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Dann muss es Liebe sein

Dann muss es Liebe sein

Titel: Dann muss es Liebe sein
Autoren: Cathy Woodman
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dieser Neo-Hippie-Look sowieso niemandem, und erst recht nicht einer Frau Ende fünfzig, doch ich finde, Frances’ Kleidung bringt ein bisschen Fröhlichkeit in die Praxis und bildet eine willkommene Abwechslung zu dem ganzen Blau ringsum: blaue Stühle, blassblaue Wände und der blaugraue rutschfeste, leicht zu reinigende Bodenbelag. Emma hat das ausgesucht – Blau ist ihre Lieblingsfarbe. »Ich muss los. Würden Sie Emma ausrichten, dass ich nach Talyford fahre?« Ich will sie nicht stören, wenn sie gerade einen Patienten behandelt.
    »Wird erledigt«, antwortet Frances.
    Ich nehme den Zettel, auf dem ich die Adresse notiert habe, hole meine Jacke und die Schlüssel aus dem Umkleideraum und renne hinaus. Frances’ Stimme klingt hinter mir her.
    »Halt, Maz, warten Sie. Haben Sie nicht etwas vergessen?« Als ich mich umdrehe, sehe ich, dass Frances meine Arzttasche in der ausgestreckten Hand hält. »Eines Tages vergessen Sie noch Ihren Kopf«, fügt sie mit gespielter Strenge hinzu.
    Ich hole mein Auto, ein sportliches Coupé, das ich in letzter Zeit kaum benutzt habe. Die Fahrt nach Talyford wird ihm guttun. Wenigstens ist das meine Ausrede – sie wird auch mir guttun. Ich sollte es gegen einen praktischeren Wagen eintauschen, aber – nicht, dass ich gefühlsduselig wäre oder so – es kommt mir vor wie die letzte Verbindung zu meinem früheren Leben als Tierärztin in London.
    Während ich vom Parkplatz neben dem Otter House fahre, werfe ich einen Blick zurück auf die Praxis, ein solides, cremefarben verputztes, dreistöckiges georgianisches Haus. Auf einem Messingschild steht mein Name, zusammen mit dem von Emma – seit fast fünfzehn Jahren meine beste Freundin und mittlerweile auch Geschäftspartnerin. Es kommt mir vor wie ein Traum, und wenn ich nicht gerade hinterm Steuer säße, müsste ich mich kneifen. Ich kann mein Glück noch immer nicht fassen.
    Schon damals, als wir uns an der Tiermedizinischen Fakultät bei der Obduktion eines Windhunds kennenlernten, hoffte ich, dass wir eines Tages zusammenarbeiten würden. Ich muss lächeln, da mir einer unserer Professoren einfällt, der sich für eine Art Filmfreak hielt. Mich nannte er wegen meiner blonden Haare immer Gwyneth Paltrow und Emma Catherine Zeta-Jones.
    Ich folge dem verwirrenden Einbahnstraßensystem, das sich mit der Zeit entwickelt hat, weil die Straßen in Talyton St. George für zwei Fahrzeuge zu schmal sind, aus der Stadt hinaus. Mit voll aufgedrehter Heizung kurve ich am Metzgerladen vorbei, wo die Kunden mit Mänteln und Schirmen unter einer gestreiften Markise anstehen, um ihre vorbestellten Truthähne und Schinken abzuholen. Zwischen Laceys Weinhandel und Lupins Andenkenladen biege ich vom Marktplatz ab und folge dem Hinweisschild Richtung Talyford nach Norden.
    Der örtliche Radiosender Megadrive Radio spielt einen Oldie von Wet Wet Wet. Es gießt in Strömen, und nach und nach verwandelt sich der Regen in Schneeregen.
    Talyford. Der Name hätte mir zu denken geben sollen, denke ich bitter, als ich am Rand des trüben Bachs anhalte, der schäumend und strudelnd quer über die Straße fließt, ehe er weiter unten im Tal in den Fluss mündet. Vermutlich ist es sicher, die Furt zu durchqueren. Aber wissen kann ich es nicht, da jemand den Pfahl, an dem der Wasserstand abzulesen ist, abgebrochen und in die Hecke geworfen hat. Weil ich bezweifle, dass ich den Weg ans andere Ende des Dorfes finden würde, wenn ich einen Umweg nähme, fahre ich trotzdem los, achte darauf, das Wasser nicht aufzuwühlen, und erreiche wohlbehalten das andere Ufer.
    Ein Stück weiter den Hügel hinab fließt der Bach vor ein paar hellrosa gestrichenen Cottages, einem Laden mit integriertem Postamt und einer kleinen Kirche vorbei. Den Rest der gewaltigen Metropole Talyford – das ist ironisch gemeint! – bilden ein paar zu Wohnhäusern umgebaute, um einen Hof gruppierte strohgedeckte Scheunen, vor denen »Zu verkaufen«-Schilder stehen. Ich parke vor einem der Cottages, der Old Forge, und gehe über ein schmiedeeisernes Brückchen über den Bach zur Vordertür.
    Ich klopfe, doch niemand macht auf. Ich rufe mir in Erinnerung, dass ich in Devon bin und hier alles etwas gemächlicher vonstattengeht, also warte ich ein paar Minuten, bevor ich ein zweites Mal klopfe. In der Ferne winselt ein Hund, und endlich wird die Tür geöffnet. Eine Frau, die ein paar Jahre älter ist als ich, begrüßt mich aus einem Rollstuhl heraus. Sofort fallen mir ihr violetter
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