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Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln

Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln

Titel: Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln
Autoren: Sophie R. Nikolay
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er und lehnte sich erschöpft zurück. Eine kleine Pause konnte er gut
gebrauchen.
    Eine Frau mittleren Alters kam auf ihn zu.
„Buonasera!“
    Kilian nickte ihr zu und erwiderte den Gruß.
Als sie ihn etwas fragte und er sie nicht verstand, machte er das mit einer
Geste deutlich und sagte: „No italiano.“ Er zeigte auf sich selbst, dann auf
sie. „Deutsch oder Englisch?“
    „Si“, sagte sie lächelnd, deutete auf sich
selbst und ergänzte: „Non posso.“
    Kilian bediente sich erneut einer Geste, indem
er ratlos mit den Schultern zuckte. Anschließend tat er so, als würde er etwas
trinken und etwas essen. Die Italienerin lachte. Sie griff zum Nachbartisch und
hielt Kilian die Karte hin. Auch wenn er kein Italienisch beherrschte, ging er
doch davon aus, dass er zumindest einen Teil des Geschriebenen verstand.
    Das tat er auch. Der Belag der Pizzen ließ sich
nicht enträtseln. Mit der Pasta konnte er schon mehr anfangen. Die
Getränkeliste war auch nicht allzu schwierig, das meiste war ihm bekannt, weil
es Marken waren, die es auch in Deutschland gab. Die Preise überraschten ihn
etwas, denn er hatte mit mehr gerechnet.
    Als die Bedienung wiederkam, bestellte er sich
die Spaghetti Bolognese und ein Pellegrino. Sie nickte bestätigend und verschwand
im hinteren Bereich des Lokals.
    Kilian war nicht der einzige Gast. An der
windschiefen Theke saßen zwei ältere Herren, die nicht nur mit Worten, sondern
mit ausladender Gestik diskutierten. An einem Tisch weiter hinten saß ein
junges Pärchen, das sich leise unterhielt.
     
    h
     
    Danyel ließ den Blick über die
langen und ebenso hohen Regale wandern. Dafour sortierte gerade die jüngsten
Lebenszeitdokumente nach seinem ganz eigenen Schema ein.
    „Das hier wird sich ändern“,
eröffnete er.
    Dafour sah ihn fragend an.
    „All das. Ich habe beschlossen, die
Menschen mit der Tatsache zu konfrontieren, dass nur ich über ihre Zeit entscheide. Hast du gehört, dass sie alle
schrecklichen Ereignisse mir zuschreiben? Einen Schicksalsschlag nennen sie
das! Dabei bin nicht ich es, der die Lebenszeit willkürlich ändert. Sie selbst
sind es. Es ist an der Zeit, dass sie das begreifen. All diese Kriege, Mord und
Totschlag, die Verbrechen gegen den eigenen Körper, wenn sie zu Drogen greifen
… Mir reicht es!“ Er klang überaus herrisch, als er das sagte.
    Dafour räusperte sich.
„Entschuldige bitte, wenn ich das frage: Aber warum?“
    Danyel zuckte mit den Schultern.
„Weil wir unser Dasein schon viel zu lange im Verborgenen führen. Du bist meine
rechte Hand, der Verwalter der Pergamente. Ich habe beschlossen, dir Boten an
die Seite zu stellen und jedem Menschen sein Pergament auszuhändigen.“
    „Das ist eine deutliche Änderung.“
    „Ja. Und sie ist nötig. Die wenigen
Menschen, die in meinem Dienst stehen und dennoch nicht wissen, wer oder was
ich bin, mich für einen zurückgezogen lebenden Adeligen halten … die Menschen,
vor denen ich Pajlin und Teghre verstecken muss … die Menschen, die dich
nicht sehen dürfen. Das muss ein Ende haben. Ich bin das Schicksal und jeder
soll es wissen!“
    „Ich stelle deine Entscheidungen
nicht infrage. Das weißt du. Also, wann gedenkst du, dich zu offenbaren?“
    „In einer Woche. Wenn du hier
fertig bist, kommst du zu mir rüber. Es gibt einiges zu regeln, trotzdem müssen
die Pergamente ausgefüllt werden.“
    „Ja, Danyel.“ Dafour nickte ihm zu
und griff den nächsten Stapel Papiere, den er einsortierte.
     
    Danyel überließ ihn seiner Arbeit
und lief zurück in den großen Saal des Anwesens, den nur er betreten durfte.
Keiner der Menschen, die als Angestellte im Haus arbeiteten, hatte dort
Zutritt.
    Zur Sicherheit, falls sich doch
jemand nicht an das Verbot hielt, befand sich ein Sichtschutz mitten im Raum,
der den Schreibtisch von Pajlin und Teghre vor Blicken von der Tür schützte. Er
umrundete diesen und sah den beiden beim Schreiben zu.
    Er liebte es, sie anzusehen.
Überhaupt waren sie die einzigen Geschöpfe, zu denen er eine derart tiefe
Verbundenheit spürte. Er liebte sie wie seine Kinder, obgleich er keine hatte.
Er liebte sie wie Bruder und Schwester, obwohl sie dies nicht waren. Er liebte
sie so sehr, wie sich selbst. Sie waren seine Augen, seine Ratgeber und doch Teile
seiner Selbst.
    Trotzdem vermochten sie es nicht,
sein Gefühl der Isolation und Einsamkeit zu vertreiben. Ja, es wurde wirklich
Zeit, dass er sich unter das Volk mischte – wenn auch nur im
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