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Das Blut der Medusa

Das Blut der Medusa

Titel: Das Blut der Medusa
Autoren: Jason Dark
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    Das Bild zeigte eine Medusa. Nur einen Kopf, ein Gesicht, das wunderschön war, allerdings weniger die Haare, denn die bestanden aus Schlangen, wie es sich für eine Medusa nun einmal gehörte. Der Künstler hatte sie herrlich naturalistisch gemalt. Wenn das Licht in einem bestimmten Winkel auf das Bild fiel, konnte der Betrachter den Eindruck bekommen, als würden die Schlangen leben und sich dabei bewegen. Aber sie waren nur gemalt, wie die anderen Bilder auch. Sie zeigten fast nur Szenen aus der Antike. Da war Circe zu sehen oder Flora, die Göttin der Blumen. Aber auch handfeste Erotik hatten die alten Meister zu zeichnen gewußt. Mein lieber Schwan, da wurde es sogar einem alten Nachtwächter noch leicht blümerant.
    Seine Schritte waren lautlos, weil er sich auf dem Teppich bewegte. Allein dieser Tatsache konnte Fritz Hoppitzan es verdanken, daß er dieses komische Geräusch hörte.
    Zuerst glaubte er an eine Täuschung, an ein Ohrensausen vielleicht. Mit den Ohren hatte er nämlich zu tun. Sicherheitshalber war er nicht mehr weitergegangen, konzentrierte sich und wartete darauf, daß sich das Geräusch wiederholte.
    Das geschah tatsächlich.
    Wieder dieses leise Zischen.
    »Ein Gashahn!« flüsterte er. »Verdammt, da muß ein Gashahn nicht geschlossen sein. Diese Idioten…«
    Der Idiot war er selbst. Nach kurzem Nachdenken kam er zu dem Entschluß, daß keine Gashähne vorhanden waren, die hätten geöffnet werden können. Also hatte das Geräusch eine andere Bedeutung. Aber welche?
    Er überlegte, horchte und stellte fest, daß es aus dem zweiten Raum gedrungen war, wo auch dieses unheimliche Medusenbild hing. Er mußte nachsehen.
    Nicht, weil er so pflichtbewußt war — die paar Schillinge, die er für diesen Job bekam, ließen ihn die Pflicht vergessen — , nein, es gehörte eine große Portion Neugierde zu seinen Eigenschaften, und dazu stand Fritz Hoppitzan auch.
    Er zählte zu den Menschen, die schon mit dreißig graues Haar bekommen hatten. Jetzt — noch einmal so alt — war dieses Haar nicht mehr grau, sondern schneeweiß. Er hätte es längst wieder schneiden lassen sollen, doch die Nachbarin, die dies immer tat, war seit drei Wochen in Urlaub, und so wuchs die weiße Wolle am Hinterkopf über den Rand der Mütze hinweg in den Nacken.
    Es gab nur Durchgänge und keine Türen, die hätten verschlossen werden können. Auch die Teppiche setzten sich fort, und so betrat der Nachtwächter den Nachbarraum ebenso leise, wie er zuvor gegangen war — und hörte wieder das Zischen.
    Diesmal lauter, näher…
    Er rührte sich nicht. Sehr bedächtig drehte er den Kopf nach links. Wenn ihn nicht alles täuschte, war das Geräusch aus dieser Richtung gekommen.
    Aber dort befand sich nur die Wand mit den Bildern, natürlich unterbrochen von den hohen Fenstern.
    Er ging hin.
    Allmählich kristallisierten sich die Gemälde vor seinen Augen. Sie tauchten aus dem Licht der Notbeleuchtung hervor wie spukhafte Gestalten. Ihre Farben, so alt sie auch sein mochten, zeigten noch immer eine gewisse Leuchtkraft, vor allem die, mit denen das Bild der Medusa gemalt worden war.
    Ein wunderbares Antlitz, das etwas Edles an sich hatte. Ein Gesicht, das zu einer Königin gehören mußte. Eine herrliche Frau. Hätte sie gelebt, Himmel, er wäre hin-und hergerissen gewesen. Das fand man heute nicht mehr. Das Zischen blieb.
    Es unterbrach seine Gedanken, was Fritz Hoppitzan wiederum als sehr ärgerlich ansah. Er wollte sich nicht stören lassen. Zu seiner Ausrüstung gehörte natürlich eine Taschenlampe. Da er eine Uniform trug und diese auch ein Koppel besaß, hatte er die Taschenlampe an das Koppel gehängt. Jetzt löste er sie.
    Der Lichtstrahl war einfach zu grell für dieses weiche Licht. So etwas tat direkt weh.
    Hoppitzan hielt die Hand so, daß der Kegel ein Ziel treffen konnte. Es war das Medusenbild.
    Eine Göttin mit dem Gesicht eines Engels. So wunderbar glatt die Haut, so herrlich die Augen. Pupillen, die sich nicht bewegten und trotzdem lebten. Der sinnlich geschwungene Mund, darüber die kleine, gerade Nase, die perfekten Bögen der Brauen, die samtene Stirn und im harten Kontrast dazu — die widerlichen Schlangen.
    Schlangen als Haare!
    So etwas war schlimm und furchtbar. Zudem mochte Hoppitzan keine Schlangen. Es gab wenige Tiere, vor denen er sich fürchtete oder ekelte, aber Schlangen standen an der Spitze. Als Kind schon hatte er sie widerlich gefunden.
    Er war mit den anderen
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