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Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)

Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)

Titel: Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)
Autoren: Lynn Viehl
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Akzent erklang am anderen Ende der Leitung. »La Fontaine, Eliane Selvais.«
    »Hier spricht Dr. Alexandra Keller.« Hoffentlich verstand Eliane Englisch; das bisschen Französisch, das Alex beherrschte, enthielt nur Ausdrücke, die gesellschaftlich nicht akzeptabel waren. »Könnten Sie mich mit Mr Cyprien verbinden?«
    »Es tut mir leid, Docteur . Das ist leider nicht möglich. Darf ich ihm etwas ausrichten?«
    »Sicher.« Vielleicht ging es ja diesmal in seinen Dickschädel rein. »Bitte sagen Sie Mr Cyprien, dass ich seinen letzten Brie f – und sein Angebo t – erhalten habe. Aber meine Antwort ist immer noch die gleiche. Ich kann nicht nach New Orleans fliegen und ihn operieren.«
    »Tatsächlich.« Miss Selvais klang jetzt nicht mehr so freundlich. »Sind Sie ganz sicher, dass Sie keine Ausnahme machen können? Mr. Cyprien ist in großer Not.«
    Was für eine merkwürdige Ausdrucksweise! »Wie ich bereits sagte, reise ich nicht zu Patienten. Ich kann die nötigen Voruntersuchungen gerne hier in Chicago durchführen.«
    »Mr Cyprien kann New Orleans nicht verlassen.«
    »Das kann ich verstehen, denn ich kann Chicago nicht verlassen.« Warum kam er nicht zu ihr? Hatte er Angst vorm Fliegen? Stand er unter Hausarrest? War er auf Bewährung? »Bitte teilen Sie ihm mit, dass ich es sehr bedauere und dass ich ihm alles Gut e … «
    »Geld spielt keine Rolle, verstehen Sie?«
    »Ja, das habe ich mir schon gedacht.« Der Duft des blumigen Parfüms, der vom Briefpapier aufstieg, ging ihr an die Nieren, deshalb knüllte Alex den Brief zusammen. Sie wirft! Mit einer geübten Handbewegung schleuderte sie ihn in den Papierkorb am anderen Ende des Raumes. Er rollte auf dem Rand entlang, bevor er hineinfiel. Und sie trifft! »Es geht hier nicht ums Geld.«
    »Um was dann?« Miss Selvais wartete nicht auf eine Antwort. »Frau Doktor, es würde nur ein paar Tage Ihrer Zeit in Anspruch nehmen, und natürlich stellen wir Ihnen voll ausgestattete Räumlichkeiten und die besten Instrumente und Apparate zur Verfügung.«
    Oh, natürlich. Typen wie Cyprien konnten sich von allem das Beste leisten. Alex dachte an Luisa, die nicht mal die Packung Kleenex-Tücher draußen in ihrem Wartezimmer bezahlen konnte, und ihr Temperament drohte mit ihr durchzugehen.
    Der Geist ihrer Adoptivmutter erschien vor ihrem inneren Auge. Oh nein, das wirst du nicht tun, junge Dame. Du bist jetzt Ärztin, Alexandra, und ihr zu sagen, dass sie sich zum Teufel scheren soll, gehört sich nicht.
    Ja, aber das würde viel mehr Spaß machen. »Es tut mir leid. Es ist wirklich nicht möglich. Es gibt mehrere sehr qualifizierte plastische Chirurgen in New Orleans, und meine Praxishelferin hat Mr Cyprien bereits eine entsprechende Liste gefaxt.« Sie konnte immer noch das Parfüm riechen; der Blumenduft musste von dem Papier auf ihre Hände gelangt sein. Was hatte er damit gemacht, das verdammte Papier darin gebadet? »Mehr kann ich wirklich nicht tun, Miss Selvais.«
    »Ich werde es Mr Cyprien ausrichten. Merci beaucoup , Dr. Keller.« Sie unterbrach das Gespräch mit einem Klicken.
    Erstaunlich, wie die Franzosen es immer schaffen, ein Danke wie Fick dich klingen zu lassen. Alex ging in das angrenzende Untersuchungszimmer und schrubbte sich den Geruch von den Händen. Auf Wiedersehen, vier Millionen.
    Alex bekam zwar oft empörende Anfragen von den Reichen und Verwöhnten, doch Cypriens Angebot beunruhigte sie irgendwie, und nicht nur, weil er mit einer enormen Geldsumme winkte.
    Wer hatte ihn an sie verwiesen?
    Schließlich war sie nicht die einzige plastische Chirurgin auf der Welt. Sie hatte sich einen soliden Ruf für saubere und ethisch vertretbare Arbeit erworben, und ihre Praxis lief gut, aber es gab da draußen Tausende von Ärzten wie sie.
    Sie war schon Leuten begegnet, die sehr spezielle, vertrauliche Wünsche hatten, vor allem, wenn sie versuchten, eine neue Identität anzunehmen und/oder einer Verhaftung zu entgehen. Wenn der Preis stimmte, zögerten einige Ärzte nicht. Alex gehörte jedoch nicht dazu, und jeder, der sich in Medizinerkreisen nach ihr erkundigte, wäre ausdrücklich darauf hingewiesen worden.
    Wer immer M. Cyprien zu Alexandra Keller geschickt hatte, konnte kein Kollege oder ehemaliger Patient sein.
    Die Gegensprechanlage auf ihrem Schreibtisch summte und erinnerte Alex daran, dass sie Besseres zu tun hatte als über einen Mann nachzugrübeln, der niemals ihr Patient werden würde. Sie setzte sich und drückte auf den Knopf.
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