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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba
Autoren: Oliver Buslau
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Esstisch zurückkehrte.
    »Warum haben Sie so lange damit gewartet, einen Privatermittler zu engagieren?«, fragte ich, als ich wieder vor der Mappe und meiner halb ausgetrunkenen Teetasse saß.
    »Am Anfang dachte ich, die Polizei würde das sicherlich schon herausbekommen. Als dann drei, vier Monate um waren und noch immer nichts über eine Lösung des Falls zu lesen war, setzte ich mir eine Frist.«
    »Sechs Monate haben Sie gesagt. Jetzt sind es sieben.«
    »Ich bin zwischendurch krank gewesen und lag vier Wochen im Krankenhaus.«
    »Und Sie haben trotzdem alle Zeitungsausschnitte gesammelt? Ich meine, ist Ihnen nicht vielleicht etwas entgangen? Es kann doch sein, dass man den Fall mittlerweile gelöst hat, und Sie haben es nicht mitbekommen.«
    »Ich habe zuverlässige Helfer damit beauftragt, die Zeitungen durchzusehen.«
    Ich blätterte durch die Kopien und stieß auf einen Artikel, in dem die Polizei zur Mithilfe der Bevölkerung aufrief. Eine Fotomontage des Kindes war abgedruckt. Ein kleiner Wuschelkopf. Dunkles Haar.
    »In Ordnung«, sagte ich. »Ich werde mein Bestes versuchen.«
    Frau Weitershagen nickte. »Das habe ich von einem Profi wie Ihnen nicht anders erwartet. Sie haben doch in Wuppertal schon so viele Fälle gelöst. Ich habe in der Zeitung darüber gelesen.«
    »Aber wie gesagt: Die Polizei hat viel mehr Möglichkeiten, Zeugen zu finden und Spuren nachzugehen. Und wenn die Polizei nicht weitergekommen ist, hat das seinen Grund. Welchen auch immer. Ich habe ganz gute Kontakte ins Präsidium. Ich informiere mich darüber, wie weit die in dem Fall wirklich sind. Dann spreche ich noch einmal mit den Zeugen. Vielleicht gibt es ja ein Detail, das übersehen wurde.«
    »Wie hoch ist Ihr Honorar?«, fragte sie.
    »Zweihundert Euro pro Tag plus Spesen. Der heutige Tag zählt mit. Ich bekomme zwei Tagessätze als Vorschuss.«
    »Der heutige Tag zählt mit?«
    »Ich werde jetzt sofort mit der Arbeit anfangen.«
    Sie nickte, zauberte aus irgendeinem Seitenfach ihres Rollstuhls eine kleine Glocke hervor und bimmelte kurz. Der Klang war noch nicht verflogen, da erschien der Butler schon.
    »Sie wünschen?«
    »Seien Sie so gut und zahlen Sie Herrn Rott vierhundert Euro in bar aus.«
    Der Butler deutete eine Verbeugung an und ging.
    »Vielen Dank«, sagte ich und nahm die Papiere aus der Mappe. Ich faltete sie und steckte sie in die Innentasche meines Sakkos. Dann stand ich auf.
    Frau Weitershagen gab mir die Hand. »Wann hören wir wieder voneinander?«
    »Ich melde mich morgen im Laufe des Tages und berichte Ihnen, was ich herausgefunden habe.«
    »Einverstanden.« Sie nickte. Dann schien ihr noch etwas durch den Kopf zu gehen. »Zehntausend«, sagte sie plötzlich.
    »Wie bitte?«
    »Zehntausend Euro. Das ist die Erfolgsprämie, wenn Sie den Fall aufklären. Natürlich zusätzlich zu Ihrem üblichen Honorar.«
    Neben der Garderobe überreichte mir der Butler vier Hunderteuroscheine und ließ mich eine Quittung unterschreiben. Dann führte er mich hinaus.
    »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag«, sagte er höflich und schloss die Tür.
    Während ich den kurvigen Weg zur Straße hinunterging, tastete ich nach den Zeitungsausschnitten, zog sie hervor und durchsuchte meine Taschen nach meinem Handy. Mir fiel ein, dass ich es im Auto gelassen hatte.
    Es lag in der Ablage der Fahrertür; das Display zeigte »1 unbeantworteter Anruf von Jutta«. Na, die wird sich freuen, wenn ihr Neffe mal wieder Arbeit hat, dachte ich. Wahrscheinlich würde ich ihre Hilfe brauchen. Ich verschob den Rückruf jedoch.
    Ich setzte mich ins Auto, fuhr aber nicht los, sondern saugte als Erstes alle wichtigen Informationen aus den Zeitungsartikeln. Viel mehr, als ich mit Frau Weitershagen besprochen hatte, war es nicht. Das Kind war in der Potsdamer Straße in Solingen mitten in der Nacht gefunden worden. Der Fundort lag in der Nähe zur Abzweigung Cronenberger Straße. Ich griff auf den Rücksitz, holte meine Stadtpläne und den Autoatlas »Bergisches Land und Sauerland« nach vorn und suchte die Stelle. Sie lag mitten in der Stadt. Die Potsdamer Straße war eine Seitenstraße der Konrad-Adenauer-Straße - der B224, die in Nordsüdrichtung mitten durch Solingen führte. Sie ging in östlicher Richtung ab und traf nach wenigen hundert Metern auf die Cronenberger. Ganz in der Nähe lag ein Gebäude, das als »Rathaus« bezeichnet war. Auf der gegenüberliegenden Seite der Konrad-Adenauer-Straße war das »Theater- und
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