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Dann gute Nacht Marie

Titel: Dann gute Nacht Marie
Autoren: Susanne Becker
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kam er zu ihr in die Küche und lehnte sich an die Tischkante. »Schön hast du es hier.« Bei Allerweltsfloskeln konnte er ganz einfache Sätze sprechen. UNTERSTREICHEN. »Du bist sauer, weil ich mich nicht mehr gemeldet habe, oder?«
    Vor Schreck fiel Marie beinahe die Zuckerdose aus der Hand, die sie gerade aus dem Regal genommen hatte. So direkt hätte sie es eher nicht gesagt. Und wenn sie auch wusste, dass sie nicht ewig um den heißen Brei herumreden konnten, so hätte sie etwaige Geständnisse aller Art doch am liebsten noch möglichst lang hinausgezögert. Der Grund, warum Lutz sie nicht angerufen hatte, interessierte sie einerseits brennend, andererseits hatte sie eine Heidenangst davor. Was, wenn er eine andere kennengelernt hatte und ihr jetzt schonend beibringen
wollte, dass sie sich keine Hoffnungen mehr machen durfte?
    Marie kniff erneut. »Ach was, du bist mir doch keine Rechenschaft schuldig. Außerdem müsstest du sauer auf mich sein, weil ich dich im Restaurant einfach ohne Erklärung habe sitzen lassen. Es tut mir leid.«
    »Ich weiß, ich habe deine Nachrichten bekommen.«
    Und warum hast du dich dann nicht gemeldet? Marie traute sich nicht, ihre Enttäuschung laut auszusprechen. Stattdessen nahm sie die vollen Kaffeetassen aus der Espressomaschine und stellte sie zusammen mit der Zuckerdose auf ein Tablett.
    »Wir trinken den Kaffee drüben«, sagte sie in ihrer Unsicherheit etwas zu ruppig und steuerte schnell mit den Sachen aus der Küche hinaus ins Wohnzimmer. WEITER. Dort schob sie auf dem Tisch ihren aufgeschlagenen Terminkalender unauffällig zur Seite und stellte die beiden Kaffeetassen hin: »Nimmst du Zucker?« Leider war das die letzte sinnvolle Frage, die ihr im Moment einfiel, um geschickt vom Thema abzulenken.
    So geschickt offensichtlich doch nicht, denn Lutz nahm ihr die Zuckerdose aus der Hand und meinte ruhig: »Jetzt lass doch mal den Kaffee. Ich möchte dir das endlich erklären.« Oh Gott, wie peinlich sollte das eigentlich noch werden? RÜCKGÄNGIG? Hatte sie nicht schon genug unangenehme Situationen in der letzten Zeit erlebt? Konnte sie nicht ihr gerade wieder neu gefundenes Leben einfach in aller Ruhe beginnen? Ohne Überraschungen? Ohne Aufregungen? Ohne Probleme? War das zu viel verlangt?
    »Mensch, ich hab dir ja noch gar nicht Kasimir vorgestellt. Den musst du unbedingt kennenlernen.« Marie
sprang wie von der Tarantel gestochen vom Sofa auf und lief ziemlich planlos im Wohnzimmer umher. Ausgerechnet heute kam der Kater nicht wie sonst sofort, um den unbekannten Besucher ausgiebig zu beschnuppern. Ob das ein schlechtes Omen war? Oder gar ein Minuspunkt für Lutz? Der Vierbeiner konnte nur im Schlafzimmer sein … Maries Angst, dass jetzt die Karten auf den Tisch gelegt werden würden, wuchs von Minute zu Minute.
    Gerade als sie in den Flur stürmen wollte, um der unerträglichen Peinlichkeit gekonnt zu entfliehen, stellte sich Lutz ihr in den Weg. »Wer auch immer dieser Kasimir ist - dein Wellensittich, dein Butler oder dein Säbelzahntiger -, ich möchte dir das zuerst erklären! Jetzt!«
    Seine Bestimmtheit und Ruhe brachten Marie schlagartig dazu, sich widerstandslos von ihm zurück zum Sofa führen zu lassen und sich zu setzen. ZWISCHENABLAGE. Da es offensichtlich so sein sollte und Lutz sich nicht davon abbringen ließ, ihr was auch immer zu erklären, war es besser, das Ganze möglichst schnell hinter sich zu bringen. Vor Aufregung krallte sie ihre Finger ineinander und merkte, wie ihr das Herz bis zum Hals schlug.
    »Ich war wirklich krank.« Na, das war ja wunderbar. Nun erfuhr sie auch noch, dass er die ganze Zeit zu Hause gewesen war und trotzdem nicht zurückgerufen hatte.
    »Ich hatte eine Fischvergiftung.« Oh nein, die Garnelen … »Zuerst hab ich die Übelkeit nicht ernst genommen, aber dann wurde es so schlimm …«
    »Das darf doch nicht wahr sein! Der Dozent eines Toxikologie-Seminars hat eine Vergiftung.« Vor Erleichterung und schlechtem Gewissen wusste Marie nicht, was sie sonst dazu sagen sollte. Sie hatte ihm - wenn auch nur in Gedanken - ziemlich unrecht getan.

    »Hör bloß auf damit! Du ahnst ja nicht im Entferntesten, was ich im gesamten Institut seitdem über mich ergehen lassen muss«, sagte Lutz grinsend. »Und dann auch noch in einer derart schweren Form, dass ich mehrere Tage im Krankenhaus verbringen musste. Wahrscheinlich hätte ich doch unverzüglich zum Arzt gehen sollen, anstatt zuerst noch anzufangen, meinen Garten auf den
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