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Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)

Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)

Titel: Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
Autoren: Erin Kelly
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sie zu einem langen, geraden Abschnitt kam, wo sie sehen und gesehen werden konnte. Als sie das leise Brummen eines Motors hörte, blieb sie mitten auf der Straße stehen und streckte den Daumen hoch.
    Zwei Sonnen bohrten Löcher in den Nebel, und sie zogen einen großen roten Lieferwagen hinter sich her. Er wurde nicht langsamer, und sie machte sich auf einen Satz in die Hecke gefasst. Zu spät begriff sie, dass sie praktisch unsichtbar war. Die graubraunen und mitternächtlichen Farbtöne anderer Leute Kleidung waren wie ein Tarnanzug. Sie hatte die gewachste Jacke übergezogen, die Rowan in der Nacht getragen hatte; die war groß genug, um sich zweimal hineinzuwickeln, und die Ärmel baumelten über ihre Fingerspitzen hinunter.
    Ruckartig kam der Lieferwagen zum Stehen. Das Beifahrerfenster glitt herunter und offenbarte ein freundliches Gesicht, umrahmt von wildem, lockigem grauem Haar.
    » Meine Güte, ist alles okay, Schätzchen?«, fragte die Frau. » Sind Sie verletzt?«
    Ein seltsamer, warmer Bauernhofgeruch und eine Männerstimme wehten aus der Kabine. » Gestern Abend war das Fest der Teerfässer, ja?«
    Die Frau lächelte. » Am Morgen danach gibt’s immer ein paar V ersprengte. W ar’s ein bisschen viel?«
    Kerry nickte.
    » Wo wollen Sie hin, Schätzchen?«
    » Irgendwohin, wo ich einen Zug nach London nehmen kann.«
    » Wir beliefern heute die kleinen Delis. Ich glaube, der erste große Bahnhof ist in Bath. Da können wir Sie absetzen, wenn Sie möchten.«
    » Ja, bitte.«
    Im Innern des Lieferwagens stank es. Der Geruch war die geronnene V ersion des reinen Süßmilchdufts, den Edie verbreitete, und Kerry musste würgen.
    » Das nenne ich eine Bauchreaktion«, sagte der Mann und lachte. » Ziegenkäse. Ist ein bisschen viel für einen empfindlichen Magen, ich weiß. Aber daran kann ich leider nichts ändern. Ich werde trotzdem vorsichtig durch die Schlaglöcher fahren.«
    Das Paar lachte. Kerry hatte auch einmal gelacht, mit Felix. Jetzt konnte sie bestenfalls noch atmen. Sie ließ den Kopf auf die Hände sinken.
    » Ist es so schlimm?«, fragte die Frau.
    » Wir waren schon seit Jahren nicht mehr bei den Fässern, nicht wahr, Jan?«, sagte der Mann. » Es war sehr viel weniger förmlich, als wir in Ihrem Alter waren. Nicht so viele Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften. Jetzt war viel Polizei unterwegs, nicht wahr?«
    Kerry sah die Gesichter von Sergeant Hough und PC Rayat vor ihrem geistigen Auge.
    » Ich glaube ja«, sagte sie und atmete durch den Mund.
    Die Unterhaltung stockte, und Kerry wartete nervös auf die nächste Frage. Das W ort » Witwe« flatterte wie eine Krähe in ihrem Mund herum, und sie hatte Angst, wenn sie ihn öffnete, würde es herausfliegen und die schreckliche W ahrheit in die W elt krächzen. Trotzdem war es aber nicht die W itwenschaft, die sie schmerzte, und es war nicht Matt, um den sie jetzt zu trauern begann.
    Anfangs hatte sie geglaubt, sie liebe ihn, aber es war so wie mit Dean gewesen: Die Dankbarkeit löste sich in Angst auf, so langsam, dass du es erst merktest, wenn sie dich schwanger die Treppe hinunterwarfen, dir die Ohrringe aus dem Fleisch rissen und dich zwangen, mit anderen Männern zu schlafen. Dass es nicht so sein musste, erkanntest du erst, als jemand sich im Bett an dich anschmiegte, dir seine verkratzten alten Schallplatten vorspielte, bis die Sonne aufging, dir sagte, er habe nicht gewusst, dass es so sein könne, dich fragte, wo du sein ganzes Leben gewesen seist, und dir nach drei W ochen und einem Tag sagte, er liebe dich. Dass Sex keine lautstarke V eranstaltung zu sein brauchte, wusstest du erst, als jemand dir sanft und leise etwas entlockte, das wegen seiner Lautlosigkeit umso gewaltiger war.
    Der liebe süße Felix mit seinem komischen Auge und einer ganzen W elt voll Zärtlichkeit und Unsicherheit hinter seinen Clownereien. V on ihrem ersten Gespräch an hatte sie gewusst, dass er anders war, aber dass sie es Liebe nennen konnte, hatte sie erst an dem Morgen gewusst, als er im Schlaf quer durch das Bett den Arm nach ihr ausgestreckt hatte. Indem er Trost suchte, hatte er ihn gespendet. Und was hatte sie ihm dafür gegeben?
    Nach einer W eile führte die Straße nicht mehr bergauf und bergab, und aus der nebligen Nacht wurde ein frischer, sonniger Morgen. Als sie sich an den Gestank im Lieferwagen gewöhnte, schlich sich allmählich eine andere Note hinein, der Geruch von Kupferpennys oder von Fleisch. Sie senkte den Blick und sah einen
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