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Dann klappt's auch mit dem Doktor

Dann klappt's auch mit dem Doktor

Titel: Dann klappt's auch mit dem Doktor
Autoren: Caroline Lenz
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Höhe!«, ereifert sich Frau Beier, »Sie verstoßen gegen die Hausordnung! Das werde ich der Hausverwaltung melden!«
    Â»Kümmern Sie sich doch zur Abwechslung einfach mal um Ihren eigenen Kram!«, pampe ich zurück, während ich die letzte Blume gieße. Wieder schwappt etwas Wasser über den Rand.
    Â»Wie können Sie es wagen!« Frau Beier schnappt nach Luft.
    Ich stelle die Gießkanne ab und eile ins Bad. Diese blöde Diskussion hat schon wieder viel zu viel Zeit gekostet.
    Das Bild, das sich mir beim Zähneputzen im Spiegel bietet, passt perfekt zu diesem Tag. Da stehe ich nun, Anna Plüm, 29 Jahre alt, promoviert, Dr. med., Assistenzärztin in der Kinderheilkunde, Single, in voller Pracht. Die schulterlangen, ursprünglich mausgrauen, jetzt blond gesträhnten Haare stehen verschwitzt in alle Richtungen und sehen leider gar nicht nach dem Out-of-bed-Look aus, den man in diversen Modezeitschriften bewundern kann. Der Teint ist fleckig-blass. Meine eckige hellrosa Hornbrille betont meine sonst blauen, jetzt albinokaninchenroten Augen. Die Augenringe gleichen dunklen Furchen, und der Rest ist auch nicht besser. Jedes kleinste Zentimeterchen meiner Haut scheint sich sämtlichen Falten, die ein Bettlaken schlagen kann, angepasst zu haben. Einziger Lichtblick: Unter dem rechten Träger meines rosa Shirts lugt vorwitzig eine kleine, aber durchaus knackige A-Brust heraus.
    Nach der Dusche sieht es noch nicht viel besser aus. Die Knitterfalten auf meiner rechten Wange halten sich prima, und die Haare sind immer noch unzähmbar. Auch Föhnen hilft da nicht. Das Gestrüpp auf meinem Kopf sieht aus wie ein geplatztes Sofakissen. Ich binde diesen Mob zu einem praktischen Pferdeschwanz zusammen. So wie fast jeden Tag. Ich habe nun mal keine bad-hair-days, ich habe ein bad-hair-life.
    Die Brille setze ich für die Arbeit wieder auf. In der Klinik trage ich sie immer, in meiner Freizeit so oft wie möglich Kontaktlinsen. Am liebsten würde ich mir die Augen lasern lassen. Aber da ich von meinem karitativ mickrigen Kinderärztinnen-Gehalt nichts zur Seite legen kann, werde ich das nötige Geld dafür wohl nie zusammensparen.
    Ein prüfender Blick in den heute echt unbarmherzigen Spiegel führt zu einem eindeutigen Urteil: Ohne Schminke kann ich auf keinen Fall aus dem Haus gehen. Die Zeit drängt: zwanzig nach neun. Ich muss mich beeilen. Mit reichlich Make-up versuche ich, leider erfolglos, die Knitter in meinem Gesicht zu glätten. Dann flitze ich in die Küche, schlinge zwei Bananen hinunter und trinke ein großes Glas Leitungswasser.
    Viertel vor zehn: Während ich in meine Jacke schlüpfe, greife ich nach meiner Tasche und öffne die Tür, um fast pünktlich das Haus zu verlassen. Da klingelt das Telefon. Ohne weiter darüber nachzudenken, gehe ich dran, was sich an diesem ohnehin schon verkorksten Tag als schwerwiegender Fehler erweist: Am anderen Ende ist meine Mutter. Dafür habe ich jetzt absolut gar keine Zeit. Ich muss dringend zur Arbeit. Das interessiert sie aber leider überhaupt nicht. Sie ist mal wieder beleidigt. »Ich weiß schon, dass du keine Zeit für deine Mutter hast. Wenn ich mir deinetwegen nicht ständig solche Sorgen machen müsste, würde ich dich nicht belästigen. Aber ich kann gar nicht glauben, was mir da zu Ohren gekommen ist.«
    Seufzend lehne ich mich an die Wand und stelle meine Tasche auf den Boden. Klingt nicht so, als ob ich sie schnell wieder loswerden würde. »Und, was ist dir so zu Ohren gekommen?«
    Â»Das fragst du noch? Wie kommst du dazu, so mit deiner Nachbarin umzuspringen?«
    Â»Mit wem?
    Â»Jetzt tu nicht so. Frau Beier natürlich. Sie hat mir alles erzählt.«
    Hmmm, das klingt nicht gut. »Was hat dir die Beier wann erzählt? Woher kennst du sie überhaupt?«
    Â»Na, von meiner Frauen-Kegelgruppe.«
    Â»Was macht die in eurem Kegelverein?«
    Â»Nicht in unserem Verein, sie spielt in der überregionalen Frauen-Kegelgruppe mit. Das habe ich dir doch erzählt. Hörst du mir denn nie zu?«
    Auf die Frage möchte sie bestimmt keine ehrliche Antwort haben.
    Â»Ich habe Frau Beier während des Turniers am letzten Wochenende kennengelernt. Eine sehr nette und anständige Dame.«
    Â»Das ist Geschmacksache. Sie kann auch anders.«
    Â»Jetzt hör aber auf. Wie kannst du nur so unhöflich zu ihr sein? Und wie kommst du dazu,
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