Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dann gute Nacht Marie

Titel: Dann gute Nacht Marie
Autoren: Susanne Becker
Vom Netzwerk:
sie gestern zusammen mit der kaputten Tube Reinigungsmilch weggeworfen, was nicht spurlos an ihr vorübergegangen war. Marie hinderte es nicht daran, auch den Selbstbräuner erneut zu rekrutieren, nachdem sie die Flasche sorgfältig unter fließendem Wasser abgewaschen hatte. Auch sie fand nach der Anwendung den Weg zurück ins Regal, ebenso wie die Anti-Aging-Creme, mit der Marie sich gleich darauf das Gesicht einrieb. Schließlich hatte sie nach dem neuesten Stand der Dinge noch einiges an Lebenszeit vor sich, die sie jetzt wieder möglichst lang ohne größere optische Abstriche überstehen wollte. SPEICHERN.
    Deshalb holte sie schließlich auch noch die gestern als unvorteilhaft entsorgte Cellulite-Lotion aus dem Müll und stellte sie zu den anderen Produkten zurück.
    Solchermaßen gut gepflegt und quasi kostenfrei komplett neu ausgestattet, ging Marie glänzend gelaunt zu ihrem Kühlschrank, um sich ein üppiges Urlaubsfrühstück zu bereiten. Doch leider herrschte hier wie schon die Tage zuvor gähnende Leere. Nun ja, einen letzten Lebenstag hätte man mit dem extrem dürftigen Lebensmittelangebot schon noch angemessen überstanden. Einem Neubeginn jedoch wurde der Kühlschrankinhalt in keinem Fall auch nur annähernd gerecht. SUCHEN …
    Zunächst bekam Kasimir, der nach der heute recht langwierigen Körperpflege schon ungeduldig wartete, etwas in seinen Napf. Wenn sie es jetzt doch noch länger miteinander aushalten mussten, sollte sie ihn vielleicht nicht zu sehr verärgern, fand Marie und gab ihm noch ein paar zusätzliche Leckerbissen. In dem Hin und
Her der letzten Tage und Wochen war der Kater wohl der absolute Gewinner, da er aus schlechtem Gewissen häufiger etwas mehr Futter bekommen hatte. Andererseits hatte er auch des Öfteren auf liebevolle Streicheleinheiten verzichten müssen. Das sollte sich jetzt wieder ändern.
    Während er gierig die einzelnen Stücke aus seinem Napf hinunterschlang, betrachtete Marie ihn kritisch von der Seite. Etwas zugenommen schien er zu haben.
    »Ab morgen wird etwas kürzergetreten, mein Lieber«, entschied sie laut, »ich muss schließlich auch wieder ran.« SPEICHERN.
    Kasimir vertilgte ungerührt die letzten Bissen seiner Morgenmahlzeit. Für ihn schien es morgen immer noch früh genug zu sein, sich über eine reduzierte Futterration aufzuregen. Und außerdem, wer wusste denn, ob es sich Frauchen dann nicht schon wieder anders überlegt hatte?
    Maries Frühstücksproblem allerdings blieb. Und da ihre Kompromisslosigkeit in den letzten Minuten noch kein bisschen nachgelassen hatte, wurden die wenigen vorhandenen Utensilien als definitiv nicht angemessen abgeurteilt. Also musste sie wohl oder übel auf die Vorräte anderer zurückgreifen. Alma, mit der sie jetzt gerne bei einem Kaffee einen entspannten Plausch gehalten hätte, war sicher längst in der Redaktion. Und Elmar? Der war entweder an der Uni, oder er schlief noch.
    Da blieb nur noch die Möglichkeit, sich an die wirklichen Experten zu wenden und zum Frühstücken ein nettes Café aufzusuchen. Ein paar Straßen weiter fand Marie eins, in dem sie auch sofort einen kleinen Tisch in der Ecke erspähte, der wie gemacht für sie schien. Unter der
Woche war nicht viel Betrieb, sodass sie gemütlich bei leiser Radiomusik das »Frühstück Spezial« genießen konnte. Welch ein gelungener Auftakt für das kommende neue Leben! UNTERSTREICHEN.
    Auf dem Rückweg vom Café erledigte Marie gleich noch ein paar Einkäufe, schließlich konnte und wollte sie ihr neues Leben nicht in der Hauptsache in Restaurants verbringen. Der Kühlschrank musste wieder gut gefüllt und gleichzeitig ein Film für die Spiegelreflexkamera besorgt werden, damit ein erfolgreicher Verlauf des Tages gesichert werden konnte.
    Voll bepackt mit verschiedenen Supermarkttüten schnaufte Marie die Treppen zu ihrer Wohnung nach oben - langsam und vorsichtig, weil sie kaum über ihre große Last hinwegsehen konnte. WEITER. Oben angekommen stolperte sie fast über einen Überraschungsbesuch, der es sich vor ihrer Wohnungstür auf dem Fußabstreifer leidlich bequem gemacht hatte - Lutz Maibach. ZOOM.
    Marie traute ihren Augen nicht, als sie ihn da so unerwartet an den Türstock gelehnt sitzen sah, und ließ vor Schreck sämtliche Einkäufe fallen.
    »Hey! Willst du mich umbringen? Das wäre aber kein besonders aufregender Mord für deinen Krimi«, grinste er, als wäre nichts gewesen.
    ZOOM. Er war es tatsächlich. Er sprach, er grinste - wie immer. Marie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher