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Dark Lord

Dark Lord

Titel: Dark Lord
Autoren: Margit Roy
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streben.
    Als James den leblosen Körper des jungen Mannes achtlos auf den Boden fallen ließ, begann in der Nähe ein Hund unruhig zu bellen. Nervös blickte sich der ehemalige Butler um und verschwand augenblicklich in einer dunklen Gasse. Der Dark Lord ließ den Vampir nicht aus den Augen. Als der Wind vereinzelte Regentropfen durch die Luft jagte, fluchte er leise. Er schloss die Augen und schon Sekunden später erhob er sich als Krähe in den zwielichtigen Nachthimmel. Mit den scharfen Augen eines Rabenvogels verfolgte er die dunkle Gestalt von oben. Lautlos und schnell raste der Vampir unter ihm durch das nächtliche Shadow Fields. Der Dark Lord hatte keine Mühe ihm zu folgen. An der Sandford Avenue bog der Vampir in die Oak Road ein und hielt auf die Einfahrt des MacLain Anwesens zu. Für einen kurzen Augenblick erfasste der schwache Lichtstrahl einer Laterne die Umrisse einer zweiten Gestalt. Es schien, als habe diese auf James gewartet. Der Dark Lord folgte den beiden. Ohne von ihnen wahrgenommen zu werden, ließ er sich mit ausgebreiteten Flügeln vom Wind vorwärts tragen. Als er unter sich eine Lichtung entdeckte, streckte er seine Beine von sich und glitt mühelos nach unten. Mit ein paar sanften Flügelschlägen landete er auf der feuchten, weichen Wiese.
    Ein Flüstern ganz in der Nähe ließ ihn aufhorchen.
    »Ich habe, nicht weit von hier, eine Höhle entdeckt. Dort können wir bleiben, bis wir etwas Besseres gefunden haben. Die Sonne wird bald aufgehen, wir sollten uns in Sicherheit bringen.«
    »So nahe bei den MacLains können wir nicht bleiben. Sie können unsere Anwesenheit sofort spüren.«
    »So schnell werden sie nicht auf uns aufmerksam«, flüsterte die zweite Stimme.
    Der Dark Lord erstarrte. Diese Art abgehackt zu sprechen, hatte er lange nicht mehr gehört. Er brauchte das Gesicht dieses Mannes nicht zu sehen, um zu wissen, wer er war. Diese Stimme, die vor langer Zeit grausame Worte an ihn gerichtet hatte, würde er unter Tausenden sofort erkennen.
    Reglos starrte er den Gestalten hinterher. Er brauchte den beiden nicht weiter zu folgen. Er hatte die Umgebung von Darkwood Manor oft genug erkundet und kannte die Höhle hinter dem Anwesen der MacLains. Er hatte dort auch schon so manche Stunde verbracht.
    Vor seinem geistigen Auge sah er das Gesicht seines Vaters, seine grauen kalten Augen und ein selbstgefälliges Lächeln um seinen Mund … Plötzlich lief die Zeit rückwärts. Er erkannte, seine Vergangenheit war nicht ausgelöscht, wie er geglaubt hatte. Auch seine neue Identität hatte daran nichts geändert. Die Linien um seinen Mund wurden härter.
    Es war vor über dreihundert Jahren. Ein dicker Kloß saß in seiner Kehle. Erbarmungslos peitschte der Wind durch die Sträucher, hinter denen er Schutz gesucht hatte. Schwer wie ein Stein lastete die Schuld auf seiner kleinen Seele. Sein Leben hatte das Leben seiner Mutter gekostet.
    Die Antwort auf eine harmlose Frage nach ihr hatte ihm jegliches Licht aus seinem kindlichen Dasein genommen.
    »Sie hat geschrien, als sie versucht hat, dich aus ihrem Leib zu pressen … Und dann nach Stunden, … als du dich endlich entschlossen hast, auf die Welt zu kommen, war es zu spät für sie. Sie ist in dem Moment gestorben, als du deinen ersten Schrei von dir gabst.«
    Der verbitterte Blick seines Vaters bohrte sich in sein Gesicht, leer und anklagend.
    »Dad …«, hatte er hilflos gestammelt, »ich …«
    »Sei still. Deine Worte bringen sie mir nicht wieder.«
    Die Worte hallten in seinem Kopf wie ein Echo. Noch immer.
    Diese Worte hatten sein Leben verändert. Er spürte, er war kein Teil dieser Familie, war es nie gewesen. Und er wusste von diesem Moment an, er brauchte nicht mehr auf seine Mutter zu warten. Sie würde nicht kommen, sie konnte nicht … Sie war tot, … und es war seine Schuld.
    Von nun an ging er seinen eigenen Weg. Er versuchte, seinem Vater und seinem Bruder Riley aus dem Weg zu gehen. Auf dem großen Anwesen von Roger MacLain gab es genügend Orte, an denen er sich verborgen halten konnte und an sonnigen Tagen streifte er stundenlang durch die Dünen von Thornhill. Sein Vater und sein Bruder ließen ihn gewähren. Manches Mal hörte er sie seinen Namen rufen. Aber irgendwann hatten sein Vater und Riley aufgegeben und ihn in seiner Welt alleine gelassen.
    Der Dark Lord schloss die Augen. Ein wehmütiger Ausdruck legte sich über sein Gesicht. Er hörte das Schlagen der Wellen und sah noch immer die kleine Holzhütte
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