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Darkover 12 - Der verbotene Turm

Titel: Darkover 12 - Der verbotene Turm
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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dich beinahe getötet hätte. Sie hat nichts Schönes, an das sie sich erinnern kann, ausgenommen ein paar Küsse in dem Blumenfeld. Überlass sie ein Weilchen mir, Andrew.
    Widerstrebend zog sich Andrew von Callista zurück. Ellemir legte einen Arm um die Schultern ihrer Zwillingsschwester. Sie brauchten nicht laut miteinander zu sprechen, und sie machten sich die Mühe auch nicht.
    Komm mit mir, Liebling, es kann ihnen nicht schaden, zu warten, bis du bereit bist. Sie führte Callista in den inneren Raum. Dies ist deine wirkliche Hochzeitsnacht, Callista, und dabei wird es keine dummen Streiche und schmutzigen Witze geben.
    Gehorsam wie ein Kind – und Ellemir kam sie beinahe wirklich wie ein Kind vor – erlaubte Callista ihrer Zwillingsschwester, sie auszuziehen und die Farbe zu entfernen, mit der sie die roten Male auf ihren Wangen verborgen hatte, ihr das lange Haar auszubürsten und sie in ein Nachtgewand zu stecken. Die Berührung bewirkte, dass ihre Gedanken ganz offen voreinander dalagen. Auch Ellemirs Abschirmung war unter dem Einfluss des Kireseth gefallen. Alle die Erinnerungen stiegen in ihr auf, die Callista nicht hatte teilen können, als sie am Abend vor ihrer Hochzeit den zögernden Versuch gemacht hatten, sich gegenseitig ihre Erlebnisse anzuvertrauen.
    Ellemir fühlte und erlebte mit Callista die Konditionierung, die sie mit eiserner Disziplin auch eine zufällige Berührung einer menschlichen Hand vermeiden ließ. Überwältigt von Entsetzen blickte sie auf die kleinen verheilten Narben an Callistas Händen und Handgelenken und wurde von der körperlichen und seelischen Qual jener ersten furchtbaren Jahre im Turm überflutet. Und Damon war Teil davon gewesen! Einen Augenblick lang teilte sie Callistas verborgenen Groll, den Zorn, dem sie niemals Worte oder ein Ventil gegeben hatte und der eine Spannung erzeugte, die sich nur durch die fokussierte Energie in den Matrix-Schirmen und Relais entladen konnte.
    Mit Callista durchlitt sie von neuem das langsame, unvermeidliche Absterben normaler körperlicher Reaktionen, die Betäubung physischer Reflexe, die Verhärtung von Geist und Körper zu einem undurchdringlichen Schutzschirm. Nach dem dritten Jahr in Arilinn hatte Callista sich nicht mehr einsam gefühlt, hatte nicht mehr nach menschlichem Kontakt oder emotionaler Nahrung gehungert.
    Sie war eine Bewahrerin.
    Es war ein Wunder, sagte sich Ellemir, dass ihr noch menschliches Mitleid, überhaupt noch ein echtes Gefühl geblieben war. In ein paar wenigen Jahren wäre es zu spät gewesen; selbst Kireseth hätte den harten Panzer, den Abdruck so großer Spannung im Geist nicht mehr auflösen können.
    Doch nun hatte der Kireseth Callistas Konditionierung abgebaut und sie als zitterndes Kind zurückgelassen. Ihr Geist war frei, und ihr Körper lag nicht mehr in den Banden anerzogener Reflexe, aber damit war auch alles an verstandesmäßiger Einsicht und Reife verschwunden, auf die sich Callista bisher gestützt hatte, und sie war zu einem verängstigten kleinen Mädchen geworden. Mit tiefem Mitleid erkannte Ellemir, dass Callista jünger war als sie selbst zu der Zeit, in der sie ihren ersten Liebhaber hatte.
    Nach der Befreiung hätten Callista ein oder zwei Jahre gegönnt sein müssen, in denen sie erwachsen werden und sich erst gefühlsmäßig und dann körperlich der Liebe bewusst hätte werden können. Aber so viel Zeit hatte sie nicht. Sie hatte nur die heutige Nacht, um eine Kluft von Jahren zu überbrücken.
    Ellemir nahm das zitternde Mädchen in ihre Arme und wünschte sich, sie könne Callista etwas von ihrer eigenen Bereitwilligkeit abgeben. An Mut fehlte es Callista nicht – niemand, der diese Art von Ausbildung überstanden hatte, konnte feige sein. Sie würde sich hart machen, würde den Vollzug der Ehe über sich ergehen lassen, damit sie morgen vor dem Rat beschwören konnte, es sei geschehen. Aber Ellemir fürchtete, es würde für sie eine Qual, eine Mutprobe sein, nicht die Seligkeit, die es hätte sein sollen.
    Es war grausam, entschied Ellemir. Sie forderten von einem Kind, es solle seiner Vergewaltigung zustimmen – denn das würde es im Grunde sein.
    Callista war nicht die Erste. So viele Comyn-Frauen wurden fast noch als Kinder mit Männern verheiratet, die sie kaum kannten und nicht liebten. Callista hatte Mut, also würde sie nicht rebellieren. Und sie liebte Andrew wirklich. Und trotzdem, dachte Ellemir, welch eine grauenvolle Hochzeitsnacht für das arme Kind!
    Zeit war
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