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Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna
Autoren: Rosa Cerrato
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wie toll du bist und wie irre clever. Ich bin ganz Ohr und werde dir schon die richtigen Leckerlis zustecken.  Sie behielt ihre Tonart bei.
    »Und du, was hast du von diesem ganzen widerwärtigen Theater gehabt, wenn es doch Giuliano war, der den befreienden Akt der Rache und/oder Läuterung auf Kosten der Frauen durchgeführt hat? Lass mich raten, hängt es mit dem Tod deiner Mutter zusammen? Liegt da der Hund begraben? Und was hat das mit diesem albernen Gedöns um den Mond und seine Phasen zu tun?«
    Nelly hatte das Messer in die Wunde gestoßen und sah das Blut spritzen. Alessandro rührte sich nicht, doch seine Finger krallten sich um die Armlehnen seines Stuhls, er knirschte mit den Zähnen, und sie glaubte schon, er würde ihr sofort an die Gurgel gehen.
    »Du weißt noch nicht mal, wovon du sprichst, elende Nutte.«
    Er war kreideweiß geworden, und nur seine Lippen leuchteten bläulichviolett in dem hageren Gesicht.  O mein Gott, es ist aus.  Nelly konnte den tödlichen Zorn in seinen irren Augen sehen. Doch er riss sich abermals zusammen. Das Bedürfnis zu reden war einfach zu groß.
    »Aber wie dem auch sei, ja, die Wurzeln meiner Veranlagung liegen dort. In Camélias Tod. Das begreift sogar eine Dilettantin wie du. Doch die Folgen daraus sollten noch jahrelang schlummern. Als sie sich umgebracht hat, habe ich ihren Kopf präpariert, um ihn aufzuheben, um mich nicht von ihm trennen zu müssen, das war alles. Die Mondphasen ... waren ein Tick von ihr. Sie vergötterte den Mond, hat ihn an die Zimmerdecken malen lassen. Sie richtete sich nach den Sternen, nach den Bewegungen der Planeten. Deshalb hatte ich ihr den Spitznamen Diana gegeben. Das war so ein Spiel zwischen uns. Dann hat sie mich verlassen ... aber sie hat mir ein riesiges Geschenk hinterlassen, sie, meine Kleine. Meine Schwester. Meine Tochter.«
    Nelly war fassungslos. Das also war das Geheimnis dieses Hauses. All das blendende Weiß konnte niemals ausreichen, die Fäulnis zu überdecken, die Alessandros Worte an die Oberfläche brachten. Er nahm sie und die Situation, in der sie sich befanden, gar nicht mehr wahr. Das Magma seiner Gefühle und Leidenschaften war hervorgebrochen, erfüllte den Raum und überschwemmte Nelly mit Grauen und Mitleid angesichts dieser unfassbaren Geschichte und ihrer Protagonisten.
    Alles hatte in jenem Bett begonnen, in dem weißen Zimmer, in einer Nacht, in der der Vater nicht da war. Alessandro schlief bei seiner Mutter, wie immer, wenn der Vater nicht zu Hause war. Er war dreizehn, und sie war wie so oft unglücklich. Sie hatte lange geweint und ihn unter den Laken an sich gedrückt, ihn geküsst und gestreichelt. Alles war passiert wie in einem Traum, Ödipus’ Traum war Wirklichkeit geworden zwischen dem hingerissenen Jungen und der jungen, unerfüllten und unglücklichen Frau.
    Zwischen Tränen, Vorwürfen, Zurückweisung und Leidenschaft hatte sich die inzestuöse Beziehung Jahr um Jahr fortgesetzt, während er zum Mann heranwuchs. Camélia hatte nicht mehr mit Alessandros Vater schlafen wollen. Ein schwerer Fehler, denn wie sollte man dem greisen und eifersüchtigen Ehemann die plötzliche Schwangerschaft erklären? Natürlich vermutete er einen jüngeren Rivalen, und damit lag er richtig, auch wenn er nicht ahnte, dass es sich um seinen eigenen Sohn handelte. Geschrei, Schläge, Forderungen, abzutreiben, die reinste Hölle, bis Alessandro beschloss, sich und seine Mutter zu befreien, und den Vater auf der Segeltour umbrachte. Er hatte ihn betäubt und dann ins Meer geworfen.
    Doch sie, Camélia – seine Stimme bebte vor Zorn – hatte den Liebhabersohn betrogen. Sie hatte nicht standgehalten. Statt sich über ihre endlich gewonnene Freiheit zu freuen und ihm dankbar zu sein, hatte sie begonnen, sich Vorwürfe zu machen. Sie sagte, sie sei eine Sünderin, sie habe ihn ruiniert, aus ihm, ihrem Sohn, einen inzestuösen Mörder gemacht. Nach der Geburt der Tochter war es noch schlimmer geworden, sie verfiel in eine abgrundtiefe Depression, und als man die Leiche des verfluchten Alten fand, brachte sie sich um.
    Alessandro durchlitt die wieder lebendig gewordenen Erinnerungen mit der gleichen Leidenschaft und Wut wie damals. Seine Stimme war ein Fauchen, die Fäuste waren geballt.
    »Sie hat mich betrogen. Alleingelassen. Dazu hatte sie kein Recht. Nach all dem, was ich für sie, für uns getan hatte ... Ich habe sie genauso wahnsinnig gehasst, wie ich sie geliebt hatte. Es gelang mir nur, ihr zu
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