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Danielle Steel

Danielle Steel

Titel: Danielle Steel
Autoren: Traumvogel
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Grun de aber hatte Kate sein Herz während des gesamten letzten Jahres nicht verlassen. Er war außerdem noch imm er mit ihr verheiratet, sie war seine Frau. »Ich … ach … ist das denn eine gute Idee? Wenn wir uns sehen, meine ich …« Eine leise Stimme in seinem Ohr befahl ihm, die Beine in die Hand zu nehm en und zu fliehen. »Warum denn nicht? Ich komm e schon damit zurecht. Was ist mit dir?« Kate hätte ebenso gut sagen können: »Ich bin über alles hinweg.« Joe konnte es nicht genau beurteilen. Natürlich hatte Kate die Trennung nicht wirklich überwunden, und sie würde es wahrscheinlich nie tun. Doch es hatte keinen Sinn, ihm das zu sagen.
    »Ach, ich glaube, es wäre in Ordnung«, entgegnete er. Seine Stimme klang zurückhaltend. Doch Kate störte das nicht weiter. Sie hatte keine Angst mehr. Er hatte sie verlassen, und das war das Schlimmste, was ihr hatte passieren können. Wovor sollte sie sich nun noch fürchten?
    Viel wichtiger war, dass sie Joe aus der Distanz heraus endlich verstanden hatte. Selbs t wenn sie ihn niemals wieder sah, würde sie ihn immer lieben. Kein anderer würde jemals ihre Zuneigung gewinnen. Joe war der Größte für sie und der einzige Mann, den sie jemals wirklich geliebt hatte. Es war eine Iron ie des Schicksals, dass sie ihn nicht haben konnte. Doch das hatte sie längst akzeptiert. Sie hatte gelernt, damit umzugehen, zumal sie
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es sich selbst vorwarf, ihn zu sehr bedrängt zu haben. Diese allmähliche Erkenntnis war ein schwerer Schlag gewesen, doch sie hatte sich nicht dagegen gesträubt. Im Grunde war sie durch diese Erfahrung stärker geworden.
    Selbst am Telefon spürte Joe, dass Kate sich verändert hatte. Sie klang nicht mehr wie die bedauernswerte Frau, die er verlassen hatte. Sie wirkte selbstbewusst. Gleichzeitig war sie ihm so vertraut. Und plötzlich sehn te er sich nach ihr wie seit Monaten nicht mehr.
    »Wann kommst du denn?«, fragte Kate.
    »Wann sind die Kinder denn da?« Joe fühlte sich plötzlich sehr einsam. Dieses Gefühl traf ihn völlig unerwartet, ohne dass er den Grund dafür verstand. Warum ausgerechnet jetzt? Bisher hatte er sich doch erfolgreich gegen diese Regung gewehrt. »Sie sind die ganze Woche über bei Andy«, entgegnete Kate bedauernd. »Wenn wir es schaffen, uns nicht gegenseitig Gegenstände an den Kopf zu werfen, kannst du vielleicht ein andermal vorbeikommen und sie besuchen.«
    Joe genoss es, sie lachen zu hören. »Ja, das wäre schön«, erwiderte er. Plötzlich fühlte er sich wieder wie an jenem Abend, als er Kate zum ersten Mal über den Weg gelaufen war. Damals war er noch jung und unerfahren gewesen. Aber er rief sich schnell ins Gedächtnis, welche Gefahr von Kate ausging. Für einen Augenblick dachte er daran, die Dokumente doch mit einem Boten zu schicken.
    Aber Kates Stimme klang unverändert gelassen. »W ie passt es dir um fünf? «
    »Um fünf?« Joe war alarm iert. Er hatte Angst davor, sie wieder zu sehen. Wenn sie ihm nun für all das, was schief gelaufen war, die Schuld gab? W enn sie ihm vor warf, dass er sie verlassen hatte?
    Kate lachte erneut. »Ja, um fünf Uhr! Du klingst irgendwie zerstreut. Ist alles in Ordnung?«
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»Ja, mir geht’s gut. Und fünf Uhr passt mir gut. Ich werde aber nicht lange bleiben.«
    »Ich lasse die Tür offen stehen«, neckte sie ihn. »Du brauchst dich nicht einmal zu setzen.« Sie spürte seine Vorsicht, wusste aber nicht, was dahinter steck te. Auf den Gedanken, dass er nervös war, weil er sie nun nach einer so langen Zeit wieder sehen würde, kam sie gar nicht. Sie liebte ihn noch so, wie sie ihn die ganzen Jahre über geliebt hatte. Seine Verletz lichkeit und seine Ängste machten ihn umso liebenswerter. Kate hatte inzwischen viel g elernt. Schade nu r, dass sie es nicht m it ihm teilen konnte. Nach dem heutigen Treffen würde sie ihn wohl nicht mehr zu Gesicht bekommen. Wenn sie die Einverständniserklärung unterschrieben hätte, gäbe es für Joe keinen Grund mehr, sie noch einmal zu besuchen.
    »Dann bis fünf«, sagte Joe geschäftsmäßig.
    Kate zog eine Grimasse, während sie den Hörer auflegte. Es war lächerlich, dass sie den Mann, der sich von ihr scheiden lassen wollte, noch immer liebte. Es hatte eigentlich keinen Sinn, darüber nachzudenken. Sie war nun vierunddreißig Jahre alt und fühlte sich zum ersten Mal in ihrem Leben erwachsen. Es stimmte sie traurig, wenn sie sich daran erinnerte, welch ängstliches Kind sie einst gewesen war. Sie hatte von
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