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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis
Autoren: Robert Ludlum
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nicht in dieses Leben.«
    In den wenigen Tagen, seit die erste Kugel mit warnendem Sirren auf dem Campus an seinem Ohr vorbeigezischt war, hatte Bourne vieles gelernt – auch wann er im Gespräch mit seinem Sohn besser den Mund hielt.
    Chan hatte einen Entschluss gefasst, und das war’s dann.
    Zu versuchen, ihm seinen Entschluss auszureden, wäre sinnlos gewesen. Und noch schlimmer: Das hätte seinen noch latenten Zorn, den Chan nicht so bald vergessen würde, erneut angefacht. Dieses Gefühl war so verderblich und saß so tief, dass es sich nicht binnen Tagen, Wochen oder auch nur Monaten abschütteln ließ.
    Bourne begriff, dass Chan eine kluge Entscheidung getroffen hatte. Die Schmerzen waren noch zu stark, die Wunde war noch nicht verheilt, auch wenn wenigstens die Blutung gestillt war. Und wie Chan scharfsinnig bemerkt hatte, war ihm im Innersten bewusst, dass Chans Eintritt in das Leben, das David Webb sich geschaffen hatte, völlig sinnlos gewesen wäre.
    »Vielleicht nicht jetzt, vielleicht niemals. Aber unabhängig davon, was du für mich empfindest, sollst du wissen, dass du einen Bruder und eine Schwester hast, die es verdienen, dich zu kennen und einen älteren Bruder in ihrem Leben zu haben. Ich hoffe, dass es eines Tages dazu kommen wird – zu unser aller Wohl.«
    Sie gingen miteinander zum Ausgang, und Bourne war sich sehr bewusst, dass dies ihr letztes Zusammensein für viele Monate sein würde. Aber nicht ihr letztes, nein.
    Zumindest das musste er seinem Sohn begreiflich machen.
    Er trat einen Schritt vor und schloss Chan in die Arme. Sie hielten einander schweigend umfangen. Bourne konnte das Brausen der Gasflammen hören. Das helle Feuer im Backofen vernichtete die schreckliche Gefahr, die ihnen allen gedroht hatte.
    Als er Chan widerstrebend losließ, konnte er ihn für einen ganz kurzen Moment, während er seinem Sohn in die Augen starrte, als kleinen Jungen in Phnom Penh mit der sengend heißen asiatischen Sonne auf dem Gesicht sehen, und im gesprenkelten Schatten der Palmen gleich dahinter beobachtete Dao sie und lächelte ihnen zu.
    »Ich bin auch Jason Bourne«, sagte er. »Das ist etwas, das du nie vergessen sollst.«
    Epilog
    Als der Präsident der Vereinigten Staaten ihm die zweiflüglige Walnussholztür seines Arbeitszimmers im Westflügel des Weißen Hauses persönlich öffnete, kam der CIA-Direktor sich vor, als werde er nach quälend langer Wartezeit im siebten Kreis der Hölle wieder ins Paradies eingelassen.
    Der Direktor hatte seine gottverdammte Grippe noch immer nicht auskuriert, aber nach dem Anruf hatte er sich aus seinem Ledersessel aufgerafft, um zu duschen, sich zu rasieren und sich anzuziehen.
    Mit diesem Anruf hatte er gerechnet. Tatsächlich hatte er, seit er dem Präsidenten seinen nur für ihn bestimmten Bericht geschickt hatte, der auch alles Beweismaterial enthielt, das Martin Lindros und Detective Harris zusammengetragen hatten, auf diesen Anruf gewartet. Und trotzdem hatte er, in Bademantel und Schlafanzug in seinem Sessel hockend, gebrütet und auf die bedrückende Stille im Haus gelauscht, als könne er darin ein schwaches Echo der Stimme seiner Frau vernehmen.
    Als der Präsident ihn jetzt in das in Königsblau und Gold gehaltene Eckbüro führte, empfand er die Einsamkeit seines Hauses noch stärker. Dies hier war sein Leben
    – ein Leben, das er sich über Jahrzehnte hinweg durch treue Dienste und verwickelte Manipulationen selbst geschaffen hatte –, hier verstand er die Regeln und beherrschte das Spiel, hier und sonst nirgends.
    »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte der Präsident mit seinem Tausendwattlächeln. »Wir haben uns allzu lange nicht mehr gesehen.«
    »Danke, Sir«, sagte der CIA-Direktor. »Das habe ich mir auch gedacht.«
    »Nehmen Sie bitte Platz.« Der Präsident bot ihm mit einer Handbewegung einen Ohrensessel an. Zu seinem tadellos sitzenden dunkelblauen Maßanzug trug er ein weißes Oberhemd und eine rote Krawatte mit blauen Punkten. Sein Gesicht war leicht gerötet, als komme er gerade von einem Dauerlauf zurück. »Kaffee?«
    »Danke, Sir, gern.«
    In diesem Augenblick erschien wie auf ein unhörbares Signal hin ein Assistent des Präsidenten mit einem aus Silber getriebenen Tablett mit einer reich geschmückten Kaffeekanne, Zuckerdose, Sahnekännchen und Porzellantassen. Mit freudigem Erschauern sah der CIA-Direktor, dass auf dem Tablett nur zwei Tassen standen.
    »Die Nationale Sicherheitsberaterin müsste gleich kommen«, sagte
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