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Das Aktmodell

Das Aktmodell

Titel: Das Aktmodell
Autoren: Jina Bacarr
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jetzt?, scheint sein Gesicht zu sagen.
    Er hustet, wischt sich den Schweiß von der Stirn und zeigt auf meine Füße. Stimmt was nicht mit mir? Ich schaue nach unten. Oh! Ich stecke bis zu den Knöcheln in pinkfarbenem Nylon. Ich verlagere das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Die hölzerne Plattform knarrt. Ziemlich laut sogar. Ich sollte mich wohl besser beeilen. Okay, okay. Lässig kicke ich meinen Slip von der Plattform. Jetzt bin ich nur noch mit Schweiß bedeckt und ansonsten splitterfasernackt. Ich grinse.
    Der alte Maler nickt, greift zu seiner Zeichenkohle und wartet offensichtlich darauf, dass ich eine verführerische Pose einnehme. Ich halte eine Hand vor mein Schambein. Das sieht bestimmt ziemlich blöd aus. Ich muss mich entspannen. Mutig sein. Ein kühler Schauer überläuft mich und führt dazu, dass meine Brustwarzen sich aufrichten. Jetzt weiß ich, wie sich Männer fühlen, wenn sie mitten in einem wichtigen Meeting einen Ständer bekommen. Allerdings können die das dann hinter der wöchentlichen Marktstatistik verbergen. Aber ich? Ich fühle mich so nackt wie ein fettarmer Burger ohne Brötchen.
    Ich weiß, Sie sitzen wahrscheinlich grad in Ihrer bequemen Jogginghose auf dem Sofa, kneifen in Ihre Oberschenkel und schütteln den Kopf bei der Vorstellung, dass sich eine Frau in den Dreißigern vor irgendjemand anderem nackt auszieht als vor ihrem Frauenarzt.
    Tragen Sie es mit Fassung. Es ist kein schöner Anblick.
    Ich bin alles andere als schlank, und deshalb ist es noch skandalöser.
    Es soll endlich mal was Aufregendes passieren in meinem Leben, selbst wenn es mich meinen neuen
La Perla
-Slip kosten sollte. Im Immobiliengeschäft passiert niemals etwas Spannendes, auch wenn ich die Hoffnung noch nicht völlig aufgegeben habe, irgendwann mal Donald Trump zu begegnen, wenn er sich gerade mal wieder zwischen einem Bankrott und seiner nächsten Frau befindet.
    Leider habe ich nicht mehr allzu viel Zeit, mich als Model-Praktikantin zu bewähren. Ich bin vierunddreißig, und mein Bauch ist inzwischen nicht mehr süß und klein, seit David sich mit meinem Herz aus dem Staub gemacht und dabei meine Disziplin gleich mitgenommen hat.
    Die Idee, hier nackt Modell zu stehen, erregt mich. Es ist der unwiderstehliche Drang, etwas Verbotenes zu tun, ohne dabei gleich meine Karriere aufs Spiel zu setzen. Es ist eine neue Seite meiner Persönlichkeit, die ich mich bisher nie getraut habe zu erforschen. Bis jetzt war mein Leben einfach schrecklich langweilig und konservativ in jeder Beziehung. Obwohl mich die Forderung des Malers zunächst mal schockiert hat, finde ich sie auch äußerst reizvoll. Außerdem würde ich David gerne beweisen, dass ich immer noch ziemlich scharf aussehe!
    Ich knirsche mit den Zähnen. Allein schon der Gedanke an David lässt mich zusammenzucken. Wenn ich daran denke, wie er mich benutzt hat, um an diesen großen Immobiliendeal in Wyoming ranzukommen … Schon damals hätte ich mich eigentlich von ihm trennen müssen.
    Aber leider konnte er mich mühelos um den Finger wickeln mit seiner “Ich tu das doch nur für uns”-Masche. Ich habe alle meine Bedenken in den Wind geschlagen und protestierte auch nicht, als er mein Höschen nach unten zog und mich mit seinen Lippen dort schneller überzeugte, als Worte es je gekonnt hätten.
    Sogar meine Mutter warnte mich vor David und meinte, er sei auf der Suche nach scharfen Kurven mit einem dicken Konto. Ich habe natürlich nicht auf sie gehört. Dabei sollte sie es wissen, wo sie sich doch gerade von ihrem dritten Ehemann scheiden ließ.
    Ich war nicht in der Stimmung für gut gemeinte Ratschläge, und deshalb schaltete ich mein Handy einfach aus. Meine Mutter kann mich nämlich mit ihren SMS in den Wahnsinn treiben. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich liebe meine Mutter, auch wenn sie Heiratsurkunden sammelt wie andere Frauen Rabattcoupons.
    Nur zu Ihrer Information: Ich ließ meine Mutter glücklich und zufrieden auf der schicken Rue-Honoré zurück, wo sie sich eigenhändig um den Abbau der französischen Staatsschulden kümmern wird, während ich durch das Quartier du Marais schlenderte.
    Ich war auf der Suche nach einem Poster oder einem Gemälde für meine eigene kleine Sammlung unentdeckter oder, um ganz ehrlich zu sein, billiger Talente, als ein Sommergewitter über die Stadt hereinbrach. Ein erfrischend kühler Wind kam von Westen auf und fegte über die mit blauen Schindeln gedeckten Dächer und durch die engen Gassen.
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