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Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna
Autoren: Rosa Cerrato
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zerborstenen Behältern, aus denen die Flüssigkeit sickerte, und den Köpfen der Opfer, derweil sich der Mond in seinen verschiedenen Phasen über ihnen unaufhörlich weiterdrehte, erst da blickten sich die beiden um und entdeckten, an einer Mauer am Boden kauernd, Nelly. Sie hatte die Kette noch immer um den Hals, hustete röchelnd und starrte mit aufgerissenen Augen in die Mitte des Raumes. Die beiden Männer stürzten zu ihr, Gerolamo hielt ihren Kopf, Tano rief Verstärkung und einen Krankenwagen und meinte zu hören, wie sie etwas murmelte. Einen Namen.
    »Robert ... Robert.«
    Dann verlor sie das Bewusstsein.

XXI
    N ACH DEM  S TURM
    Die Psychologin Nora Risso blickt aus dem weit geöffneten Fenster, durch das die Frische des heißersehnten Sommerwolkenbruchs hereinweht. Eigentlich ist es kein Wolkenbruch, sondern ein regelrechter Sturm mit allem, was dazugehört. Der Wind wirbelt die Blätter auf dem Schreibtisch ihrer Praxis in der Via Maragliano auf, doch die Erleichterung über das Ende der drückenden Hitze ist so groß, dass die Frau nicht im Traum daran denkt, die Fenster zu schließen. Auch das Geräusch des Regens ist eine seit langem erträumte Wohltat. Entspannt lehnt sie sich in ihren Sessel, und es ist nicht allein die Tatsache, dass die afrikanische Hitze zwar nicht überwunden, so doch zumindest unterbrochen scheint, die sie so zufrieden macht.
    Der »Secolo«, der aufgeschlagen vor ihr liegt, feuert weiterhin Artikel und Berichte zu den entsetzlichen Ereignissen des Sommers ab. Genua ist in die weltweiten Top Ten der Serienkiller aufgestiegen. Die Leser lechzen nach Informationen und Enthüllungen. Das Grauen verkauft sich wie warme Semmeln. Und sie ist, wenn man so will, beruflich rehabilitiert worden und genießt ihren Moment des Ruhms. Einer der Beiträge ist ein Interview mit ihr, Nora Risso, die als Erste ein Gutachten über Gianluca Sonnis mentalen Zustand verfasst hatte, dann aber von der Polizei ausgebootet wurde, welche sich einen anderen Profiler gesucht hatte, nämlich – was für ein Zufall – den Urheber der Verbrechen selbst, diesen Alessandro Palmieri, dessen Tod ebenso abseitig und grauenvoll war wie seine Neigungen.
    Bei genauerem Hinsehen sind längst nicht alle Einzelheiten geklärt, es gibt noch viele offene Fragen. Wie ist Palmieri gegen die Glasvitrine gestürzt, die momentan in aller Munde ist: Hat einer der Polizisten, die gerade noch rechtzeitig gekommen sind, um das Leben von Kommissarin Nelly Rosso zu retten, ihn gestoßen? Oder beide? Der Polizeivize, der Chefassistent und die Kommissarin versichern alle drei, er habe sich in einem Anfall von Wahn dagegengeworfen.
    Doch das ist nicht der einzige Grund für ihren Triumph. Nora lächelt boshaft: Sie hat zwei Protagonisten der Geschichte in Behandlung, Amanda Sacco und Nelly Rosso selbst. Die beiden waren zutiefst verstört – eine milde Umschreibung für vollkommen paranoid – durch ihre unschönen Begegnungen mit Zanni, dem Vollstrecker der Morde, und dem berüchtigteren Drahtzieher Palmieri. Grauenvolle Familiengeschichten, Inzest, verstoßene leibliche Kinder, Geheimnisse, und das in Familien, die in Genua seit Generationen dafür bekannt sind. Was für ein Glücksfall für die Journaille und alle anderen, die daran verdienen, man kann nur hoffen, dass die Welle noch lange anhält.
    Und jetzt der Clou: Sie ist zu »Verbrechen zahlt sich nicht aus« eingeladen worden, der meistgesehenen Sendung zum Thema Kriminalität, zusammen mit Laurenti, dem jungen Staatsanwalt, der neben Tano Esposito der Mann der Stunde ist. Doch während der schöne Polizeivize nichts fürs Rampenlicht übrig hat, kann Laurenti scheinbar nicht genug davon bekommen.  Vielleicht endet unser guter Staatsanwalt noch im Dschungelcamp. Ein blöder Narziss, aber was soll’s? Ganz Italien wird uns sehen, wird mich sehen ... Was soll ich bloß anziehen, mal schauen ...  Jemand klopft an der Tür und reißt sie aus ihren Gedanken. »Herein!«
    Es ist Nelly Rosso, ihr rechter Arm ist noch in Gips, aber insgesamt hat sie sich wieder recht gut erholt, wenn man bedenkt, was sie durchgemacht hat, stellt Nora kritisch fest. Es hätte noch viel schlimmer kommen können.
    Die Kommissarin schenkt ihr ein breites Landmädellächeln, grüßt und nimmt in dem Sessel vor dem Schreibtisch Platz.  Wenn es nach mir ginge, könnte ich auf diese Sitzungen gut verzichten, lieber würde ich ein paar Mal ins Meer springen, aber Tano hat so hartnäckig darauf
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