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Dann gute Nacht Marie

Titel: Dann gute Nacht Marie
Autoren: Susanne Becker
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nahenden Winter vorzubereiten. Und das als Gift-Experte.«
    »Und wie geht es dir jetzt? Ist alles wieder in Ordnung?« Solange sie bei seiner Krankengeschichte blieben, fühlte sich Marie wieder sicherer.
    »Na ja, wie man es nimmt. Meine Mutter ließ es sich leider nicht nehmen, meiner Junggesellenbehausung einen Besuch abzustatten und mich nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus mit ihrer übergroßen Fürsorge wieder auf die geschwächten Beine zu bringen.«
    »Na und? Das ist doch sehr lieb von ihr.« Jetzt, nach der Aussprache mit ihrer eigenen Mutter, konnte Marie dieses Engagement eigentlich nur positiv bewerten.
    »Nun ja, sie neigt etwas zu Übertreibungen. Was auch bedeutet, dass sie nicht im Traum daran denkt, wieder abzureisen, solange sie auch nur den leisesten Verdacht hegt, dass ich noch irgendwie geartete Pflege nötig habe.« Bei diesem Satz machte Lutz ein so mitleiderregendes Gesicht, dass Marie nun doch lachen musste und auch nachvollziehen konnte, warum er sich nicht gemeldet hatte. Doch gleichzeitig konnte sie den wahren Grund für sein Kommen nun gar nicht mehr leugnen: Lutz war nur wegen ihr, Marie, hier. Er wollte offensichtlich sie sehen, nicht ihren Roman, nicht ihre Wohnung, nicht ihren Kater. Diese Erkenntnis verringerte Maries
Herzrasen keineswegs. Und sagen konnte sie schon erst recht nichts. Nach acht Jahren Beziehungsabstinenz war das auch gar nicht so einfach.
    »Es tut mir wirklich außerordentlich leid, aber in meiner Wohnung konnte ich zu keinem einigermaßen annehmbaren Zeitpunkt ungestört telefonieren und in der Universität natürlich auch nicht.« Marie wusste nicht, ob sie über Lutz’ Dilemma gerührt oder belustigt sein sollte. Als sie sich vorstellte, wie er unter den strengen Augen seiner Mutter mit dem Telefon in der Hand auf die Toilette verschwand und sich schließlich aus Angst vor einem mütterlichen Lauschangriff doch nicht traute anzurufen, fand sie diesen Gedanken doch eher lustig.
    »Du hast leicht lachen! Gegen die heimische Tag-und-Nacht-Belagerung seit meiner Entlassung war die ursprüngliche Fischvergiftung geradezu ein Spaziergang. Ich musste mir heute eine besonders durchdachte Ausrede einfallen lassen, damit ich nicht wieder zum Mittagessen zu Muttern an den heimischen Küchentisch zitiert wurde, sondern zu dir kommen konnte.« Bei diesen Worten war sein Blick nicht mehr hilflos, sondern erleichtert, weil er es geschafft hatte, der übertriebenen Sorge der Mutter zu entkommen. »Länger wollte ich jetzt auf keinen Fall mehr warten«, gestand er und sah sie liebevoll an.
    Marie hatte das Gefühl, dass man ihr den Boden unter ihrem Sofa wegzog. Er hatte sogar seine Mutter beschwindelt, nur um sie endlich sehen zu können? Marie senkte verlegen den Kopf und … hatte mit einem Mal ein noch schlechteres Gewissen. Sie hatte ihn die ganze Zeit belogen, nicht er sie. SPEICHERN. Sie war so beschämt, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Dieser
Zustand war zwar für die vergangene Stunde nichts Neues, doch jetzt hatte sie das ganz starke Gefühl, dass eine Stellungnahme ihrerseits angebracht sein könnte. Doch mehr als ein leises »Warum hast du das getan?« brachte sie nicht heraus. Zu groß war die Angst, nun auch Farbe bekennen zu müssen. Sollte doch der souveräne Herr Maibach erst einmal vorlegen. Sie konnte ja dann immer noch angemessen antworten.
    »Du meinst, warum ich meine Mutter derart hinterlistig und dreist belogen habe, obwohl sie es doch immer nur gut mit mir meint?«
    »Nein, ich meine …« Irgendwie war es für Marie heute fast unmöglich, die richtigen Worte zu finden. In ihren »männerlosen« Jahren hatte sie offensichtlich jegliche Versiertheit im Formulieren von Gefühlen verloren. Daran konnten auch die paar selbst geschriebenen Liebesbriefe nichts ändern.
    Kein Problem für Lutz, der offensichtlich langsam richtig in Fahrt kam. »Wenn du jetzt glaubst, dass ich nur wegen deines Krimiprojektes hier bin, muss ich dich leider enttäuschen. Nach dem zunächst gelungenen Abend bei Antonio und deinem plötzlichen Aufbruch ist sogar bei mir endlich der Groschen gefallen. Ich wollte so unbedingt an deinem Roman mitarbeiten und dazu beitragen, dass er ein Erfolg wird, dass ich wohl etwas übers Ziel hinausgeschossen bin.« Offensichtlich hatte sich Lutz jetzt damit abgefunden, dass er das Gespräch heute allein bestreiten musste. »Ich habe einfach nicht realisiert, unter welch immensen Druck ich dich damit setze, sodass du in deiner
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