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Guardian Angelinos: Tödliche Vergangenheit (German Edition)

Guardian Angelinos: Tödliche Vergangenheit (German Edition)

Titel: Guardian Angelinos: Tödliche Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Roxanne St. Claire
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Prolog
    Cambridge, Massachusetts, 1978
    In dem Moment, als Sharon Mulvaney am Institut für Mikrobiologie den Behälter mit den drei versiegelten Ampullen hoch konzentrierter Botulinumtoxine in ihrer Handtasche verschwinden ließ, wurde sie zur Kriminellen.
    Das Schlimmste, was sie bis dahin verbrochen hatte, waren allenfalls ein paar Demos auf dem Campus vor dem Kuppelbau des MIT gewesen. Oder dass sie mit Sympathisanten der irischen Rebellen irischen Whiskey getrunken hatte. Aber dafür hätte man sie bestimmt nicht verhaftet. Auch dass sie einen Mann liebte, der intensive Kontakte zu IRA -Dissidenten hatte, machte sie nicht zur Gesetzesbrecherin, obwohl die Tatsache, dass er verheiratet und fast dreißig Jahre älter war, grenzwertig sein mochte.
    Auf den Diebstahl hochgiftiger Substanzen, die sie als angehende Doktorandin selbst synthetisiert hatte und die zur illegalen Lieferung nach Belfast bestimmt waren, stand jedoch ganz eindeutig eine beträchtliche Gefängnisstrafe.
    Wenn sie dabei wenigstens einen kleinen Nervenkitzel empfunden hätte. Aber der Thrill blieb aus. Vermutlich hatte sie gar keine dunkle, abgründige Seele, sondern bloß einen schwachen Willen, seufzte sie.
    Auf ihrem Weg über den Campus, der an diesem Winterwochenende einsam und verlassen wirkte, wurde sie von einem eisigen Wind geschüttelt. Sie zog sich ihren Schal über den Mund und die Mütze tief in die Stirn, während sie durch den schmutzigen, verharschten Schnee stapfte. Getrieben von der Angst, erwischt zu werden, klemmte sie ihre Schultertasche fest an ihren Daunenmantel und lief mit gesenktem Kopf weiter zu ihrer Wohnung.
    Es war selbst an einem warmen Frühlingstag ein gutes Stück Weg. Aber bei eisigen Minusgraden, mit genügend Nervengift in der Tasche, um ein ganzes Regiment britischer Soldaten lahmzulegen, und dem bohrenden Bewusstsein, gegen das Gesetz zu verstoßen und alles, was ihr lieb und teuer war, aufs Spiel zu setzen, wurde die Strecke zu einem brutalen Gewaltmarsch, der jeden Muskel in ihrem Körper schmerzen ließ.
    Als sie die Binney Street überquerte und in die Sixth Street bog, kribbelten ihr die Zehen vor Kälte, ihre Finger waren steif und taub, ihre Gehirnmasse ein einziger Eisklumpen, dass sie nicht einmal mehr rational denken konnte.
    Ihr Verstand hatte ohnehin längst ausgesetzt. Sharon war verliebt.
    Sie bog in ihre Straße und schob den Riemen der Tasche behutsam auf die andere Schulter. Die Tasche war zwar nicht schwer, doch die Last ihres Verbrechens drückte schwer auf Sharon Mulvaneys Herz.
    Manchmal müssen eben ein paar wenige für das Wohl vieler leiden.
    Hatte Finn das gesagt? Wie sie ihn kannte, war es eher so was gewesen wie: Tu es für mich, mein Mädchen, und ich werde … meine Frau für dich verlassen.
    Na klar. Glaubte sie das wirklich? Anscheinend ja, denn sonst hätte sie sich niemals auf eine dermaßen riskante Geschichte eingelassen.
    Sie umrundete einen Schneehaufen und stakste vorsichtig die Steintreppe zum Eingang ihrer Tiefparterre-Wohnung hinunter. Dabei überlegte sie sich bereits, was sie heute Abend anziehen wollte. Das schwarze Kleid, das er so mochte, mit dem breiten, goldfarbigen Gürtel, und dazu High Heels. Ihr Lover brachte das sexy Girlie in ihr zutage. Und offenbar auch die Kriminelle, dachte sie betroffen, während sie den Schlüssel umdrehte und die Haustür aufdrückte.
    »Hast du es?«
    Sie japste nach Luft, als sie seine Stimme hörte, und spähte ins Wohnzimmer, wo sie Finn sitzen sah, einen Drink in der Hand, die Dreihundert-Dollar-Slipper lässig auf ihrem Couchtisch, das Jackett offen, die Krawatte hing locker um seinen Hals. Seine Haare waren wild zerzaust, als hätte er nervös mit den Händen daran herumgespielt, während er auf sie gewartet hatte.
    Sharon schmolz augenblicklich dahin.
    »Ich hab’s«, sagte sie und hielt ihm die Tasche hin. Dann zog sie sich die Wollmütze vom Kopf und schüttelte ihre Haare, die vermutlich eine einzige Katastrophe waren. Zudem trug sie kein Make-up und sah in der dicken Daunenjacke bestimmt wie das Michelin-Männchen aus, seufzte sie im Stillen.
    Er machte keine Anstalten, ihr die Tasche abzunehmen. Er stand nicht mal auf, um ihr einen Begrüßungskuss zu geben. Stattdessen saß er betont lässig da, ein Mustermacho mit einem umwerfenden Sexappeal. Es war ihr ein Rätsel, wie ein dreiundfünfzigjähriger Mann mit Fältchen in den Augenwinkeln und grau melierten Haaren es schaffte, dass eine fünfundzwanzigjährige
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