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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba
Autoren: Oliver Buslau
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Prolog
    Die Frau kauert auf dem Boden des Transporters und hält ihr Kind fest. Die Lichter der Straßenlampen rasen vorbei. Sie hat es aufgegeben, darüber nachzudenken, wie lange sie schon hier drin ist.
    Das Kind stöhnt leise. Als sie losgefahren sind, hat es geweint und geschrien. Der Mann hat ihm ins Gesicht geschlagen und ihr einen Tritt in den Unterleib verpasst. Sie spürt den Schmerz immer noch, aber er ist nicht so groß wie die Angst.
    Sie richtet sich auf. Dabei muss sie das Kind loslassen. Es will schreien, aber sie streicht ihm beruhigend über den Rücken. Sie blickt durch das Seitenfenster. Neonlichter. Der Wagen fährt auf einer breiten Straße durch eine Stadt. Sie sieht erleuchtete Schaufenster, Straßenlaternen.
    Sie spannt ihren Körper an. Sie würde alles geben, um hier herauszukommen.
    Die Frau zuckt zusammen. Sie kommen wieder an einem Neonschild vorbei. Sie liest das Wort POLIZEI. Das Wort mobilisiert ihre Kräfte.
    Sie beugt sich zu ihrem Kind hinunter. Der Mann hat sie nicht gefesselt. Er rechnet nicht damit, dass sie es wagt, in voller Fahrt aus dem Wagen zu springen. Aber das ist ihre einzige Chance.
    Ob sie es überleben wird? Ob ihr Kind es überleben wird? Sie muss es versuchen. Je mehr Zeit vergeht, desto weiter entfernen sie sich von der Polizeistation.
    Sie tastet nach dem Hebel der Schiebetür.
    Wenn sie einen Moment abwartet, in dem der Wagen nicht so schnell fährt…
    Sie will es wagen. Jetzt.
    Da geschieht das Unerwartete. Der Wagen bremst ab und hält. Sie erschrickt. Ist es zu spät? Sind sie am Ziel?
    Egal. Die Frau zieht den Griff zur Seite, die Tür rollt mit einem schleifenden Geräusch nach hinten. Sie packt das Kind fest am Arm.
    Ihre Beine sind eingeschlafen, und als sie die ersten Schritte läuft, kommt sie ins Straucheln. Doch sie fängt sich, rennt weiter und zieht das Kind hinter sich her. Sie hört noch, wie der Mann einen Schrei ausstößt.
    Niemand ist auf der Straße. Sie erkennt eine hell beleuchtete Bushaltestelle. Dahinter eine dunkle Fläche. Büsche und Bäume.
    Vage dringt an ihr Ohr, wie der Mann im Wagen hinter ihr Gas gibt.
    Das Kind wimmert. Sie nimmt es auf den Arm und gelangt auf einen weitläufigen asphaltierten Parkplatz. Sie läuft und läuft und kommt schließlich an einer Ausfahrt heraus, die auf eine andere Straße führt. Die Frau spürt ihre Knie weich werden. Das Laufen strengt sie zu sehr an. Sie muss das Kind absetzen, es wird zu schwer. Erschöpft lässt sie sich auf dem Parkplatz nieder. Vor ihren Augen tanzen weiße Punkte.
    Wo ist die Polizeistation? Sie muss dorthin finden. Aber es ist zu gefährlich, auf der breiten Straße zurückzugehen. Sie kämpft gegen die Erschöpfung an. Mühsam steht sie auf.
    Ängstlich sieht sie sich um und registriert zwischen den Bäumen bunte Lichter. Eine Kneipe.
    Wo ist ihr Kind?
    Sie springt auf und ruft den Namen ihrer Tochter. Ihr Herzschlag beruhigt sich, als sie das Mädchen neben dem Parkplatz auf dem Gehsteig sieht. Dort liegt, hell von Straßenlampen beleuchtet, eine Einmündung.
    Sie ruft das Mädchen. Es dreht sich um und lächelt.
    Als die Frau den Gehsteig erreicht hat, macht es ein paar Schritte auf die Straße. Sie will hinterher, will das Mädchen nehmen und in die Dunkelheit des Parkplatzes zurückholen, da nähert sich ein Geräusch. Die Frau dreht den Kopf und erkennt zwei gleißende Scheinwerfer, die in wahnsinniger Geschwindigkeit herangeprescht kommen.
    Einen Moment lang schaut sie wie gebannt auf dieses helle Licht.
    Das Mädchen bleibt mitten auf der Straße stehen. Mit großen Augen blickt es dem Wagen entgegen, der immer näher kommt.
    Der Frau wird klar, dass es noch nie ein Auto gesehen hat.

1. Kapitel
    Der Finger des Verlagsleiters war dick wie eine Knackwurst und glänzte. Ich vermutete, dass er auch genauso fettig war.
    Der Finger tippte dreimal auf meine Bewerbungsunterlagen, dazu stellte der Mann mit unangenehmer Fistelstimme zum dritten Mal dieselbe Frage.
    »Sie sind wirklich Detektiv?«
    Ich nickte - ebenfalls zum dritten Mal. Mir wurde klar, dass man bei Bewerbungsgesprächen nicht nur agil, interessiert und kompetent auftreten musste, sondern auch ein gehöriges Maß an Geduld an den Tag zu legen hatte.
    »Soso«, machte der Verlagsleiter, der anscheinend auch Personalchef war. Außer einer älteren Dame mit Rüschenbluse im Vorzimmer und ihm hatte ich in den Büroräumen niemanden gesehen.
    »Und?«, fragte er und sah mich mit kleinen dunklen Mäuseaugen
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