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Dann gute Nacht Marie

Titel: Dann gute Nacht Marie
Autoren: Susanne Becker
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energiegeladen aus dem Bett.
    Kasimir lugte kurz darauf erstaunt um die Ecke und strich um Maries Beine. Schließlich hatte er von seinem geplanten Wohnsitzwechsel bis heute nichts erfahren. Umso überraschender schien für ihn an diesem Morgen die Nachricht zu sein, dass er sich doch nicht auf einen Umzug einstellen musste. Zum Glück hatte es sich der Kater in den letzten Wochen zur Gewohnheit gemacht, den Launen seines Frauchens keine allzu große Bedeutung beizumessen. Und so war dieser euphorische Tagesbeginn wohl keine übermäßige Irritation für das Tier, sondern nur ein weiterer Ausschlag in einer ohnehin extrem unregelmäßigen Stimmungskurve. Irgendwann würde hier auch wieder etwas mehr Ruhe einkehren. Und das war die Hauptsache, schien Kasimir zu denken und harrte geduldig der Dinge, die da kamen. ZWISCHENABLAGE.
    Marie war unterdessen gut gelaunt ins Badezimmer gesprungen, um sich zur Abwechslung mal wieder eine
ausgiebige Körperpflege zu gönnen. Ab morgen würde sie vor der Arbeit wieder kaum Zeit dafür haben, deshalb war heute noch einmal Rundumerneuerung angesagt. Der Gedanke an den erneuten Arbeitsbeginn, mit dem sie eigentlich nicht mehr gerechnet hatte, brachte sie diesmal nicht aus der Ruhe. Immerhin kam sie in ein Büro zurück, das so gut sortiert und aufgeräumt war wie noch nie. Und mit ihrer Risikobereitschaft der letzten Arbeitstage hatte sie sich eine Basis geschaffen, die ihren zukünftigen Projekten in jedem Fall zugutekommen würde. Also kein Grund zur Panik, sondern beste Voraussetzungen für die kommenden Arbeitsmonate.
    Wenn sie jetzt darüber nachdachte, kam es Marie fast sträflich vor, dass sie die ideale Ausgangslage für ihre Zukunft, die sie sich in der letzten Zeit unbewusst geschaffen hatte, durch ein sofort herbeigeführtes Lebensende hatte ungenutzt verschwenden wollen. SPEICHERN. Je länger sie darüber nachdachte, desto unsinniger kam ihr der Plan vor, den sie in den vergangenen Wochen so konsequent verfolgt hatte. Andererseits hätte sie ohne ihn vermutlich nicht oder erst viel später erkannt, welche Möglichkeiten ihres Lebens sie bis jetzt unterschätzt hatte. SPEICHERN.
    In diesem Zusammenhang fiel Marie auch wieder das Fotografieren ein, das von ihr so lange vernachlässigt worden war. Mit einem Bein bereits in der Dusche sprang sie sofort noch einmal heraus und lief nackt ins Wohnzimmer, wo sie im Schrank vor ein paar Tagen ihre Spiegelreflexkamera wiedergefunden hatte, die dort seit einigen Jahren vergeblich auf einen erneuten Einsatz wartete. Der Blitz musste neu geladen werden, was sie sofort erledigte, der Kauf eines verwendbaren Films wurde
für den Nachmittag geplant. In naher Zukunft würde sie sich eine der inzwischen üblichen Digitalkameras zulegen. SPEICHERN. Aber heute würde sie noch wie früher mit ihrem analogen Apparat einige schöne Fotos machen können. Ein lohnendes Vorhaben für den letzten Urlaubstag, fand Marie und kehrte, da sie zu frieren begann, schnell unter die warme Dusche zurück.
    Beim Abtrocknen fiel ihr ein ebenso neues wie unerwartetes Problem auf: Einige der Pflegeprodukte, die jetzt gleich zum Einsatz hätten kommen sollen, waren bei der gestrigen Entsorgungsaktion gnadenlos in den Müll gewandert. Da sich aber Marie für ihr neues Leben vorgenommen hatte, keine unnötigen Kompromisse mehr zu machen, wollte sie jetzt, da sie sich die Zeit für eine ausführliche Körperpflege nehmen konnte, dabei ungern irgendwelche Abstriche machen. Sie wickelte sich also ein großes Duschhandtuch um den Körper und kniete sich vor den bis zum Rand gefüllten Abfalleimer. Mit spitzen Fingern angelte sie als Erstes den Hornhautentferner heraus, der angewendet werden musste, solange die Haut vom warmen Wasser noch weich war. Vorsichtshalber spülte sie ihn gründlich ab, bevor sie ihn zum Einsatz brachte und anschließend wieder für die nun doch zu erwartende Zukunft ins Regal legte.
    Eine große Tube Körperpeeling fand als Nächstes den Weg zurück ins Leben und wurde auch sogleich ausführlich angewendet. BEARBEITEN. Und nachdem die Haut nun schön glatt gerieben war, wäre es an diesem grauen Herbsttag natürlich naheliegend gewesen, mit etwas Selbstbräuner einer frischen Färbung ein bisschen nachzuhelfen. Leider auch im Müll. RÜCKGÄNGIG.
    Als Marie die aus dem Abfall gefischte Flasche in der
Hand hielt, tropfte eine zunächst undefinierbare grünliche Flüssigkeit daran herunter auf den sauberen Fliesenboden. Offensichtlich hatte sie
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