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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis
Autoren: Robert Ludlum
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Terroristen von euch Amerikanern behauptet haben: ›Gott hat euch den Krieg erklärt.‹ Wir haben aus bitterer Erfahrung gelernt, solche Äußerungen ernst zu nehmen.«
    Karpow wusste zufällig genau, wo Chan war: im Hauptrestaurant des Hotels, das wieder einigermaßen in Betrieb war und eine beschränkte Auswahl an Speisen anbot.
    »Spalko ist tot«, sagte Bourne nüchtern, um die Gefühle, die beim Anblick Chans auf ihn einstürmten, zu verbergen.
    Chan legte seinen Hamburger auf den Teller und begutachtete Bournes geschwollene Wange mit der genähten Platzwunde. »Hast du was abgekriegt?«
    »Nicht der Rede wert.« Bourne verzog das Gesicht, als er sich setzte.
    Chan nickte, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
    Karpow hatte sich neben Bourne gesetzt. Er hielt einen vorbeihastenden Ober an und bestellte eine Flasche Wodka. »Russischen«, betonte er, »nicht das polnische Gesöff. Und bringen Sie drei große Gläser. Wir sind hier echte Männer: ein Russe und zwei Helden, die fast so gut wie Russen sind!« Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den anderen zu. »Also gut, was übersehe ich?«, fragte er listig.
    »Nichts«, sagten Chan und Bourne wie aus einem
    Mund.
    »Ach, wirklich?« Die raupenartigen Augenbrauen des Russen gingen nach oben. »Nun, dann können wir nur noch trinken. In vino veritas. Im Wein liegt Wahrheit –
    das haben die alten Römer geglaubt. Und wer wollte das bezweifeln? Sie waren verdammt gute Soldaten, die Römer, und hatten ausgezeichnete Feldherren, aber sie wären noch besser gewesen, wenn sie Wodka statt Wein getrunken hätten!« Karpow lachte schallend, bis die beiden anderen schließlich einstimmen mussten.
    Dann wurde der Wodka mit drei Wassergläsern serviert. Karpow scheuchte den Ober mit einer Handbewegung weg.
    »Die erste Flasche muss man selbst öffnen«, behauptete er. »Das ist Tradition.«
    »Das ist alter Käse«, sagte Bourne, indem er sich Chan zuwandte. »Eine Sitte aus der Zeit, als russischer Wodka oft so schlecht gebrannt war, dass er Fuselöle enthielt.«
    »Hören Sie nicht auf ihn.« Karpow schürzte die Lippen, aber zugleich blinzelte er humorvoll. Er schenkte ihre Gläser voll und stellte sie sehr förmlich vor sie hin.
    »Sich eine Flasche guten russischen Wodka zu teilen ist in gewissem Sinn die Definition von Freundschaft – ob mit oder ohne Fuselöle. Denn bei einer guten Flasche Wodka reden wir von alten Zeiten, über Kameraden und Feinde, die von uns gegangen sind.«
    Er hob sein Glas, und die beiden anderen folgten seinem Beispiel.
    »Na sdarowje!« , rief er und leerte sein Glas auf einen Zug.
    »Na sdarowje!« , wiederholten Vater und Sohn und taten es ihm gleich.
    Bourne tränten die Augen. Der Wodka brannte bis in seinen Magen hinunter, aber wenige Augenblicke später durchströmte wohlige Wärme den gesamten Körper bis in die Fingerspitzen und milderte seine pochenden Schmerzen.
    Karpow beugte sich zu ihnen hinüber. Sein Gesicht war von dem starken Getränk und dem schlichten Vergnügen, mit Freunden zusammen zu sein, leicht gerötet.
    »Jetzt betrinken wir uns und erzählen uns alle unsere Geheimnisse. Wir erfahren, was es bedeutet, Freunde zu sein.«
    Nach einem weiteren Glas sagte er: »Also, ich fange an.
    Hier ist mein erstes Geheimnis. Ich weiß, wer Sie sind, Chan. Obwohl es offiziell kein Foto von Ihnen gibt, kenne ich Sie.« Karpow legte einen Finger an die Nase. »Ich bin nicht seit zwanzig Jahren im Einsatz, ohne meinen sechsten Sinn geschärft zu haben. Und weil ich das wusste, habe ich Sie von Hull fern gehalten, weil er Sie ohne Rücksicht auf Ihren Heldenstatus verhaftet hätte, wenn er Ihre wahre Identität geahnt hätte.«
    Chan setzte sich auf. »Warum haben Sie das getan?«
    »Oho, jetzt würden Sie mich umlegen? Gleich hier in dieser freundschaftlichen Runde? Sie glauben, dass ich Sie für mich aufheben wollte? Habe ich nicht gesagt, dass wir Freunde sind?« Er schüttelte den Kopf. »Sie müssen noch viel über Freundschaft lernen, mein junger
    Freund.« Er beugte sich nach vorn. »Beschützt habe ich Sie wegen Jason Bourne, der immer allein arbeitet. Sie waren mit ihm zusammen, deshalb wusste ich, dass Sie für ihn wichtig sind.«
    Er füllte die Gläser, dann deutete er auf Bourne. »Jetzt sind Sie an der Reihe, mein Freund.«
    Bourne starrte in seinen Wodka. Er war sich bewusst, dass Chan ihn scharf beobachtete. Er wusste, welches Geheimnis er preisgeben wollte, aber er fürchtete, wenn er das tue, werde Chan
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