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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters
Autoren: Henning Mankell
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die Eternitfabrik geschlossen werden sollte. Beiden, ihr und Erik, war gekündigt worden. Dreihundertfünfzig Angestellte wurden entlassen. Die Unternehmensleitung hatte nur mitgeteilt, dass die Rentabilität wegen der neuen Schutzbestimmungen und Grenzwerte so stark gesunken sei, dass man das Werk schließen müsse. Eivor hatte von der Gefährlichkeit des Asbeststaubs gehört, aber die Grenzwerte, von denen Elna sprach, sagten ihr nichts. Das Einzige, was ihr zu fragen einfiel, war, wann die Fabrik geschlossen würde. Elna sagte, dass sie es nicht wisse, niemand wusste es! Und was sie machen sollten, wenn die Eternitfabrik geschlossen wurde, wusste sie auch nicht. In Lomma gab es keine Arbeit für dreihundertfünfzig Arbeiter. Und was sollte aus dem Haus werden …
    Sie sprachen fast eine Stunde miteinander (was Peo später am Abend mit einer Grimasse kommentierte, hatte er doch fast die ganze Zeit in einer Telefonzelle gestanden und gefroren!), und einmal fing Elna an zu weinen. Ohne dass sie wusste, warum, war Eivor sicher, Elna war allein zu Hause, und sie sah sie vor sich auf dem Hocker vor dem Regal sitzen. Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte, und dachte, dass Zuhören im Augenblick die einzige Hilfe war.
    Elnas einsame Klage schien keinen versöhnlichen Zug zu enthalten. Als Eivor nach Erik fragte und danach, wie er es aufnahm, antwortete Elna etwas Unverständliches, und sie unterließ es, noch einmal zu fragen. Sie raffte sich nur zu der Bemerkung auf – und hörte selbst, wie wenig überzeugend es klang –, dass die Nähe zu Malmö wohl trotz allem gewisse Möglichkeiten barg. Aber sie wusste ja, dass die gesamteschwedische Industrie eine schwere Rezession durchmachte. Nicht einmal die alten Flaggschiffe waren davon ausgenommen, und hinsichtlich irgendeiner Besserung der Lage gaben die Politiker nur pflichtschuldig in gleichmäßigen Abständen Versprechungen ab.
    Als das Gespräch schließlich endete und Eivor den Hörer auflegte, war sie ganz wirr im Kopf. Sie sah nur eine große Leere vor sich, und mittendrin saß Elna auf einem Hocker und starrte in die Luft. Weiter kam sie nicht, denn endlich gelang es Peo durchzukommen, und sie beschlossen, dass er ein paar Stunden später bei ihr auftauchen sollte.
    In der Neujahrsnacht gingen sie zum ersten Mal zusammen ins Bett. Als sie ihm nach einem Fest bei Peos Freunden in seine Wohnung im Amsbergsvägen folgte, war sie beschwipst, aber nicht so schlimm, dass sie nicht wusste, was sie tat. Elin schlief bei Frau Solstad, Linda würde bei einer Freundin übernachten, und Staffan war zusammen mit seinen Freunden in einer Sporthütte auf dem Idrefjäll und würde nicht vor dem 3. Januar nach Hause kommen. Als sie dann neben ihm lag, hatte sie eigentlich nur Lust, seine Körperwärme zu spüren. Mit ihm zu schlafen, nachdem sie so viel getrunken hatte, würde sicher misslingen, und sie hatte Angst, dass es ein schlechtes Vorzeichen für die Zukunft wäre. Aber als er sich ihr näherte, sagte sie nichts, und wenn sie auch keinen großen Gewinn davon hatte, so war es doch alles andere als unangenehm.
    Am nächsten Tag sagte er, verlegen auf den Fußboden starrend, dass er sie liebe und heiraten wolle. Für Eivor kam das so schnell, dass sie ihn auslachte, als hätte er einen Spaß gemacht. Aber als sie seine Reaktion sah, erkannte sie, dass er es ernst meinte, und da begann sie sofort, sich zu wehren. Gewiss mochte sie ihn, das verstand er doch wohl? Hatten sie nicht die Nacht miteinander im selben Bett verbracht? Aberzusammenziehen? Und darüber hinaus, heiraten … Nein, das war … Das war viel zu groß und ging ihr viel zu schnell.
    Sie beeilte sich, nach Hause zu kommen, und holte Elin bei Frau Solstad ab. Diese berichtete, dass die Polizei in der Nacht bei Arvid Andersson aufgeräumt hatte, wo eine Schlägerei ausgebrochen war. Auf der Treppe lagen herausgerissene Holzsplitter von der Nachbartür.
    Heiraten? Zusammenziehen? Herrgott, sie kannten einander doch kaum … Aber er hatte gemeint, was er sagte … Männer waren eben rätselhafte Geschöpfe. Niemals würde sie sie verstehen. Sie hatte ihm doch erzählt, wie gut es ihr im Werk gefiel. Dass die Arbeit das Wichtigste für sie war, jetzt, wo die beiden Großen allmählich allein klarkamen. Da musste er doch verstehen, dass eine neue Ehe … Sie wollte gern mehr Zeit mit ihm verbringen, aber heiraten? Nein, niemals …
    Wäre sie nicht so verkatert gewesen an diesem Neujahrstag, hätte sie sicher
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