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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand
Autoren: Andrea Schacht
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gebracht. Aber nie habe ich für sie empfunden, was ich für Euch fühle.«
    Der hässliche Wurm starb eines schnellen Todes, und mit einem glücklichen Seufzer blickte Almut zu Ivo auf.
    »Wie bedauerlich, Herr. Denn so werde ich es nie erleben, wie Ihr meinethalben um den Verstand kommt.«
    »Ich muss ihn bereits verloren haben, denn sonst würde ich Euch für Euer vorlautes Tun züchtigen. Ihr habt meine wohlgesetzte accusatio willkürlich unterbrochen, meine ausgefeilte interrogatio zu Schanden gemacht durch Euer Eingreifen. Sie sollte überführt werden durch meine überlegene argumentatio. Und Ihr geht hin und reißt ihr die Kleider vom Leib und legt das Teufelsamulett bloß.«
    »Ja, das war schändlich von mir, denn ›Euer Mund redet Weisheit und Eure Lippen hassen, was gottlos ist. Alle Reden Eures Mundes sind gerecht, es ist nichts Verkehrtes oder Falsches darin‹. Wie die des weisen Salomo.«
    »Der Tropf redet zu viel. Und Ihr, Frau Sophia, habt weit klüger gehandelt als ich. Was gab Euch ein, nach dem Amulett zu greifen?«
    »Azizas Rat und Mariens Träne.«
    Er hob mit vorsichtigen Fingern die Perle an und betrachtete sie.
    »Hübsch, aber Eure Brust wird edleres Geschmeide zieren. Mein Vater übergab mir den Schmuck meiner Mutter. Er wird Euch gut zu Gesicht stehen. Und nun, mein Lieb, meine Taube, wollen wir die Mühsal des Tages vergessen.«
    Almut stimmte dem freudig zu, und die Lippen des Gerechten lehrten sie heilsame Dinge.

48. Kapitel
    Zwei Tage Gefangenschaft hatten Derich mürbe gemacht. Die Nachricht, dass Almodis den Häschern übergeben worden war, tat das Ihre dazu, dass er sich außerordentlich willig zur Zusammenarbeit zeigte.
    Daher saß er am Montagmorgen zu Pferd, begleitet von drei bewaffneten Männern, die ohne Zweifel äußerst geschickt Gebrauch von Dolch und Axt machen würden, sollte er einen falschen Schritt tun.
    Er hatte nicht die Absicht, einen solchen Fehler zu begehen. Gründliches Nachdenken und Besinnung auf die Rettung seiner eigenen Haut hatten ihn zu dem Schluss kommen lassen, dass er, sollte er diese Unternehmung unbeschadet überstehen, ein neues Leben beginnen würde. Und dass er seine Verbindung zu Ramon und Almodis tunlichst gründlich vergessen wollte.
    Die beiden Männer hatten ihn eingehend darin unterwiesen, was er zu sagen hatte, und mit trockener Bewunderung erkannte er an, wie genau sie Ramon durchschaut hatten. Der Verlockung jenes alchemistischen Werkes aus der Hand eines jüdischen Rebbe würde er nicht widerstehen können. Eine feine Geschichte hatten sie da gesponnen, wie er, Derich, durch Zufall auf dieses Buch gestoßen sei. Das hatte seinen Sinn für delikates Lügengewebe derart angesprochen, dass er selbst noch einige glaubhafte Fäden mit einzuziehen gedachte.
    Heimlich hegte er die Hoffnung, dass seine Begleiter, wenn sie seines ehemaligen Herrn erst einmal habhaft wären, ihr Augenmerk nicht mehr so konsequent auf ihn richten würden. Wenn sich dann eine Gelegenheit zur Flucht ergab, würde er sie zu nutzen wissen.
    Aber bis dahin hielt er sich streng an seine Vorgaben.
    Es war tatsächlich kein schwieriges Unterfangen, Zutritt zu der Burg zu bekommen. Ramon begrüßte ihn gar mit Freude, und als er die Botschaft hörte, die seinen treuen Diener nach Efferen gebracht hatte, war er mehr als bereit, sofort aufzubrechen. Seinem Gastgeber verheimlichte er selbstverständlich den aufsehenerregenden Fund. Geheimschriften waren etwas, das man selbst mit den besten Freunden nicht teilte.
     
    Leon, Hardwin und Fredegar hatten im Schatten eines Wäldchens Rast gemacht, sich über ihre Wegzehrung hergemacht und sich mit müßigem Geplauder die Zeit vertrieben. Fredegar war stolz darauf, dass sie ihm erlaubt hatten mitzukommen. Er trug wie der Herr de Lambrays einen langen Dolch an seinem Gürtel und hatte ein paar Mal die bösartige Streitaxt an Hardwins Hüfte gemustert. Der Reitknecht machte ganz den Eindruck, als könne er mit dieser Waffe nicht nur Holz hacken. Er selbst aber hatte noch einen Beutel schöner runder Kiesel und eine Schleuder dabei. Pitter hatte ihn in die Kunst eingewiesen - nicht eben eine sehr ritterliche Kampfweise, aber recht wirkungsvoll. Zufrieden hatte er bei dem Wettschießen, mit dem sie den ganzen Nachmittag verbrachten, festgestellt, dass er ein fast so gutes Zielvermögen hatte wie der Gassenjunge.
    Um die Mittagszeit sahen sie endlich Ramon und seinen Diener aus dem Tor reiten.
    »Lassen wir sie vorüberziehen, und
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