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Dann muss es Liebe sein

Dann muss es Liebe sein

Titel: Dann muss es Liebe sein
Autoren: Cathy Woodman
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Eyeliner und der mit Farbe bespritzte Kittel auf.
    »Hallo. Ich bin Maz, die Tierärztin. Ms Diamond?«
    »Penny, bitte. Danke, dass Sie so schnell gekommen sind …« Schwungvoll dreht sie ihren Rollstuhl zum Flur herum, sodass ich nur noch ihren Hinterkopf sehe: das ausgefranste Batiktuch, das sie wie ein Bandana um den Kopf gebunden hat, und die Holzperlen in ihren bunt gefärbten Locken. »Sally ist da hinten.«
    Sie winkt mich an ihr vorbei in eine Art Atelier mit einer Staffelei und zahllosen Leinwänden, manche davon jungfräulich weiß, andere mit unheimlichen Landschaften bemalt. Einige sind in das gleißende Licht einer sengenden Sonne getaucht, andere dunkel und von schräg einfallendem Regen gepeitscht. Ich weiß nicht genau, wie ich sie beschreiben soll: impressionistisch oder amateurhaft. Aber wer bin ich schon, ihre Bilder zu kritisieren? Ich bin künstlerisch vollkommen unbegabt und könnte selbst nicht einen Strich malen oder zeichnen.
    »Entschuldigen Sie das Chaos. Als der Makler das Haus als kleines Schmuckstück bezeichnete, war mir nicht klar, wie winzig es tatsächlich ist.« Penny deutet auf die gegenüberliegende Zimmerecke. »Sally ist da hinten. Ich mache mir wirklich Sorgen – so habe ich sie noch nie erlebt.«
    Ich bemühe mich, nicht auf eine der Farbtuben zu treten, die über den Boden verstreut sind, und gehe um die Staffelei herum zu einer hübschen Golden-Retriever-Hündin mit rosafarbener Nase und dunkelbraunen Augen. Sie steht in der Ecke und trägt ein Geschirr mit einer kurzen Leine daran. Sie keucht, Geifer tropft ihr aus dem Maul, und ihr Bauch ist so stark angeschwollen, dass sie als Comic-Hund durchgehen könnte.
    »Sie hatte ein verfrühtes Weihnachtsessen.« Penny dreht den silbernen Ornamentring an ihrem Finger. »Sie hat meins von der Anrichte stibitzt: gefüllten Truthahn, Rosenkohl, das komplette Programm.«
    »Wann war das?« Ich versuche, Ruhe zu bewahren, doch in meinem Kopf schrillen die Alarmglocken: Sally geht es sehr schlecht, und wir haben nicht mehr viel Zeit.
    »Vor ungefähr zwei Stunden. Declan, mein Pfleger, der zweimal am Tag herkommt, ist danach ausgiebig mit ihr Gassi gegangen. ›Damit sie die zusätzlichen Kalorien wieder abtrainiert‹, hat er gesagt. Anscheinend hat sie auf dem Rückweg sehr viel Wasser aus dem Bach getrunken, und seitdem wird ihr Bauch immer dicker und dicker.« Penny verzieht das sommersprossige Gesicht. »Ich habe Angst, dass sie gleich platzt.«
    Die Hündin stöhnt und würgt. Spuckefäden hängen von ihrem Maul herab und bilden eine klebrige Pfütze auf dem Boden.
    »Können Sie ihr irgendwas geben? Eine Spritze? Tabletten?«
    »Ich wünschte, es wäre so einfach. Ich muss sie auf dem schnellsten Weg mit in die Praxis nehmen. Vielleicht muss sie eine Weile bei uns bleiben.«
    »Ich soll Weihnachten ohne sie verbringen?«
    »Es tut mir schrecklich leid, aber …« Da gibt es nichts zu diskutieren. Wenn Sally überhaupt noch eine Chance hat, dann im Otter House, nicht hier in der Wildnis von Talyford.
    »Ich bin auf Sally angewiesen«, fällt mir Penny ins Wort. »Sie hebt für mich Dinge vom Boden auf, holt das Telefon …«
    »Ach so.« Jetzt verstehe ich, warum der Hund im Haus Geschirr und Leine trägt. Ich spüre den wachsenden Druck, während Penny immer weiterredet, als könne sie nicht mehr aufhören – vermutlich eine Nebenwirkung des Alleinlebens. Wenigstens nehme ich an, dass sie allein lebt. Gegenüber dem Fenster, das auf einen sauber gemähten Rasen und einige Sträucher hinausgeht, hängen Fotos an der Wand, darunter auch Hochzeitsbilder einer jüngeren, viel schlankeren Penny in einem elfenbeinweißen Kleid im Stil der Zwanzigerjahre, auf denen sie neben einem ziemlich ungewöhnlichen Bräutigam mit stachelig gegeltem Haar und roten Röhrenhosen steht.
    »Es ist ernst, stimmt’s?« Pennys Stimme zittert. »Das sehe ich Ihnen an. Sie wird doch nicht sterben, oder?«
    Nicht, wenn ich es verhindern kann, denke ich, verkneife mir jedoch eine allzu optimistische Antwort. Ich will Penny keine falschen Hoffnungen machen.
    »Gibt es jemanden, der sich um Sie kümmern kann? Jemanden, zu dem Sie vorübergehend ziehen könnten?«, frage ich besorgt, denn ich weiß nicht, wie sie allein zurechtkommen soll, sowohl praktisch als auch emotional.
    »Ich will Declan nicht zur Last fallen. Er hat angeboten, morgen den ganzen Tag herzukommen, aber ich habe ihm gesagt, das wäre nicht nötig. Er hat seine eigenen Freunde. Und
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