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Darkover 12 - Der verbotene Turm

Titel: Darkover 12 - Der verbotene Turm
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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solle. Dann hätte sie über die Idee beinahe gelacht. Sie waren alle ein Teil hiervon.
    Erst gab es nur den gedanklichen Kontakt. Damon fasste nach ihnen und webte den vierfachen Rapport um sie, so eng verflochten und vollständig, wie er noch nie gewesen war. Ellemir dachte in Vorstellungen, die der Musik entnommen waren, und für sie war es wie ein Verschmelzen von Stimmen. Callistas war klar und golden wie der Klang der Harfe, Andrews ein kräftiger Basso continue, Damons eine merkwürdig vielschichtige Harmonie. Und ihre eigene Stimme verband sie und vereinigte sich mit jeder. Während sie sich diesen Rapport als Musik, als Harmonie vorstellte, nahm sie gleichzeitig an den Visualisierungen der anderen teil: Ein Zusammenfließen strahlender Farben war es in Callistas Gedanken. Bei Andrew war der Tastsinn besonders stark entwickelt, und deshalb war es einige Zeit, als rollten sie sich alle in einer seltsamen Dunkelheit nackt zusammen, sich überall berührend. Damons Bewusstsein stellte sich glitzernde Spinnwebfäden vor, die sie zu einem gemeinsamen Ganzen verwoben. Lange Zeit schienen sie nicht mehr zu brauchen als das. Ein wenig belustigte es Callista, die in ihren glühenden Farben dahintrieb, als sie Damons Berührung spürte und erkannte, dass er sich genug Überlegung bewahrt hatte, um ihre Kanäle zu überwachen. Dann, als er sie berührte, vertiefte sich der gefühlsmäßige Rapport. Sie wurde sich ihres Körpers stärker bewusst, und das war etwas Neues und Seltsames, aber nicht zum Fürchten.
    Im Hintergrund ihrer Gedanken erinnerte sie sich vage an die Erzählungen ihres Vaters. Kireseth wurde unwilligen Bräuten gegeben. Sie war jetzt nicht mehr unwillig. Wirkte die Droge auf den Körper oder auf den Geist ein? Lag es an der Öffnung ihres Geistes, dass sie frei wurde, sich ihres eigenen Körpers ebenso bewusst zu werden wie Ellemirs? Oder war es der körperliche Hunger nach Nähe, der den Geist für die tiefere Kommunion der Seelen öffnete? Kam es darauf an? Sie merkte, Andrew fürchtete sich immer noch, sie zu berühren. Armer Andrew, sie hatte ihm so wehtun müssen. Sie fasste nach ihm, zog ihn in ihre Arme, und er bedeckte sie mit Küssen. Dieses Mal gab sie sich ihnen hin. Ihr war, als ertrinke sie in ekstatisch leuchtendem Licht und schwebe gleichzeitig in einer zitternden Dunkelheit.
    In einem plötzlichen Aufbranden von Sinnlichkeit war es ihr einfach nicht genug, in Andrews Armen zu liegen. Sie rückte nicht von ihm weg, aber sie fasste nach Damon, fühlte seine Berührung, küsste ihn. Und plötzlich leuchtete grell die Erinnerung auf, wie sie sich in ihrem ersten Jahr im Turm gewünscht hatte, das zu tun. Während sie die beiden harten, männlichen Körper berührte, zogen ihre Fingerspitzen die Kurven der weichen Brust ihrer Schwester nach, wanderten zu dem schwangeren Leib hinunter. Sie ließ ihr Bewusstsein einsinken und spürte wie einen Hauch den traumlosen Schlaf des ungeborenen Kindes. Genauso umschlossen kam sie sich vor, sicher, von Liebe umgeben, und jetzt war sie auch für das Übrige bereit.
    Andrew, der diese Eindrücke mit ihr teilte, erkannte, dass für Callista der Schlüssel immer Ellemirs bereitwillige Sexualität sein würde, dass Ellemir die Kluft für Callista überbrückt hatte, wie es ihr beinahe schon in jener katastrophalen Nacht gelungen war. Er sagte sich, wenn er sich dem Rapport überlassen hätte, wäre es Elle-mir vielleicht damals schon gelungen, sie alle ungefährdet durchzubringen. Aber er hatte mit Callista allein sein wollen, getrennt von den anderen.
    Wenn ich Ellemir und Damon damals nur hätte vertrauen können... Und durch sein Bedauern empfing er Damons Gedanken: Das war damals, dies ist jetzt. Wir alle haben uns verändert und sind gewachsen.
    Und das war für jeden von ihnen der letzte Augenblick eines eigenen Bewusstseins.
    Jetzt war der Rapport, wie es zu Mittwinter beinahe schon einmal geschehen wäre, vollständig. Keiner von ihnen wusste oder wünschte zu wissen, keiner machte auch nur den Versuch, einzelne Empfindungen zu entwirren und abzusondern. Es kam nicht mehr darauf an, wessen Schenkel sich öffneten und wen umschlossen, wessen Arme zufassten, wer sich für einen Augenblick entfernte, nur um noch näher zu kommen, wer küsste, wessen Lippen sich dem Kuss öffneten, wer eindrang oder in wen eindrang. Eine Zeit lang war es, als ob sie alle alles berührten, jede Nähe so intensiv teilten, dass es überhaupt kein Einzelbewusstsein mehr
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