ist hübsch«, stieß sie hervor und errötete.
    »Die verdanken wir Frau Almut hier«, erklärte Rigmundis mit einem Lächeln. »Sie ist unsere Baumeisterin.«
    Jetzt war blankes Erstaunen im Gesicht des Kindes zu lesen. Das graue Beginengewand, das Almut trug, mochte nicht so recht zu dem Bild einer Mörtel rührenden Maurerin passen.
    »Ihr k... könnt so was?«
    »Mein Vater ist Baumeister. Ich bin auf den Baustellen groß geworden. Deiner ist wohl Fernhändler?«, fragte Almut, die von Magdas Familie ein wenig wusste. Catrin nickte heftig.
    »Nun, dann wirst du vielleicht später auch Handel treiben.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Mein Bruder. Lernt T...Tuchhandel.«
    Rigmundis hatte Teufelchen hochgehoben und sich mit ihr auf Gertruds Bett gesetzt. Die Katze rollte sich schnurrend auf ihrem Schoß zusammen, und die Begine kraulte versonnen ihren Nacken.
    »Lern fleißig, Catrin. Das Rechnen und das Lesen und das Schreiben.«
    »Ja.«
    Die Kleine war recht einsilbig in ihren Antworten, aber das war nicht unhöflich gemeint. Ihr Lächeln war herzlich und offen, sie kicherte sogar, als ein zweites Kätzchen an ihrem Kleid hochzuklettern begann. Zusammen mit Almut, die ein Stück Kordel gefunden hatte, spielten sie mit den possierlichen Tierchen Haschen, was Teufelchen nachsichtig aus einem halb geöffneten Auge beobachtete. Sie alle waren so vertieft in ihr Tun, dass sie nicht bemerkten, wie Rigmundis in wohliges Dösen verfiel. Erst als sie leise zu sprechen begann, hob Catrin lauschend den Kopf.
    »Mein Falke ist mir entflogen, so weit ins fremde Land. Drum fürcht ich, den ich mir gezogen, den halte fest die fremde Hand. Doch werden Fesseln fallen, und andere hält das Band. Die Ketten wird der lösen, der bei den Toten weilt, und ein Gefangner wird entkommen durch eine zarte Hand. Der sie gehört, bist du verbunden von ihrem ersten Atemzug. Als Dank für Deine Treue wird Minne, Kind, das Herze dir umfangen.«
    Catrin überließ Mirriam die Kordel und starrte Rigmundis ängstlich an.
    Almut war aufgestanden und hatte den Arm um die Ältere gelegt. Die blinzelte sie wie eine Eule an und schüttelte dann ihren Kopf.
    »Ich muss eingenickt sein. Die Wärme, diese Katze...«
    »Ja, es waren aufregende Tage, Rigmundis.«
    »Habe ich was Unpassendes gesagt?«
    »Von F... Falken.«
    »Oh, dann ist ja gut.«
    »K... könnt Ihr die Z... Zukunft deuten?«
    Was für ein kluges Kind, dachte Almut. Hoffentlich klug genug, um nicht zu plappern. Zu Catrin gewandt sagte sie: »Ja, in manch wunderlichen Traumgebilden sieht
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