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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen
Autoren: Rachel Hore
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dich.‹
    ›Vielen Dank‹, erwiderte ich.
    ›Das mit all dem anderen Kram tut mir leid.‹ Ich nahm an, dass er Tommy meinte.
    Ich murmelte etwas in der Art, dass es ja nicht sein Fehler sei. Das war es natürlich auch nicht. Er hatte mich vor dem gefährlichen Reiz der Wincantons gewarnt. Auch er war ein Außenseiter, und ich bedauerte ihn.
    ›Bestimmt hast du das von Gerald gehört‹, sagte er.
    Das hatte ich, von Rafe natürlich, und es tat mir sehr leid. Einen Monat zuvor war Gerald mit dem Schiff auf der Rückreise nach England, als es von einer Mine getroffen wurde. Ein Stück Metall, das bei der Explosion umherflog, erwischte ihn im Gesicht und schlitzte es bis auf die Knochen auf – eine furchtbare Verletzung. Obwohl die Ärzte ihr Bestes getan hatten, verlor er ein Auge und litt ständig unter Schmerzen.
    Ich fragte Peter, was er nun mache, und er antwortete, dass er seit Kurzem bei Sotheby’s arbeite. ›Das wird eine interessante Zeit‹, sagte er, und heute wissen wir natürlich, was er damit gemeint hat. Sehr viel Beutekunst musste aufgespürt und identifiziert werden, und das wurde Peters Spezialgebiet.
    Wir waren erst zwei Wochen in unserer neuen Wohnung, als wir Besuch von Michael Wincanton bekamen. Ich fand, dass er viel älter aussah als bei unserer letzten Begegnung. Das ist auch kein Wunder, dachte ich, als er uns erzählte, unter welchem Druck er gestanden hatte: Die Frau, mit der er sich während des Krieges häufig getroffen hatte – diejenige, die ich zum Cadogan Square hatte fahren müssen –, entpuppte sich als ziemliches Problem. Die genauen Umstände habe ich vergessen, aber sie hatte vor dem Krieg in Russland gelebt und war die Geliebte eines Handlangers von Stalin gewesen. Niemand wusste genauer, was sie dort gemacht hatte oder ob sie während des Krieges mit ihrem Geliebten in Kontakt geblieben war. Aber du kannst dir den Skandal vorstellen, als das an die Öffentlichkeit drang! Und danach war es mit seiner politischen Karriere im Grunde vorbei.
    Michael erkundigte sich nach meinem Vater und sagte dann, als ob wir das nicht erraten hätten: ›Ich bin wegen Tommy gekommen.‹ Angie wollte einen Waffenstillstand. Wenn Tommy bei ihr und Gerald bleiben dürfte, dann würde es mir erlaubt sein, ihn regelmäßig zu sehen. Michael schlug vor, dass ich die gerichtlichen Schritte aufgab und wir alle versuchen sollten, Freunde zu sein.
    Ich habe mich schrecklich darüber aufgeregt und leider die Beherrschung verloren. Es kam alles völlig durcheinander heraus – die ganze Wut, die sich in mir aufgestaut hatte. Er muss gedacht haben, ich hätte den Verstand verloren. Ich habe ihm alles Mögliche vorgeworfen. Für manches davon war er, wie ich später erkannte, unmöglich verantwortlich zu machen: Ich habe ihm vorgeworfen, dass er mich auf verschiedene Art benutzt hätte, dass er mich nach Frankreich geschickt und sich nicht darum gekümmert hätte, was aus mir wurde. Rafe tat sein Bestes, um mich zu beruhigen – auch er war entsetzt.
    Michael saß nur da und hörte mir mit ziemlich blassem Gesicht zu. Ich weiß nicht, was er erwartet hatte, aber bestimmt nicht diese tobende Irre. Bald danach ging er fort.
    Rafe und ich sprachen lange darüber, und schließlich willigte ich ein, das zu tun, was Angie wollte. Es schien das Beste für Tommy zu sein, und das ist doch der allerwichtigste Grund für eine Mutter. Aber Angie hielt ihren Teil der Abmachung nicht ein. Ich habe Tommy ein paarmal besucht, allerdings als Tante Beatrice, und Angie war äußerst vorsichtig – wahrscheinlich war mein Ausbruch gegenüber ihrem Vater nicht sehr hilfreich gewesen. Tommy war ein sehr hübscher kleiner Junge, wenn auch ein bisschen schüchtern und unsicher. Er hatte so ein süßes Gesicht, das mich an Guy erinnerte! Kurze Zeit später wurde Gerald von seinem Regiment für drei Jahre nach Hongkong geschickt, und Angie und Tommy sollten ihn natürlich begleiten. Und dann habe ich schließlich das getan, was, wie ich einsah, das Beste für Tommy war – ich habe die Papiere für seine Adoption unterschrieben. Damals wusste ich nicht, dass ich ihn erst am Tag von Angies Begräbnis wiedersehen würde.«
    Beatrice schwieg, ihre Gedanken waren weit weg.
    Nach einer Weile sagte Lucy: »Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du auf der Beerdigung warst. Als wir uns hier das erste Mal getroffen haben, bist du mir bekannt vorgekommen, aber ich dachte, das wäre so, weil du irgendwie zur Familie gehörst. Aber du
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