Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna
Autoren: Rosa Cerrato
Vom Netzwerk:
absolviert. Ich war das Hirn, er der Vollstrecker. Das Unerträgliche ertragen, das war unser Ziel.«
    Er hatte sie fast vergessen. Jetzt, wo er seinen Vertrauten und Leidensgefährten verloren hatte, war das Bedürfnis, zu reden, die ganze Wirrnis, die ihn innerlich auffraß, und das Gegenmittel, das ihn am Leben hielt, zu beichten, übermächtig.
    »Und wer hat nun gemordet, du oder Giuliano Zanni? Oder ihr beide?«
    Alessandros Gesicht verzog sich zu einem Ausdruck überlegener Schläue. Er spannte sie eine Weile auf die Folter.
    »Giuliano Zanni war ein idealer Sklave. Schwach, voller Probleme, ohne Selbstvertrauen und mit einer verquasten Religiosität, die den Hass auf diese Nutte von seiner Mutter und auf den abwesenden Vater verbrämte. Doch der Knackpunkt für ihn war die Geschichte mit Flores. Er hatte sich unsterblich in eine Frau verliebt, die unwürdig war, weil eine Frau. Die naheliegende Erkenntnis, dass sie nicht mehr war als ein dahergelaufenes Flittchen, hat in ihm die latente Psychose ausgelöst.
    Nachdem er sie umgebracht hatte, ist er zu mir gekommen, denn ich hatte ihn seit einer Weile in Behandlung, und hat sich mir rückhaltlos geöffnet. Ich habe ihm versprochen, ihn von seinem Leiden, den inneren Konflikten und Gewissensbissen zu befreien, die er beim Überwinden der Hemmschwelle empfand – dabei hatte er sie schon durch den Mord an Flores überwunden, obgleich es sich dabei um eine Affekthandlung und nicht um einen freiwilligen, gewollten und genossenen Akt gehandelt hat. Nicht um die Erhebung des Hasses zu einem Ritual.
    Ich war zu dem Zeitpunkt völlig neben mir, außer mir. Titta hatte mich verlassen, all die alten Wunden waren wieder aufgebrochen. Giuliano und ich waren am gleichen Punkt, in der gleichen seelischen Verfassung. Ich war sein Meister, er mein Vollstrecker. Eine für beide Seiten erfolgreiche Therapie. Dank mir hat er vor seinem Tod das Glück kennengelernt. Die Erlösung und Befreiung vom Schmerz durch die Opferung unwürdiger Existenzen. Ach, du wolltest wissen, wer von uns beiden tatsächlich gemordet hat. Typisch für einen begrenzten Verstand wie deinen.« Er machte eine Kunstpause und beugte sich vor. »Die Frauen und dieser Diego gehen auf Giulianos Konto, und auch dieses arme Würstchen Sonni, der das Muskelrelaxans für ihn hat mitgehen lassen, weil er ihn für einen Freund hielt und ihm blind vertraute, doch dann hat er was gerochen, zwar spät, aber immerhin.«
    Sosehr sie sich auch bemühte, konnte sie ein leises Stöhnen nicht unterdrücken. Lachend fuhr er fort.
    »Ich habe ihm die kleine Journalistenschlange übergeben, aber umgebracht hat er sie. Giuliano war richtig gut, da kann man wirklich nicht meckern. Er hat es geschafft, den armen Chicco, der ein idealer Verdächtiger war, und deine Kollegin vor den Augen von Dutzenden von Leuten aus ›Mani amiche‹ herauszuschleusen. Aber es wissen nun mal nicht alle, dass es unter dem Palazzo einen geheimen Gang gibt, durch den man bei einer alten Garage in Porto Antico herauskommt, wo er seinen Ducato geparkt hatte. Er hat sie dort versteckt, geknebelt und bewusstlos, und ist seelenruhig zurückgekommen, um bei der Suche zu helfen. Abends hat er sie dann zur Casa Marianna gebracht. Chicco Manara mussten wir ausschalten, weil er zufällig den geheimen Gang und den Lieferwagen entdeckt und begriffen hatte, dass sie mit den Verbrechen in Zusammenhang standen. An dem Tag wollte er es eurer Amanda sagen und zeigen, aber Giuliano hat sie belauscht und ist ihnen gefolgt.«
    »Dann hast du ja sozusagen eine weiße Weste ...«
    Nelly stichelte, und er sprang sofort darauf an.
    »Ich habe meinen lieben Klassenkameraden Silvano kaltgemacht. Er war schon immer ein halbes Genie. Schade nur, dass er einen so begrenzten Moralbegriff hatte. Er hatte mich angerufen, weil er Giuliano verdächtigte. Er wollte mich heimlich treffen, um mit mir darüber zu reden, und ist ins offene Messer gerannt. Wir hatten uns in seinem Elternhaus verabredet. Ich konnte ihn einfach nicht am Leben lassen. Die Botschaft in Giulianos Stil war mein Werk. Zufrieden, Commissario?«
    Er erhob sich mit einer abschließenden Handbewegung und machte einen Schritt auf sie zu. In den Fingern hielt er eine goldene Kette mit einem Medaillon: die Madonna von Fatima.
    Nelly begriff, dass alles gesagt war, es war aus. In einem Versuch, sich von ihm zu entfernen, presste sie sich gegen die Mauer und zog die letzte Karte aus dem Ärmel.
    »Heute Morgen, ehe ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher