Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
ankommen und feststellen müssen, dass kein Platz für uns war.
    Oder noch schlimmer. Wir würden herausfinden, dass der Herzog sich doch für Süßkartoffeln interessierte und es keinen Ort gab, zu dem wir fliehen konnten.
 
    »Können wir auch etwas davon für uns behalten?«, fragte Tali, als wir die Schubladen in Zertaniks Arbeitszimmer durchstöberten. Sie ließ eine Kette aus rosenfarbenen Perlen von den Fingern baumeln.
    »Wir müssen so viel verkaufen, wie wir können. Wir wissen nicht, wen wir bestechen müssen oder wie lang es dauert, ehe wir Arbeit finden, nachdem wir einen Platz zum Leben gefunden haben.«
    »Was ist, wenn wir keinen Platz finden?«
    »Wir werden. Gib mir bitte das Messer. Diese Schublade ist verschlossen.«
    Tali streifte die Kette über den Kopf und gab mir das Messer. »Die Hälfte der Schubladen und Schränke in diesem Haus sind verschlossen. Zertanik hat den Menschen wirklich nicht getraut, richtig?«
    Ich stemmte das Messer ins Schloss. »Er war selbst ein Dieb.«
    »Ja, das erklärt so Einiges.«
    Das Schloss ging auf, und ich zog die Schublade auf. Auf dem Boden lag ein Stapel Papiere, alle fein säuberlich beschrieben. Wie Papa zu schreiben pflegte.
    Das sind komische Briefe, Papa. Was tun die?
    Sie helfen mir, dem Pynvium beizubringen, Schmerzen zu halten, Nya-Schätzchen.
    Pynvium redet mit dir?
    Nein, aber es hört zu.
    »Nya?« Tali berührte meinen Arm, und ich ließ die Seiten sinken. Sie flatterten auf den Teppich. »Was ist denn los?«
    »Nichts. Es ist ... nichts.« Ich griff nach den Seiten, ehe sie diese sah, aber sie hob eine schnell auf.
    »Papa hat so geschrieben.«
    »Ich weiß.«
    »Zauberzeichen.«
    Es überraschte mich, dass sie sich daran erinnerte. Sie war sieben, als er starb, und im Jahr davor hatte er nur wenig Magie betrieben. Wie alle in Geveg war er damit beschäftigt gewesen, in einem verlorenen Krieg zu kämpfen.
    Sie starrte auf die Seiten. Tränen traten ihr in die Augen. Sie wischte sie weg. »Sind die etwas wert?«
    »Ich weiß nicht. Schätze, das hängt vom Zauber ab.«
    »Sie sind so leicht zu tragen. Wir sollten versuchen, sie zu verkaufen.« Sie sammelte die Papiere vom Boden auf und glättete sie. »Gibt es noch mehr?«
    »Ich habe nicht geschaut.«
    Sie wühlte in der Schublade und zog eine dünne Pynviumplatte heraus, so groß wie ein Buch. In das Metall waren Zeichen eingraviert, eine ebenso fein säuberliche Handschrift wie die auf den Papieren. Mir lief es eiskalt über den Rücken.
    »Ooo, wie hübsch.« Sie fuhr mit den Fingern über die Zeichen. »Das ist viel wert, allein schon für das Pynvium. Sieh mal, wie blau das Metall ist. Es muss rein sein.« Sie reichte mir die Platte.
    Ich wich zurück. »Schon gut.«
    »Was ist los?« Sie blickte mich komisch an, dann das Pynvium. »Es beißt nicht.«
    »Ich ...« Ich wollte es nicht berühren. Wollte nicht einmal im selben Raum damit sein, aber ich konnte nicht sagen, weshalb. »Leg es zurück.«
    »Zurück? Hast du eine Ahnung, wie viel das wert ist?«
    Bei der bestehenden Knappheit an Pynvium war es wohl mehr wert als alles andere im Haus. Trotzdem wollte ich es nicht in meiner Nähe haben. »Aber es ist ... falsch.«
    Tali schaute mich an, als hätte ich den Verstand verloren. So wie ich fühlte, mochte das stimmen. »Gut, jetzt ist es weg«, sagte sie, legte es in die Schublade und schloss sie.
    Trotzdem vermochte ich es zu fühlen, obwohl ich nie im Leben imstande gewesen war, Pynvium zu fühlen. Ich hatte ja nicht einmal das hier gefühlt, bis ich es gesehen hatte. Ich fühlte nicht, was Tali beschrieben hatte, als sie versucht hatte, mir beizubringen, Schmerzen in Pynvium zu schieben, wie ein echter Heiler. Kein Ruf, kein Summen, nur ein leichtes Flattern am Boden meines Magens.
    Es konnte auch nicht meine Fähigkeit zu schiften sein. Schmerzen von einem Menschen zu einem anderen zu schieben, hatte nichts mit diesen Zeichen zu tun. Aber irgendwas war todsicher nicht in Ordnung.
    »Ich gehe und untersuche die Bibliothek«, sagte ich und sprang auf die Beine.
    »Nya!«
    Ich ignorierte sie. Ich wollte nur weg aus diesem Raum, weg von dem Pynvium. Ich schloss die Tür zur Bibliothek und ließ mich in einen Sessel sinken, der groß genug für Tali und mich war. Das Zittern ließ nach, aber mein Unwohlsein blieb.
    Was stimmte nicht mit diesem Pynvium? Noch nie hatte ich so in seiner Gegenwart empfunden.
    Eine Truhe mit eingeschnitzten Zauberglyphen und einem blauen Band um die Klappe.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher