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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba
Autoren: Oliver Buslau
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an.
    »Und was?«, fragte ich.
    »Warum wechseln Sie den Job?« Er lehnte sich in seinem Chefsessel so weit zurück, dass das Möbel gequält aufschrie. »Eine Detektei ist doch ein Unternehmen. Und ein Unternehmen gibt man nicht so leicht auf. Ich spreche da aus Erfahrung.«
    Er verzog den Mund und unternahm den Versuch, mein Lächeln zu erwidern, was ich als gutes Zeichen deutete. Ich überlegte, was ich ihm sagen sollte. Zum Glück gewann ich etwas Zeit, weil der Verlagsleiter zu einem kleinen Monolog ansetzte.
    »Sehen Sie, in den heutigen Zeiten sollte man versuchen, seine Selbstständigkeit zu bewahren. Schauen Sie sich meinen Verlag an. Uns geht's nicht so rosig, wie Sie vielleicht denken. Trotzdem verteidige ich wacker meine Pfründe. So ein Firmenadressbuch im Internet ist was wert. Wenn heute nicht, dann morgen.« Er beugte sich vor, und sein Ton wurde verschwörerisch. Offenbar sprach er jetzt von Unternehmer zu Unternehmer. »Man darf sich seine Chancen nicht nehmen lassen. Und Ermittlungen«, er machte eine vage Handbewegung, »Ermittlungen sind doch sicher etwas, was heutzutage jeder benötigt.«
    Sein Blick wurde verklärt und ging zur Decke. Gleichzeitig griff er neben sich, zog eine Schublade auf und holte einen dicken Cheeseburger hervor. »Das Leben wird doch immer schwieriger, immer undurchsichtiger. Wer kann sich heute noch auf die Polizei verlassen? Die Menschen müssen selbst Verantwortung übernehmen, sie müssen sich in einer immer komplizierter werdenden Welt zurechtfinden. Und dafür brauchen sie Hilfe. Hilfe, die Sie den Menschen bieten können …«
    Er drehte den Kopf zur Seite und biss zu. Soße tropfte auf den Schreibtisch, auch meine Bewerbungsmappe bekam etwas ab. Da der Verlagsleiter jetzt kaute und nicht mehr sprach, erlaubte ich mir, eine Frage zu stellen.
    »Was wäre denn nun meine Aufgabe hier?«
    Der Verlagsleiter schluckte, und ich sah das dicke Cheeseburger-stück seinen Hals hinuntergleiten.
    »Bücher«, erklärte er.
    Mir wurde flau, als die Ausdünstungen des Cheeseburgers über den Schreibtisch in meine Richtung drangen. Es war neun Uhr morgens, und ich hatte nicht gefrühstückt. War es eben nicht um irgendetwas mit dem Internet gegangen?
    »Aha, Sie verlegen also auch Bücher«, sagte ich. »Interessant.«
    Der Verlagsleiter schmiss den Cheeseburger irgendwohin, stand auf und öffnete eine Tür. »Schauen Sie her.«
    Zuerst dachte ich, der Raum nebenan sei eine Baustelle, denn ich erkannte eine Mischmaschine, Schaufeln und graue Plastikbottiche. Aber hier wurde nicht renoviert. Die Bottiche und die Mischmaschine waren voller Bücher. Hauptsächlich Paperbacks, manche vergilbt, andere noch ziemlich neu. Die Bücher standen in Stapeln an der Wand, lagen in Haufen auf dem Boden. Viele waren zerfleddert, auch zerrissen. Einzelne Blätter steckten hier und da.
    »Passen Sie auf.« Der Verlagsleiter legte einen Hebel um. Die Mischmaschine begann sich zu drehen. Er griff zu einer der Schaufein, die an der Wand lehnten, und schippte Bücher in die röhrende Maschine, als ob sie Sand wären.
    »Ist unsere Erfindung«, brüllte er gegen den Lärm an und lächelte stolz. Er schippte noch ein bisschen, setzte dann die Schaufel ab und rief: »Wir müssen jetzt ein paar Sekunden warten.« Er drehte sich um und beobachtete den Mischvorgang. »Ah - jetzt.«
    Er stoppte das Gerät und zeigte in den Behälter der Maschine. »Sehen Sie? Jetzt haben wir all den Ausschuss herausgefiltert und etwas ganz Neues daraus gemacht.« Er griff hinein, als wollte er das große Los ziehen. In seiner Hand war ein Buch. Leinengebunden, brandneu.
    »Und wie heißt das Buch?«, fragte ich, denn ich konnte nirgendwo einen Titel entdecken.
    Der Verlagsleiter winkte ab. »Das macht die Marketingabteilung. Sie liest es und denkt sich einen Titel aus. Damit haben Sie nichts zu tun. Ihre Aufgabe ist es, die Mischmaschine zu bedienen.« Er hielt mir die Schaufel hin. »Hier. Versuchen Sie mal. Es ist ganz einfach.« Er schmiss die Maschine wieder an, der Lärm steigerte sich.
    »Welche Bücher soll ich denn reinschippen?«, rief ich.
    »Welche Sie wollen. Das ist ja auch eine kreative Arbeit. Da hinten an der Wand sind die Liebesgeschichten. Hier vorn Krimis, und auf dem ganz großen Haufen da sind historische Romane. Davon sollten Sie eine besonders kräftige Prise nehmen. Ansonsten müssen Sie sich aber keine Gedanken machen. Die Maschine mixt das alles so zurecht, dass es marketingfähig ist.«
    Ich begann
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