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Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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Er war nur ein Schmerzhändler, der gierig alle ausnutzen wollte, die sich keine richtige Heilung leisten konnten. Aber der Erhabene hätte Sorgfalt walten lassen müssen. Er war das Oberhaupt der Gilde, daher war es seine Verantwortung, die Heiler zu schützen, nicht sie zu benutzen.
    Nein, die beiden waren schreckliche Männer. Ich sollte keine Schuld empfinden, weil ich sie getötet hatte.
    Wieder sah ich vor meinem geistigen Auge den roten Nebel an den Wänden des Amtszimmers des Erhabenen. Das war alles, was von ihm und Zertanik nach dem Blitz übrig geblieben war, aufgelöst durch die Schmerzen, die ich aus dem Block freigesetzt hatte. Meine Schuld blieb. Ich hatte gewusst, dass es uns töten würde, hatte es aber dennoch getan, um Tali und die anderen Lehrlinge zu retten.
    Ich hatte nur geglaubt, es würde auch mich töten.
    »Wenigstens kennen sie deinen richtigen Namen nicht«, sagte Aylin, aber ihre Stimme zitterte.
    Ich zitterte auch ein bisschen. »Sieht mir das Bild so ähnlich, wie ich glaube?«
    Danello nickte, obgleich offensichtlich ungern. »Aber jetzt siehst du anders aus.«
    Wie Tali hatte ich meine blonden Locken kurz geschnitten und dann braun gefärbt. Aylin hatte ihre Haare baseerischwarz gefärbt, aber das hatte ich nicht übers Herz gebracht. Danello hatte sein blondes Haar behalten, da ihn weniger Menschen zu Gesicht bekommen hatten. Diese kleinen Veränderungen waren keine Spitzentarnung, aber nur wenige Gildenmitglieder hatten unsere Gesichter wirklich deutlich gesehen. Zumindest jene nicht, die noch lebten.
    »Vielleicht erkennt dich keiner«, sagte Aylin.
    »Vielleicht.« Ich verfluchte mich, weil ich das gesagt hatte. Für mich sollte es kein Vielleicht mehr geben. Aber vielleicht war nie Schluss mit den Vielleichts.
    »Die Steckbriefe sind in der ganzen Stadt verteilt«, sagte Aylin und warf ihren Hut auf den Tisch. Aus Holz geschnitzt, mit Intarsien aus Onyx. Ein Vermögen wert. Vielleicht genug, um für die Bestechungen zu zahlen, die wir für die Überfahrt zum Festland brauchten, wenn wir flohen. Mit der ausgesetzten Belohnung war eine Flucht noch schwieriger geworden.
    Aber wovor fliehst du?
    »Soldaten schlagen sie an«, fügte Danello hinzu. »Viele Leute sind darüber nicht glücklich. Wir haben gesehen, wie einer der Händler den Steckbrief direkt vor den Soldaten runtergerissen hat. Er hat dich eine Heldin genannt.«
    Heldin und Mörderin, alles am selben Tag.
    »Sie haben das Bild wieder angenagelt, und er hat es wieder abgerissen.« Danello schüttelte den Kopf. »Du hättest ihn sehen sollen.«
    »Und dann haben sie ihn zusammengeschlagen, und wir sind schleunigst abgehauen«, sagte Aylin.
    Menschen, die ich nicht einmal kannte, wurden verletzt, weil sie mich verteidigten. Eine schöne Heldin. Ganz gleich, was ich tat, irgendjemand musste leiden.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Danello.
    Überhaupt nicht. »Damit habe ich nicht gerechnet.«
    »Du hast gewusst, dass der Herzog dich sucht.«
    »Nein, das meine ich nicht. Es ist der Händler. Menschen, die sich für mich einsetzen.«
    Aylin war empört. »Du hast dreißig Heilern das Leben gerettet, hast verhindert, dass der Erhabene Gevegs Pynvium klaut und im Prinzip dem Herzog ins Auge gespuckt. Völlig logisch, dass sich Leute für dich einsetzen.«
    »Ich wäre glücklicher, wenn sie es nicht täten.« Ich hatte bereits mehr Verantwortung als Taschen dafür. Aber das konnte ich ändern. Ich musste nur alle von Geveg fort in Sicherheit bringen. Ich wollte nichts mehr, als bei ihnen zu stehen und zu kämpfen. Wie Mama. Wie Papa. Wie Großmama.
    »Du bist jetzt eine Heldin. Gewöhn dich ruhig daran.«
    Ich betrachtete das Bild erneut. Oder eine Mörderin, das hing davon ab, wen man fragte.
    Heftiges Klopfen an der Vordertür.
    »Erwartest du jemanden?«, fragte Danello leise.
    »Soldaten, die uns festnehmen wollen?«, meinte ich scherzend, aber es klang nicht lustig. Danello tätschelte meine Hand und bedeutete mir zu bleiben. Ich stellte mich mit Aylin hinter einen Türstock, während er aus dem Fenster spähte.
    »Es ist das Weib, das die Miete kassiert«, flüsterte er.
    Mein Magen verkrampfte sich. Wir hatten vorige Woche für den gesamten Monat bezahlt.
    »Vielleicht geht sie wieder«, sagte ich.
    Erneutes, lautes Klopfen widersprach.
    Danello streckte beide Hände aus. »Was soll ich machen?«
    Noch mehr Klopfen. Wenn das Weib so weitermachte, würde sie Aufmerksamkeit erregen. Soek kam mit einem tropfenden
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