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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba
Autoren: Oliver Buslau
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schön. Haben Sie vielleicht eine Telefonnummer?«
    »Aber natürlich.« Er diktierte sie mir, und ich kritzelte sie auf den Rand einer der kopierten Seiten.
    »Noch ein Tipp«, sagte Krüger. »Wenn Sie sich grundlegend informieren wollen, sollten Sie sich mal die Zeitungsmeldungen zusammensuchen, die damals erschienen sind. Ich gehe davon aus, dass da alles drinsteht, was wir herausgefunden haben. Die Polizei hat ja damals sehr auf die Mithilfe der Bürger gesetzt, wenn ich mich recht erinnere -«
    Ich ließ ihn nicht ausreden. »Herr Krüger?«
    »Ja.«
    »Danke für den Hinweis. Da wäre ich selbst nie draufgekommen.«
    Ich wusste nicht, ob Krüger die Ironie bewusst wurde. Ich verabschiedete mich, bekam dabei ein weiteres Mal gesagt, dass ich mich nicht in die Belange der Polizei einzumischen hatte, nahm es tapfer hin, um dann endlich die Leitung für das nächste Telefonat frei zu kriegen. Ich wählte Mölichs Nummer, bekam aber nur einen Kollegen an die Strippe. Der erklärte mir, dass der Hauptkommissar im Moment außer Haus war und frühestens um drei zurückerwartet wurde.     
    Dann versuchte ich es bei Jutta. Dort meldete sich niemand. Auch nicht der Anrufbeantworter.
    Ich sah noch mal auf die Karte. Die Polizeiinspektion lag an derselben Straße wie die Abzweigung der Potsdamer, nur etwa einen knappen Kilometer weiter südlich. Dort hieß die B224 Goerdeler-straße.
    Alles war dicht beieinander. Sehr praktisch, und geradezu einladend.
    Ich startete den Wagen und fuhr los.
    Wo ich schon mal in Barmen war, fuhr ich gleich in Langerfeld auf die Al und nahm dann den Weg über Remscheid. Das hätte ich besser nicht tun sollen. Obwohl ich in den letzten beiden Jahren so oft hier vorbeigekommen war, sorgte der Anblick der Lenneper Straße noch immer für einen kräftigen Stich in meiner Herzgegend. Und das nicht etwa wegen ihrer ausgesuchten Vorstadt-Hässlichkeit, sondern wegen Svetlana. Ich hatte sie bei meinem letzten ganz großen Fall kennen gelernt. Sie war dabei zwischen die Fronten geraten. Jetzt lag sie ganz in der Nähe auf dem Friedhof. Sie war noch nicht mal fünfundzwanzig geworden.
    Mir fiel der Traum von letzter Nacht ein. So absurd der Gedanke war, dass ich ausgerechnet als Verlagslektor Karriere machen würde, so deutlich war doch das Körnchen Wahrheit, das darin steckte. Irgendetwas in mir sehnte sich nach einem Schreibtischjob.
    So eine Sache wie mit Svetlana wollte ich nicht mehr erleben. Ich hatte mich mit ihr angefreundet, hatte mich mit ihr zusammen auf eine nervenaufreibende Suche nach einem verschwundenen Musikmanager begeben, und dabei waren wir zusammen kreuz und quer durch das Bergische Land gefahren. Am Ende lag sie dann mit Versorgungsschläuchen gespickt im Klinikum Barmen, und etwas später war sie tot.
    Ich gab Gas und sah zu, dass ich durch Remscheid kam. Bald hatte ich die Stadt hinter mir gelassen, und es ging hinunter ins Tal, an der Müngstener Brücke vorbei. Schließlich verlief die Straße unter Oberleitungen. Die Stromversorgung der O-Bus-Linie. Ich war in Solingen.
    Obwohl ich von Süden kam, fuhr ich erst mal an der Polizei vorbei und zur Potsdamer Straße durch. Es war genau so, wie in der Zeitung beschrieben: Man konnte in den sehr spitzen Winkel, in dem die Straße von der Konrad-Adenauer-Straße abging, nicht einbiegen. Das runde rote Schild mit dem weißen Querbalken war nicht zu übersehen.
    Ich fuhr ein Stück weiter, umrundete einmal den Block und kam zur Potsdamer zurück. Die eine Seite der ziemlich schmalen Straße bestand aus einer Reihe von Plakatwänden; eine davon zeigte ein gewaltiges Kondom mit der kursiven Unterschrift »Mach's mit«. Daneben führte eine Einfahrt auf einen weitläufigen Parkplatz. Dort stellte ich den Wagen ab.
    Die andere Seite der Straße war eine Häuserzeile; manche der Fassaden besaßen die typisch bergische Ausprägung mit Schieferwand und weißen Fensterrahmen. Es gab mehrere Restaurants und Kneipen. Das »Luzifer« stach deutlich heraus. Es machte nicht nur mit einer ganzen Batterie Bierreklamen von Sion, Schlösser und Brinkhoffs auf sich aufmerksam, sondern verfügte auch noch über ein Arsenal von Kübelpflanzen auf dem Gehweg, der im Sommer wahrscheinlich in einen Biergarten verwandelt wurde. Das Logo über den Fenstern zeigte ein finster dreinblickendes Teufelchen mit verschränkten Armen und flammendem Haar. Ein einstmals weißes, jetzt langsam ergrauendes Transparent schrie Passanten ein deutliches »Herzlich
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