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Das Blut der Unsterblichen

Das Blut der Unsterblichen

Titel: Das Blut der Unsterblichen
Autoren: Christine Saamer-Millman
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Stadt. Er war beunruhigt, äußerst beunruhigt, um nicht zu sagen verstört. Deutlich konnte er Kristinas bernsteinfarbene Augen vor sich sehen. Diese Augen von erschütternder Tiefe, in denen er sich gleichzeitig zu verlieren und zu finden schien. Ihr Blick erinnerte ihn an längst vergangene Zeiten, als er ein kleiner Junge gewesen war und in den tröstenden Armen seiner Mutter gelegen hatte. An Heimat und Geborgenheit. Vom ersten Augenblick an hatten ihr Duft und ihre körperliche Präsenz ihn erregt, ihm das Gefühl gegeben, die Beute seines Lebens gefunden zu haben. Er hatte sie beobachtet, sich vorgestellt, wie er seine Zähne in ihrem Fleisch versenken und jeden Tropfen aus ihrem Körper saugen würde. Und dann hatte er sie angesprochen und feststellen müssen, dass ihre Nähe ihn zutiefst verzückte und Sehnsüchte in ihm weckte, die er für immer verloren glaubte. Sehnsüchte, die weit über den Jagdtrieb und das Verlangen nach Blut hinausgingen. Ein Teil von ihr schien ihn zu verstehen, besser, als ihn je ein lebendes Wesen verstanden hatte. Gleichzeitig forderte ihre Gegenwart seine gesamte Selbstbeherrschung, denn der einzigartige Duft ihres Blutes lockte nicht nur seine menschlichen Gefühle hervor, sondern auch die Bestie.
    Er musste an seinen Mentor und Freund Philippe denken, der ihm vor langer Zeit erzählt hatte, dass jeder Verwandelte früher oder später einen Seelenverwandten traf. Jemanden, mit dem man eine unbewusste Erinnerung und sein wahres Selbst teilte. Die unerklärliche Anziehungskraft, die einen zu dieser Person führte, wäre mächtig und sehr stark.
    Er hatte gelacht und es als das schwülstige Gerede eines alten Unsterblichen abgetan. Sterbliche waren Nahrung, ein netter Zeitvertreib – mehr nicht. Gefühle konnte es nur zwischen Unsterblichen geben, doch selbst die waren opportunistisch, wie die Unsterblichen selbst.
    War Kristina seine Seelenverwandte? Wenn ja, was sollte er in diesem Fall tun? In seiner Welt war es verboten, eine längerfristige Beziehung zu einer Sterblichen zu unterhalten, zu groß war die Gefahr einer Entdeckung, zu groß die Gefahr, die Kontrolle zu verlieren. Wollte er also mit ihr zusammenbleiben, wäre er gezwungen den Ältestenrat zu informieren und um ihre Verwandlung zu bitten, die jedoch nur selten befürwortet wurde.
    Außerdem weckte sie seinen Jagdtrieb. Er brauchte zwar nicht täglich Nahrung, aber der Geruch ihres Blutes hatte ihn früher wie erwartet hungrig werden lassen. Normalerweise stillte er spontanes Verlangen mit einem Tier, doch ihr Duft hatte sich wie ein glühendes Eisen in sein Gedächtnis gebrannt und so verspürte er den wilden Drang nach menschlichem Blut.
    Er blickte zum Himmel hinauf. Das dunkle Grau ließ den anbrechenden Morgen erahnen. Ihm blieb höchstens noch eine Stunde bis Sonnenaufgang. Konnte er es wagen, auf die Jagd zu gehen? Eine spontane, schlecht geplante Jagd barg große Risiken. Sich nicht vom Blutdurst zu unbedachtem Handeln hinreißen zu lassen, war eines der elementarsten Dinge, die ein Unsterblicher lernte.
    Ihm fiel die Visitenkarte ein, die er vor seiner Reise nach Deutschland bekommen hatte. Abrupt stoppte er den Wagen, durchsuchte seine Brieftasche und atmete erleichtert auf, als er sie hinter seinem Führerschein fand.
     
    Klemens Hoffmann GmbH
    Händler für Labor-, Blutplasma-, und Medikamentenkühlschränke
    Tel.: 0180/224466
    Mobil: 0172/7979879
     
    Laut den Informationen, die er zusammen mit der Visitenkarte bekommen hatte, war Klemens Hoffmann ein Unsterblicher, der mit weit mehr als nur Spezialkühlschränken handelte. Der Gedanke, eine Blutkonserve zu kaufen, befremdete ihn, sein Blutdurst ließ ihm jedoch keine andere Wahl. So schnell wie möglich fuhr er die letzten Kilometer bis zu seiner Wohnung, stürmte zum Telefon und wählte die angegebene Nummer. Eine Stimme auf einem Anrufbeantworter teilte ihm mit, dass er außerhalb der Öffnungszeiten anrief, und bat darum, in dringenden Fällen die Handynummer anzurufen. Hektisch wählte er die zweite Telefonnummer. Nach dem dritten Klingeln meldete sich eine Frau.
    „Hallo?“
    „Guten Morgen, mein Name ist Marcus del Casals. Ich möchte bitte mit Klemens Hoffmann sprechen.“
    „Einen Moment.“
    Wenige Augenblicke später meldete sich eine männliche Stimme. „Hoffmann hier. Herr Casals, was kann ich für Sie tun?“
    „Ich habe Ihre Visitenkarte von Zacharias Van Basten erhalten. Er sagte mir, Sie würden spezielle Wünsche
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