Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dampfnudelblues

Dampfnudelblues

Titel: Dampfnudelblues
Autoren: Rita Falk
Vom Netzwerk:
auf den Weg und stehen kurz drauf mitten im Stau. Völlig unschuldig zwischen all den Hunderten von Exurlaubern. Aber plötzlich entdeckt mich die Oma. Sie schreit zu mir rüber, dass ich was unternehmen soll. Und was macht man dann in so einer Situation? Man fährt natürlich mit dem Streifenwagen hin und geleitet die Herrschaften auf dem Randstreifen entlang, an der Karawane vorbei. So weit logisch, oder? Auf einmal aber hängt sich hinter uns ein Wagen dran. Dann noch einer und noch einer. Also aussteigen und Waffe zücken. Bis alle wieder brav in der Reihe stehen. Ja, wo kämen wir denn da hin, wenn ein jeder grad fährt, wie’s ihm beliebt.
    Beim zweiten Mal war es ganz ähnlich. Dieses Mal war es der Simmerl. Der Simmerl mit Frischfleisch. Ja, soll vielleicht das gute Fleisch auf der Bundesstraße verderben? Bloß weil Heerscharen depperter Preußen und Holländer unsere schöne bayrische Landschaft verstopfen?
     
    Irgendwann aber ist auch dieser Wahnsinn vorbei und es kehren wieder ruhigere Tage ins Land. Ich besuche den Sieglechner noch einmal. Er hat jetzt schon seine ganzen Operationen überstanden und die Beine sind an allenEcken und Enden genagelt, geklammert und fixiert. Ich schieb ihn mit dem Rollstuhl ins Freie und dort kann er wunderbar rauchen. Der Heribert war auch schon da, sagt er. Das ist vielleicht ein Hund. Der hat eine ganz tolle Strategie entwickelt. Er hat nämlich die Lehrer und Schüler von der Realschule befragt, und im Grunde sagt ein jeder das Gleiche: Der Höpfl war ein Arschloch und keiner wird ihn vermissen. Und die hat er jetzt alle in den Zeugenstand geladen, der Heribert. Das ist gut für seine Verteidigung, sagt der Bruno. Also, eigentlich sagt es der Heribert, der Bruno erzählt es mir nur. Und jetzt schaut es wohl so aus, dass eben der Höpfl keinen großen Verlust für die Menschheit darstellt. Eher im Gegenteil. Womöglich kriegt der Bruno sogar noch einen Orden für seine heldenhafte Tat. Wer weiß.
    Jedenfalls wird er in ein paar Tagen ins Gefängnis verlegt und dann haben die Kollegen vor seinem Zimmer auch endlich wieder was Interessanteres zu tun. Einer von ihnen hat sogar mit dem Stricken angefangen. Weil ihm beim Lesen immer die Augen wehtun, sagt er. Ja, da sieht man mal wieder, was unsereins so alles auf sich nimmt.
     
    Wie ich heimkomm, liegt eine Karte auf dem Küchentisch.
    Aus Italien.
    Von der Susi.
    Ich kann sie gleich gar nicht lesen, ich muss mir erst ein Bier aufmachen. Dann nehm ich einen großen Schluck, dann noch einen und noch einen. Dann les ich:
    Mein lieber Franz,
    Mein lieber Franz! Bei den anderen Karten hat sie nur Hallo geschrieben.
    Ich hoffe sehr, du bist mir nicht mehr böse und du verstehst mich ein bisschen.
    Böse? War ich ihr böse? Und was genau soll einer daran verstehen, wenn der andere holterdipolter alles hinwirft und das Land verlässt. Die geliebte Heimat. Freunde und Familie. Um nach Italien zu gehen! Zu einem Typ, der ausschaut wie ein untergehender Fußballstern!
    Ich denke oft an unsere schöne Zeit.
    Ja, die hatten wir. Weiß Gott! Mit der Susi hab ich die beste Zeit meines Lebens gehabt. Oder verplempert. Das kann man jetzt sehen, wie man will.
    Ganz liebe Grüße, Deine Susi
    Ganz liebe Grüße! Ja, gibt’s denn halb liebe Grüße auch? Was soll diese Karte? Warum schreibt sie mir so was? Warum schreibt sie mir überhaupt? Kann sie mich nicht einfach in Ruhe lassen?
     
    »Die Susi hat geschrieben«, schreit mich die Oma an, grad wie sie zur Tür reinkommt. »Sie möchte, dass du sie verstehst.«
    »Und sie denkt oft an eure schöne Zeit«, ruft jetzt der Papa vom Hausgang her.
    Das war ja klar.
    »Wie oft habt ihr die Karte gelesen?«, muss ich jetzt fragen.
    »Ja, so drei-, viermal halt«, sagt der Papa. »Weil, du siehst es ja selber, so wahnsinnig viel steht da ja auch nicht drauf, gell. Das kann man sich schon ziemlich gut merken.«
    Ich dreh mich ab.
    »Beweg endlich deinen Arsch und hol sie zurück«, schreit mir die Oma hinterher.
    Dann schnapp ich mir den Ludwig und wir drehen unsere Runde. Es regnet ein bisschen und die ersten Schwammerl wachsen im Wald.
     
    Dann hab ich endlich Urlaub. Das ist schön. Weniger schön ist, dass gleich am ersten Tag die blöde Hochzeit vom Leopold ansteht. Seine dritte. Es hat irgendwie schon was richtig Traditionelles. Es sind auch immer die gleichen Gäste da. Weil er ja im Grunde auch so gar keine Freunde hat, hält sich die Anzahl eher in Grenzen. Mit dem Standesbeamten ist er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher