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Das Aktmodell

Das Aktmodell

Titel: Das Aktmodell
Autoren: Jina Bacarr
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was ich sehe, bestätigt meine Befürchtung. Ohne Zweifel wird sein Ego seiner Männlichkeit in nichts nachstehen. Er ist sehr attraktiv, mit gemeißelten Gesichtszügen, die aber trotzdem nicht völlig symmetrisch sind, was ihm ein leicht arrogantes Aussehen verleiht. Mit gegrätschten Beinen steht er selbstbewusst da, das lange Haar fällt lockig über seinen offenen Kragen und bildet einen interessanten Kontrast zu seinen Brustmuskeln, die sich unter dem weißen Rüschenhemd abzeichnen.
    Allein sein Anblick lässt das Blut in meinen erogenen Zonen schneller fließen. Der Kerl macht mich einfach verrückt. Ich rufe mir in Erinnerung, dass es nur ein Gemälde ist. Dann schleicht sich ein Gedanke in meinen Kopf. Wie es wohl wäre, mit ihm Liebe zu machen?
    Wieso eigentlich nicht?
    Nachdem David mir einen Korb gegeben hat, wird es ja wohl erlaubt sein, sich zu holen, was man braucht, selbst wenn es von einem zweidimensionalen Muskelpaket in engen Hosen ist.
    In einer provozierenden Geste wickle ich den Samtstoff um meinen Körper, lasse ihn meinen Rücken hinuntergleiten und wackle aufreizend mit meinem Po. Ich überlege, wie es sich wohl anfühlt, mit meinen Fingern über seine Brust zu streichen, seine heiße Haut zu berühren, um ihn dann an dem fliederfarbenen Schal, den er sich um den Hals geschlungen hat, näher an mich heranzuziehen. So nah, dass ich seinen moschusartigen Geruch einatmen kann, bevor ich meine Wange an den Stoff seines nachtschwarzen Mantels drücke.
    Hemmungen steigen in mir auf und verfliegen gleich wieder, so als ob mir jemand mit einem langen, tiefen Kuss den Atem raubt. Mit einem Zungenkuss. Meine Gedanken werden von dem Begehren beherrscht, von ihm geküsst zu werden.
    Ein Schauer überkommt mich. Schweiß rinnt meinen Nacken herunter. Was mache ich hier eigentlich? Liebe mit einem Mann, der vor über hundert Jahren gestorben ist? Jetzt schnappe ich wirklich über. Ich sollte hinauslaufen in den Regen und mir ordentlich den Kopf durchspülen lassen.
    Blitze tanzen über den kunstvoll verzierten Wandschirm und bringen die elfenbeinfarbene Oberfläche zum Leuchten. Ich zucke zusammen und drehe dem Bild den Rücken zu. Ich werde ihn nicht ansehen. Ganz bestimmt nicht. Der Donner grollt in meinen Ohren, als ob Paul Borquet meine Aufmerksamkeit auf sich lenken wollte.
    “War er ein Impressionist?”, frage ich neugierig.
    “Paul Borquet war einer der Besten, Mademoiselle”, sagte der alte Maler. “Monet, Renoir, Toulouse-Lautrec, sie alle bewunderten die Arbeit dieses jungen Künstlers.
Und
seinen Mut!”
    Aus dem Augenwinkel versuche ich doch wieder einen Blick auf Paul Borquet zu erhaschen. Ich weiß, ich sollte es lassen, aber ich kann nicht anders.
    “Mut?”, frage ich. Zugegeben, er war ein richtiges Alphatier. Interessant. Sehr interessant und genau das, was ich
nicht
brauche. Noch so ein Muskelpaket, der Steroide isst wie andere Menschen Gummibärchen.
    “Er starb in den Flammen, Mademoiselle, als er versuchte, seine Geliebte zu retten.”
    Das hört sich zwar ziemlich heldenhaft an, aber mein Bedarf an Machos ist gedeckt. Also wieso kann ich trotzdem nicht aufhören, ihn anzustarren? Das kann ich Ihnen genau sagen. Hier wurde nicht mit Licht und Schatten gearbeitet, um irgendwelche Makel zu verdecken. Ich kenne mich mit Kunst aus. Dieses Bild hat Energie. Es vibriert. Er verstand etwas von Farben und ihrer Wirkung in unterschiedlichem Licht. Lebendig schimmernd nimmt er die Fläche zwischen den Rahmenleisten ein. Wie ein Schnappschuss, unmittelbar und spontan, als ob er hier leibhaftig vor mir stehen würde.
    “Paul Borquet”, murmle ich und sauge dabei an meinem Daumen. Ob er im Bett so gut ist wie mit dem Pinsel? Ein sexueller Hunger überfällt mich und lässt mich ganz tief in mich hineinspüren.
    Während ich meine Lippen befeuchte, überlege ich, wie er wohl nackt aussieht. Mit meinen erhitzten Handflächen reibe ich über meine Oberschenkel, stelle mir vor, wie die taufeuchte, glänzende Flüssigkeit aus seinem Penis tropft. Ich koste diesen Moment genüsslich aus. Die breiten Pinselstriche, mit denen der Künstler sich gemalt hat, deuten auf eine verrückte Aggressivität in seinem Charakter hin, die mich erregt, mich schaudern lässt und gleichzeitig scharfmacht. Sehr scharf.
    Unverwandt betrachte ich das Gemälde, wiege meine Hüften, träume davon, dass der Pinsel dieses verschollenen Impressionisten über meinen Bauch gleitet, zwischen meine Schenkel, um mich dann
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