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Das Blut der Medusa

Das Blut der Medusa

Titel: Das Blut der Medusa
Autoren: Jason Dark
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rauche nicht.«
    »Darf ich denn?«
    »Meinetwegen.«
    Ich hatte die Qualmerei in der letzten Zeit eingeschränkt. Nur noch hin und wieder griff ich zum Glimmstengel.
    Der Kellner fragte, ob wir noch Wein haben wollten. Da er die Karaffe schon auf dem Tablett stehen hatte, lehnten wir nicht ab. »Aber mehr trinke ich nicht«, sagte ich.
    »Wenn er kommt, müssen wir nüchtern bleiben.« Clarissa schaute in den Rauch. »Sag mal, John, du hast mir noch nicht genau erzählt, was dich als Polizisten hierher getrieben hat.«
    »Kennst du den Fund nicht, den die Fischer gemacht haben?«
    »Nein.«
    Ich brachte Clarissa genügend Vertrauen entgegen, um ihr vom Fund der Fischer zu berichten.
    Sie schaute mich starr an. »Ein versteinerter Mensch?« fragte sie leise.
    »So ist es.«
    Clarissa schluckte und schaute in das Weinglas. Dann hob sie die Schultern. »Das kann ich mir einfach nicht vorstellen«, flüsterte sie. »So etwas ist unmöglich.«
    »Es ist nicht unmöglich — leider.«
    »Und dieser Versteinerte war einer der Verschwundenen?« fragte sie sehr leise nach.
    Ich nickte. Die Stimmung war dahin. Ich sah es Clarissas Gesicht an, daß sie an etwas Bestimmtes dachte. »Müßte ich damit rechnen, John, daß mein verschwundener Bruder ein ähnliches Schicksal erlitten hat? Sei ehrlich, bitte.«
    »Du solltest es jedenfalls nicht von der Hand weisen.«
    Sie hob den Kopf und starrte an mir vorbei. Das Lokal hatte sich fast gefüllt. Zumindest waren die Tische besetzt. Um uns brandete ein gewaltiges Spektakel zahlreicher Stimmen auf. Durch das offene Fenster wehte eine kühle Brise. Sie fächerte in mein Gesicht und vertrieb auch den Dunst ein wenig. Wir beide kamen uns vor wie auf einer Insel sitzend. Für die Umgebung hatten wir keinen Blick. Ich drückte die Zigarette im auf dem Tisch stehenden Tonascher aus und faßte nach Clarissas Händen, die gefaltet auf dem Tisch lagen.
    »Es kann so sein!« flüsterte ich. »Aber es braucht nicht zu sein. Daran solltest du denken.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wenn es tatsächlich passiert ist, will ich es genau wissen. Das verstehst du doch — oder?«
    »Natürlich.«
    »Ich möchte auch um meinen Bruder weinen können, und ich will ferner, daß diejenigen bestraft werden, die es gatan haben. Noch weiß ich es nicht, aber wer sich an die Gestalt der Medusa hängt, der kann eigentlich nur…« Sie verstummte, weil sie plötzlich weinen mußte. Es war nur ein kurzer Aufschwung der Gefühle, Clarissa hatte sich sehr bald wieder in der Gewalt und entschuldigte sich bei mir.
    »Wofür? Es ist nur recht und billig, daß man um einen Menschen weint, der einem sehr nahe steht.«
    »Ich liebe meinen Bruder.«
    »Vielleicht finden wir ihn…«
    »Er ist da!« Clarissa hatte den Satz zischend ausgesprochen. Ich konnte ihn nicht sehen, weil ich mit dem Rücken zur Tür saß. »Stavros steht noch am Eingang.«
    »Kommt er?«
    »Bis jetzt schaute er nur und begrüßte Bekannte. Macht eine ziemliche Schau. Trotzdem kommt er mir irgendwie unsicher vor, sogar gehetzt.«
    »Vielleicht hat er auch ein Gewissen«, sagte ich.
    »Der?«
    »Ist doch möglich.«
    »Mal sehen. Er geht jetzt zur Theke, du kannst ihn gleich sehen.«
    Ich drehte mich nach links. Tatsächlich erschien Stavros in meinem Blickfeld. Er trug noch immer sein verwaschen wirkendes Jeanshemd und dazu eine weiße Hose, die sehr weit geschnitten war und an den Hüften von einem breiten Gürtel gehalten wurde.
    Stavros gehörte zu dem Typ klassischer Grieche, den manche Frauen aus dem Norden so mochten. Hochgewachsen, mit einer guten Figur, schwarzhaarig, zudem lockig und mit dem Siegerlächeln im braungebrannten Gesicht. Auch jetzt lächelte er, als er die Männer an der Theke begrüßte. Clarissa hatte recht gehabt. Sein Lächeln wirkte mehr wie ein schiefes Grinsen. Er stellte sich auch so hin, daß er in das Lokal schauen konnte. Hatte er uns gesehen?
    Noch nicht. Sein Blick glitt zunächst in die andere Richtung des Restaurants.
    Ich schaute Clarissa an. »Du hast Angst, nicht wahr?«
    Sie lächelte vage und spielte wieder mit dem Glas. Dann strich sie eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Es war eine hektische Bewegung. »Ich weiß es nicht«, sagte sie.
    »Ist es Stavros?«
    »Vielleicht.« Sie änderte jetzt ihre Meinung. »Er… er hat einen Ausdruck in den Augen, der mir nicht gefällt.«
    »Hat er dich gesehen?«
    »Ja.«
    »Ist es schlimm?«
    »Er wird bestimmt nicht wissen, daß ich dir gefolgt bin.« Sie beugte sich
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