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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen
Autoren: Rachel Hore
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quälte sich herum mit dem, was er getan oder nicht getan hatte. Wenn er doch nicht so schnell gefahren wäre. Wenn er sich nur mehr konzentriert hätte, wäre ihm der Stolperdraht vielleicht rechtzeitig aufgefallen. Schlimmer, sogar noch viel schlimmer war die Tatsache, dass irgendein Instinkt ihn dazu veranlasst hatte, das Steuer herumzureißen – nicht bewusst. Das hätte er niemals getan! Doch wie dem auch sei – er war ausgeschert. Und Gray saß an der Seite des Fahrzeugs, die mit voller Kraft von der Explosion erwischt worden war.
    Sie schickten ihn zu jemandem, um zu reden. Es half ein bisschen, aber nicht viel. Schließlich hatten sie befunden, er solle für drei Monate Urlaub zu Hause machen. Und hier war er nun, am Ende dieser Auszeit, noch immer verwirrt und voller Hass auf sich selbst.
    »Sie waren alle so verdammt nett! Man hat mich mit Freundlichkeit gefoltert«, sagte er.
    Niemand hatte ihm die Schuld gegeben, nicht einmal Grays Familie. Wie sie Grays Tod annahmen und Anthony versöhnlich begegneten, war schon außergewöhnlich. Als sie vorgeschlagen hatten, dass er in ihrem Ferienhaus in Saint Florian wohnen sollte, hatte er das Angebot dankbar angenommen. Hier konnte er eine Verbindung zu Gray aus glücklicheren Tagen spüren.
    »Bist du wieder bereit?«, fragte Lucy, als sie spürte, dass sie fragen konnte. »Dahin zurückzugehen, meine ich.«
    »In gewisser Weise, ja«, antwortete er. »Ich bin hier in einem Vakuum. Ich muss etwas tun.«
    »Aber andererseits …?«
    Sie beobachtete ihn, während er seine Zigarette rauchte. Eine Weile sagte er nichts und lag nur nachdenklich da.
    Dann sagte er: »Ist Gray für eine gerechte Sache gestorben? Es ist sehr schwierig, das zu beurteilen. Aber ich muss daran glauben, sonst kann ich nicht zurückgehen. Wie könnte ich?«
    »Musst du denn zurückgehen? Wenn du es nicht willst, meine ich?«
    »Aber ich will es«, entgegnete er. »Ich habe das Gefühl, das bin ich Gray schuldig – und all den anderen. Wenn ich hierbleiben würde, wäre das, als würde ich desertieren. Ich muss es tun!«
    Lucy seufzte. Sie verstand es nicht wirklich – wie auch? Aber eine Ahnung davon hatte sie schon. Was er erzählte, erinnerte sie an Beatrice. Alles drehte sich um die Pflicht, ja, aber auch um Liebe – darum, sich nicht selbst an die erste Stelle zu setzen.
    »Wirst du dein Gleichgewicht wiederfinden?«, fragte sie.
    »Ich glaube, am Ende schon.« In der Dunkelheit spürte sie, wie seine Hand nach ihrer tastete. »Es ist merkwürdig«, sagte er. »Wir kennen uns kaum. Und trotzdem habe ich auf einer tieferen Ebene das Gefühl, dass wir uns schon lange kennen.«
    Er rollte sich auf die Seite und sah ihr in die Augen. Sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht. Sie streckte ihre Hand aus und berührte die Haut an seinem Kinn, die rau wie Schmirgelpapier war, und dann seine weichen Lippen.
    »Lucy, meine Lucy«, flüsterte er, nahm ihre Hand und küsste die Fingerspitzen. Dann beugte er seinen Kopf und schmiegte seine Lippen an ihren Mund. Sie zog ihn an sich, und eine Weile gab es keinen Bedarf für Worte.
    Nachher in seinen Armen einzuschlafen, kam ihr vollkommen natürlich vor. Sie spürte, dass sie dort war, wo sie hingehörte.

NACHBEMERKUNG
    Beatrice Marlow ist zwar eine erfundene Figur, aber sie ist inspiriert von verschiedenen SOE-Agentinnen aus dem wirklichen Leben, unter anderem Violette Szabo und Odette Churchill, die kleine Kinder hatten. Vielen Büchern über den Zweiten Weltkrieg schulde ich Dank, besonders jenen über die SOE-Sektion F (geleitet von Maurice Buckmaster und Vera Atkins) und über die FANY. Zu ihnen gehörten: A Life in Secrets von Sarah Helm, Carve Her Name With Pride von R. J. Minney, Odette von Penny Starns, Debs at War von Anne de Courcy, In Obedience to Instructions von Margaret Pawley, London at War von Philip Ziegler, How We Lived Then von Norman Longmate und Cornwall at War von Peter Hancock. Hilfreich war auch ein Artikel über den Pluckley Remontehof, den ich unter www.kentfallen.com fand, ebenso die wunderbare Memoiren von Emma Smith, die zwischen den Kriegen in Cornwall aufwuchs: The Great Western Beach .
    Mein Dank gilt Bill Etherington, dessen Artikel im Eaton Parishes Magazine über die FANY den Stein ins Rollen brachte, Frank Meeres vom Norfolk Record Office, der so freundlich war, mein Manuskript zu lesen, Sarah Hammond und Roger Pearson, die mich zum Thema Segeln beraten haben, und meiner Mutter Phyllis, die mich aufgezogen und
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