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Dann klappt's auch mit dem Doktor

Dann klappt's auch mit dem Doktor

Titel: Dann klappt's auch mit dem Doktor
Autoren: Caroline Lenz
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lassen. Dafür wird er mich nicht ungeschoren davonkommen lassen. Ich wünschte, Nils wäre hier, um mir ein paar Tipps für das nun anstehende Tribunal zu geben. Während ich das Chefbüro betrete, versuche ich krampfhaft, einen entspannteren Gesichtsausdruck aufzusetzen. Fühlt sich nicht so an, als ob es klappen würde.
    Professor Astrup sieht aus, als wäre mit ihm heute gar nicht gut Kirschen essen.
    Â»Frau Dr. Plüm. Sie wissen, warum ich Sie zu diesem Gespräch gebeten habe?«
    Vielleicht, um meine großartige Arbeitsleistung zu würdigen? – Könnte ich nur so zum Spaß mal antworten. Ich würde zu gern nur ein einziges Mal von meinem Chef gelobt werden. Schließlich mache ich einen super Job. Hat denn in den oberen Etagen noch niemand was von positiver Verstärkung gehört? Anscheinend nicht. Um das Unvermeidliche noch ein wenig hinauszuzögern, entscheide ich mich dafür, zu lügen: »Ehrlich gesagt, Professor Astrup, weiß ich es nicht.«
    Â»Frau Plüm«, der Herr Professor atmet tief durch und streckt mir ein Papier entgegen, »was sehen Sie dort auf dem Papier?«
    Â»Hmm, mal sehen. Sieht aus wie eine Zeiterfassungstabelle. Hmm. Oh, das ist ja meine Zeiterfassung.«
    Professor Astrup verliert bei meiner schlecht gespielten Ahnungslosigkeit langsam die Geduld.
    Â»Ganz richtig, es ist Ihre Zeiterfassung. Und was ist das bitte für eine Zahl, die rechts unten, am Ende der Tabelle steht?«
    Â»Eine zweihundertvier.«
    Â»Eine zweihundertvier, Sie sagen es«, Professor Astrup läuft rot an und fängt an, in seinem Zimmer auf und ab zu laufen: »Frau Plüm, wie konnte das passieren?«
    Â»Wie? Was passieren?«
    Â»Wie um alles in der Welt konnten Sie es wagen, so viele Überstunden anzusammeln?«
    Nun, wenn ich es mir recht überlege, ist die Antwort auf diese Frage ganz einfach. Ich bezweifle nur, dass er sie hören möchte. Noch bevor ich den Mund öffnen kann, fährt er fort.
    Â»Sie wissen, dass wir uns diese Überstunden nicht erlauben können.«
    Langsam werde auch ich wütend: »Warum ich so viele Überstunden habe? Nun, das ist relativ einfach: Ich habe zu viele Extraschichten gemacht, für die, nebenbei bemerkt, Sie mich eingeteilt haben.«
    Â»Was soll das heißen, zu viele Extraschichten? Damals, vor diesen ganzen Arbeitnehmerrechten, haben wir achtundvierzig Stunden am Stück gearbeitet.« Professor Astrups Stimme bebt. Ich wusste doch, dass er die Antwort nicht hören wollte. Vielleicht hätte ich einfach meine vorlaute Klappe halten können. Astrup redet sich in Rage: »Wir waren dankbar dafür, so viel arbeiten zu dürfen. Meine Frau habe ich teilweise wochenlang nicht gesehen.«
    Gut, bei Professor Astrups Frau würde mir das auch nichts ausmachen.
    Â»Wir haben gearbeitet und es genossen. Ich weiß gar nicht, was dieses neumodische Arbeitsrecht überhaupt soll.«
    Ich nehme all meinen Mut zusammen. »Tja, dieses Arbeitsrecht gibt es aber nun mal, und wenn ich die Überstunden nicht mit Freizeit ausgleichen kann oder sie ausgezahlt werden, dann werden es immer mehr.«
    Ich lege eine bedeutungsvolle Pause ein, um meinen nachfolgenden Worten mehr Gewicht zu verleihen.
    Â»Sie wissen doch, was passiert, wenn eine Kontrolle stattfindet und herauskommt, dass die Assistenten übermäßig viel Mehrarbeit leisten.«
    Normalerweise bin ich nicht so mutig. Aber ich bin deprimiert. Wegen Nils. Und wegen der ganzen Deppen, die auf mir herumhacken. Was kann mir schon passieren? Dass Astrup mich rauswirft? Fein, dann gehe ich eben mit den Ärzten ohne Grenzen ans Ende der Welt in ein Land, in dem Kegeln verboten ist, und finde dort die Liebe meines Lebens in Form eines sozial engagierten Biologen oder Geologen oder so. Für den würde ich dann sogar den Müll ordentlich trennen. Alles ist besser, als weiter mit dem Mann, der mich so gedemütigt hat, arbeiten und Menschen wie meine Mutter und die Beier-Ziege ertragen zu müssen. Professor Astrup läuft hochrot an: »Wollen Sie mir etwa drohen?«
    Â»Nein. Ich sage nur, wie es ist. Ich habe mir die Gesetze nicht ausgedacht.«
    Und bin dabei heilfroh, dass ein anderer so engagiert war, das zu tun. Astrup setzt sich wieder an seinen Schreibtisch und beugt sich zu mir vor.
    Â»Frau Dr. Plüm«, säuselt er, »Sie wissen doch, dass ich voll hinter Ihnen stehe. Sie
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