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dark canopy

Titel: dark canopy
Autoren: Jennifer Benkau
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Fanfarenklänge? Auf der anderen Seite des Feldes blinkte etwas schwach auf. Ein Licht? Ein Sonnenstrahl, der durch die Wolken fiel?
    Was immer es auch war, es nahm mir meine Entscheidung ab. Ich rannte. Auf dem Feld war ich schutzlos wie ein einsamer Baum im Bomberland, wenn ein Gewitter kommt. Er kann sich noch so sehr im Sturm beugen, es wird ihm nie gelingen, sich flach auf den Boden zu legen, wo der Blitz ihn nicht findet. Er muss auf sein Glück hoffen. Wie ich.
    Die Trockenheit hatte den Boden gefestigt. Staub wirbelte auf, drang in meine Augen und Atemwege. Ich hörte den Fluss für mich singen, mich rufen, mich locken. Vielleicht waren es die Lieder der Sirenen. Oder das Rauschen meines eigenen Bluts in meinen Ohren. Dazu das frenetische Trommelschlagen, das mein Leben verriet. Bambam-bambam-bambambambambambam.
    Und dann vernahm ich noch ein anderes Trommeln. Schneller Dreitakt. Donnernd und näher kommend.
    Zum ersten Mal sah ich mich um. Hätte ich den nötigen Atem gehabt, so hätte ich laut geflucht. Ein Pferd! Welcher Dreckspercent mich auch immer jagte, er tat es zu Pferd. Wie unfair! Alles in mir schrie nach der Pistole, aber weiter hinten sah ich noch mehr Verfolger. Wenn sie erfuhren, dass ich eine Pistole besaß, würde der Himmel auf die Erde stürzen. Es war doch Neéls Waffe.
    Ich musste schneller laufen! Die kühle Herbstluft versengte mir die Kehle, aber ich zog das Tempo an. Hinter dem Stoppelfeld lag ein Maisfeld, ein kleines bloß, aber der Mais stand noch hoch, er würde erst in ein paar Tagen geerntet werden. Es würde mich nicht retten, mir aber ein Versteck bieten, um ein paar Augenblicke durchzuatmen und meine Richtung zu überdenken. Früher oder später musste ich in den Wald zurück, wo Matthial mich erwarten würde. Wenn alles gut ging. Und das musste es, denn eine Alternative existierte nicht.
    Hinter mir brüllte der reitende Percent, ich solle stehen bleiben, dann würde er mich verschonen. Er sollte mich lieber mit seinem Scheißgelaber verschonen! Wie nah musste er sein, wenn ich seine Worte verstand? Ich riskierte nur einen knappen Blick, als bereits der erste Armbrustbolzen in den Boden einschlug. Ein Warnschuss oder er hatte auf meine Beine gezielt. Ich wusste nicht, ob ich ihn schon einmal gesehen hatte. Er war ein Percent. Sie waren alle gleich. Sie waren der Feind.
    Ich konnte die geschwollenen Adern in den Nüstern des Pferdes erkennen. Zu fliehen, würde mich nicht mehr retten. Ich dachte an den Tag, an dem ich Pfeile gefangen hatte. Dieser Percent hatte etwas, das noch nützlicher war als ein Pfeil.
    Aus vollem Lauf rammte ich die Füße in den Boden, stoppte und warf mich herum. Das Pferd kam nicht so schnell zum Stehen wie ich. Ich packte es am Zaumzeug. Ein paar Galoppsprünge riss es mich einfach mit, dann bäumte es sich hoch auf. Meine Füße schwebten kurz über dem Boden. Ein Huf erwischte mich an der Hüfte, irgendetwas anderes an der Schulter. In meinem Kopf war alles laut und schrill und dunkelrot. Ich ließ das Zaumzeug mit einer Hand los und hatte plötzlich mein Messer in der Faust. Das, was mich in meiner plötzlich aufkommenden Kampflust davon abhielt, dem Tier die Waffe in die Brust zu rammen, um den Reiter zu Fall zu bringen, war klein und leise. Aber noch war ein Rest Vernunft da. Sie bahnte sich ihren Weg durch meinen Blutrausch - das Pferd war nicht mein Feind. Ich brauchte es!
    Der Percent trat nach mir. Ich brüllte meine Wut hinaus und stieß ihm das Messer in die Wade. Das Pferd geriet außer Kontrolle, weil er die Zügel losließ, um nach seinem eigenen Messer zu greifen, ohne dabei die Armbrust fallen zu lassen. Das Tier versuchte, dem Kampf auszuweichen, zerrte mich seitwärts, bockte. Ich schlug ein weiteres Mal mit meiner Klinge nach dem Percent. Er drosch mir die Armbrust auf den Kopf. Mein Messer verfehlte ihn. Grub sich durch das Sattelblatt. Das Pferd schrie auf - kein Wiehern, ein Schrei. Wie von einem Kind. So unschuldig.
    Ich sah das Blut am Bein des Percents, spürte, wie erneut Holz auf meinen Kopf krachte, und wusste, was ich zu tun hatte. Ich musste meinen Gegner vom Pferd holen.
    Ich stach mit dem Messer nach dem Sattelgurt, traf aber den Pferdebauch, gleich hinter dem Vorderbein. Fell zerriss, dann weiche Haut. Das Pferd keuchte dunkel. Verzeih mir, verzeih! Der Messergriff war vom Blut ganz flutschig geworden, aber endlich hatte ich die Klinge dort, wo ich sie haben wollte. Irgendwie gelang es mir, den ledernen Gurt zu
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