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Darf ich bleiben, wenn ich leise bin?

Darf ich bleiben, wenn ich leise bin?

Titel: Darf ich bleiben, wenn ich leise bin?
Autoren: dtv
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1.   Kapitel
    Nur ein Rascheln und die Geschichte wäre vorbei!
    Wenn man die Geschichte von ihrem Anfang an erzählen wollte, müsste man in Gedanken nach Australien gehen und sechs Wochen
     zurück in der Zeit. Aber Australien liegt auf der anderen Seite der Welt, und das ist sehr weit.
    David springt gerade von seinem Stuhl auf und schreit. Deshalb beginnt die Geschichte in diesem Moment. Sie erzählt von David
     und seiner Freundschaft mit einem Fremden. Dass dieser Fremde aus Australien kommt, kann sich jedes Kind jetzt schon denken.
     
    David hat keine Ahnung, was ihm an diesem Abend passieren wird. Er ist acht Jahre alt, steht in der Küche und brüllt.
    »Wenn ich so blöd bin, dann esst doch allein!«
    Barfuß kann David schlecht über die Treppe stampfen, aber die Tür knallt er hinter sich zu.
    Es kommt ihm keiner nach. Seine Eltern und Benni reden ruhig weiter und fangen zu essen an. Bratwürstchen und Pommes, das
     ganze Haus riecht danach.
    David zieht die Tüte mit Salzbrezeln aus seiner Schublade heraus und versteckt sich damit hinter dem Sofa. Wenn jetzt einer
     hereinkommt, sieht er David nicht. Aber es kommt keiner.
    In der Küche drückt sich Benni die halbe Flasche Ketschup auf den Teller und sagt, was er immer sagt: »Lasst den nur! Wenn
     er Hunger hat, kommt er von selbst.«
    David kennt Bennis Sprüche. Eher wird er verhungern als in die Küche zurückzugehen. Es würde für seine Eltern ziemlich langweilig
     werden, hätten sie nur noch Benni, das denkt er sich, die trockenen Brezeln bleiben in seinen Zähnen kleben. David beschließt
     für alle Fälle eine Flasche Saft unter dem Schrank zu verstecken und schmiedet eine Zeit lang Rachepläne.
    Draußen wird es allmählich dunkel. Wenn man durch die Glastür aus Davids Zimmer tritt, steht man direkt im Garten. Die Hecken
     sehen am Abend wie runde Berge aus, der helle Kiesweg schimmertwie ein schmaler Fluss unter dem dicken Mond. David wohnt gerne halb im Garten. Manchmal schläft er im Sommer heimlich draußen.
     Das würde ihm keiner erlauben, nicht mal sein Vater.
    Der Mai hat eben erst begonnen, der lange Sommer wird erst noch kommen.
     
    Die letzten Krümel schmecken nur nach Salz, es ist sieben Uhr, bis morgen früh hält David seinen Hunger aus. Er schiebt die
     leere Tüte unter den Schrankund berührt etwas. Das ist warm und weich, David hat es mit seinen Fingerspitzen gestreift.

    Das ist lebendig.
    David hat Angst.
    Wenn er jetzt schreit, kommen sie von oben angerannt oder das Biest springt unter dem Schrank heraus, auf sein Bein. David
     hat kurze Hosen an, ihm ist eiskalt.
    Im Garten gibt es Katzen, Mäuse, Marder und Ratten – in Notwehr greift jedes Tier an. David starrt auf den schwarzen Spalt:
     Es hat sich nach hinten verkrochen, an die Wand.
    Sein Vater würde es mit einem Stock nach draußen jagen. Am Stuhl lehnt Davids Ritterschwert. Er müsste aufstehen und erst
     die Tür öffnen, damit das Tier abhauen kann.
    David zieht langsam die Beine ein, greift nach dem Kissen und schiebt es vor seine Knie.
     
    Da fängt das Tier zu reden an.
    »If I was quiet, could I stay with you?«
    Der Stimme nach tippt David auf einen Hamster, nur größer, dicker und älter.
    Auf jeden Fall klingt es nach klein, kleiner als David. Als hätte es Angst, so hört es sich an, dabei hat David kein Wort
     verstanden.

    Wahrscheinlich wird es ihm nichts tun, denkt David. Trotzdem fallen ihm plötzlich Geschichten ein, da verstellt der Böse seine
     Stimme und lockt den Helden in eine Falle.
    David legt sich flach auf den Boden. Zur Sicherheit hält er seinen Kopf hinter das Kissen und schiebt sich langsam über den
     Teppich. Unter dem Schrank ist es schwarz und dreckig. Der Schrank ist groß und alt. Weil er hohe Füße hat, konnte sich David
     früher darunter verstecken.
    Um das Tier nicht zu erschrecken, sagt David leise: »Komm doch raus!«
    Keine Antwort, nicht mal das kleinste Geräusch, das Tier hält still und bleibt stumm.
    Das Tier sieht den ganzen David, flach in dem Ausschnitt zwischen Teppich und Schrank. David hat nur den ausländischen Satz
     und einen Spalt Schwarz, das findet er nicht fair.
    Deshalb sagt er beim zweiten Mal fester: »Komm raus!«
    Natürlich taucht das Tier nicht auf.
    Irgendwann muss es da raus, weil es sonst verhungern oder sein Versteck ganz verscheißen wird.
    Der Teppich riecht nach Salz und Staub, David dreht den Kopf zum Garten und verspricht es dem Tier ganz laut.
    »Ich gucke auch weg, wenn du
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