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Das Archiv

Das Archiv

Titel: Das Archiv
Autoren: Leo Frank
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können. Sie sahen alle gleich aus.
    »Hallo, Mister Cooper«, sagte Bill und erhob sich vom Sessel. Sie schüttelten sich die Hände und grinsten freundlich. »Bill Weiss, wenn ich nicht irre«, sagte Mr. Cooper. »Genau«, sagte Bill, »Sie haben mich lange warten lassen, ich hab’ einen Riesenhunger, Herr Ober!« Bill bestellte Tachina und stuffed eggplants, Mr. Cooper ein Steak, well done.
    »Sie sehen sehr frisch aus für einen Mann, der seit drei Tagen tot ist«, sagte Mr. Cooper.
    Bill meinte, er habe sich das Sterben auch anstrengender vorgestellt. Und ob es Mr. Cooper recht sei, wenn man jetzt vom Geschäft rede.
    Mr. Cooper war das sehr recht. Deshalb sei er schließlich gekommen.
    »Ich sagte schon am Telefon, ich akzeptiere alles, was Sie mit Herbert ausgehandelt haben«, leitete Bill ein. Cooper lächelte diplomatisch: »Nur, Herr Weiss, Sie können die Handelsbedingungen ja gar nicht kennen. Oder doch? Ich meine, Sie haben mit Ihrem Freund Winkler ja nur kurz telefoniert. Er konnte nicht ahnen, daß er, na ja, daß er kurz danach sterben würde.«
    Bill meinte, das sei schon richtig. Trotzdem aber kenne er im groben die Geschäftsbedingungen. Weil er seinen Freund gekannt hatte. Ganz einfach deshalb. »Dann sagen Sie es mir«, sagte Cooper. »Wenn Sie es wissen, dann nennen Sie mir das Wesentliche unserer Vereinbarung.« Er legte seine linke Hand auf eine kleine Ledertasche, die er auf die Tischplatte gelegt hatte. Bill grinste:
    »Ich sag es Ihnen. Viel Geld für einen kleinen Schlüssel.«
    »Und Sie haben den Schlüssel?«
    »Ja«.
    »Haben Sie sich überzeugt, daß …«
    »Ja.«
    »Zu welchem Safe und zu welcher Bank gehört der Schlüssel?«
    »Das steht drauf. Auf dem Schlüssel.«
    »Dann geben Sie ihn mir.«
    Mr. Cooper streckte seine rechte Hand aus. Bill sah in diese gepflegte Handfläche. Dann sah er sich im Lokal um. Die beiden Schwarzhaarigen waren gegangen. Das junge Paar las noch immer Zeitung. »Ich kenne leider die Höhe der Summe nicht und auch nicht die Zahlungsmodalität«, sagte er. Mr. Cooper nahm die Hand wieder zurück. »Zwanzigtausend Deutsche Mark bei Übergabe des Schlüssels«, sagte er. »Der Gesamtbetrag ist zweihunderttausend Deutsche Mark. Dieser Betrag abzüglich der auszuzahlenden zwanzigtausend liegt auf einer Bank in Zürich. Das Konto ist vinkuliert. Die Vinkulation läuft auf Kennwort. Dieses Kennwort erfährt der Verkäufer zehn Tage nach Übergabe des Schlüssels. Diese Frist scheint für die Überprüfung notwendig und angemessen. Der Betrag ist einbezahlt, Bankpapiere und Kontonummer werden mit den Zwanzigtausend bei Übergabe des Tresorschlüssels ausgehändigt. Das Konto ist für den Verkäufer vorläufig blockiert, also ohne Kennwort bedeutungslos.«
    »Und wie erfährt der Verkäufer das Kennwort?«
    »Das kann er sich aussuchen. Schriftlich, mündlich oder telefonisch, ganz wie er will. Am einfachsten, Sie rufen mich nach zehn Tagen an. Ich werde es Ihnen dann sagen, vorausgesetzt, das Archiv ist in unserem Besitz und die Identität überprüft.«
    »Herbert hatte großes Vertrauen zu Ihnen, nicht wahr?« Bill lächelte.
    »Ja. Auch wir zu ihm.« Mr. Cooper lächelte nicht. Der Ober kam und fragte, ob noch etwas gewünscht würde. Mr. Cooper wollte nichts mehr. Bill bestellte noch ein Bier. »Die Zwanzigtausend«, sagte er, »die Zwanzigtausend und die Bankpapiere sind in dieser Tasche, nicht wahr?« Mr. Cooper nickte. Er hielt immer noch die Hand darauf. »Gut«, sagte Bill fröhlich, »einverstanden.«
    »Sie vergessen den Schlüssel«, sagte Mr. Cooper sachlich. »O nein, wie könnte ich. Der Schlüssel ist schon bei Ihnen. Unter ihrem rechten Ellbogen. Er klebt an der Unterseite der Tischplatte. Mit einem Kaugummi angepickt. Ich hoffe, es stört Sie nicht, der Kaugummi wird noch feucht sein.« Mr. Cooper griff unter die Tischplatte. Er las kurz die Nummer des Schlüssels und den Namen der Bank, dann wickelte er ihn mitsamt Kaugummi in sein Taschentuch, steckte das Tuch ein. Er nahm seine Brille ab, um sie gleich darauf wieder aufzusetzen. Die zeitunglesende Dame vom Nebentisch stand auf und ging wieder telefonieren. »Wir könnten uns noch ein wenig privat unterhalten«, sagte Mr. Cooper. »Wenn es Ihnen recht ist.« Ihm sei das sehr recht, meinte Bill.
    »Aber lassen Sie endlich die Ledertasche los, immerhin gehört sie jetzt mir.«
    Der Ober brachte gerade das Bier. Mr. Cooper wollte nun plötzlich doch noch etwas trinken. Einen Sherry vielleicht?
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